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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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sogar eine "polnische Druckerei" eingerichtet worden sei, welche hauptsächlich
die "Gazeta gornoszlaska" an das Tageslicht fördern soll. Der Druck wird
dem Herrn Przyniczynski wohl billig zu stehen kommen, und er wird wegen
Bezahlung desselben künftig nicht in Verlegenheit kommen. Aber er ver¬
dient auch diese kräftige Unterstützung, er dient nicht blos in seinem Blatte
mit großem Eifer, mit allen seinen Kräften der Idee eines neuen jesuitischen
Polenreiches, sondern auch durch seine anderweitige persönliche Thätigkeit.
In Unverfrorenheit der nationalen Agitation that und thut er es Herrn
Miarka zuvor, der seinen "Katolik", den er jetzt in Nikolai, einer kleinen
Stadt im Kreise Pleß, erscheinen läßt, seit seiner Entlassung aus dem Ge¬
fängniß wieder selbst redigirt, wenn auch nicht unter eigner Verantwortlich¬
keit. Letzterem, als gebornen Schlesier, steckt die Loyalität gegen Preußen
und seinen König im Blut, er vermag sie nicht ganz loszuwerden; er ist
vorzugsweise religiöser Fanatiker und hält das Polenthum hauptsächlich als
solcher hoch, also mehr als Mittel zum Zweck. Nie, sagt er, werden die
Polen, so lange sie ihre Nationalität bewahren, ihrem Glauben untreu
werden ! Und er hat insofern Recht, als die Unkenntnis) der deutschen Sprache
ein Hinderniß für die Erwerbung einer größeren Bildung ist. Bei dem an¬
gegebenen Standpunkt leistet der "Katolik" doch ganz Anerkennenswerthes in
den Bemühungen, die polnischen Oberschlesier gegen die Deutschen, gegen den
Staat und seine Regierung aufzuwiegeln und ihnen Nationaldünkel beizu¬
bringen. Wenn er über Liberale, Freimaurer u. s. w. herzieht, wird gern
darauf aufmerksam gemacht, daß es Deutsche sind, die bekämpft werden.
Das Dreikaiserbündniß vergleicht die tiefe politische Weisheit des "Katolik"
in Betreff des Südslawen-Aufstandes mit dem Bündniß des schlauen Fuchses,
des "verschlagenen Affen" und der gutmüthig"" Katze, welche letztere (Oest¬
reich) ihre Pfoten zum Herausholen der Kastanien aus der Glut herzugeben
gezwungen wird, während jene den Vortheil davon haben. Als der impor-
tirte polnische Fanatiker, Dr. Brodziak in Königshütte, eine mehrmonatliche
Gefängnißhaft, zu der er wegen Majestätsbeleidigung verurtheilt war, abge¬
büßt hatte und entlassen war, entblödete sich der "Katolik" nicht, ihn "freudig"
zu begrüßen und "von ganzer Seele herzlich willkommen zu heißen" -- ihn,
den Beleidiger des hochverehrten Monarchen. Was bleibt da von der ab¬
wechselnd versicherten treuen Unterthanschaft noch übrig?

Solche unbedachte Fälle des Verrathes der wahren Gesinnung kommen
beim .Katolik" indeß nur ausnahmsweise vor, bei der "Gazeta gornoszlaska"
bilden sie die Regel oder vielmehr, die Staats- und deutschfeindliche Gesin¬
nung tritt in ihr ganz unverhüllt auf. Nur einige Proben davon: Zunächst
kann das Blatt seinen Lesern nicht oft und eindringlich genug einprägen,
daß ihre "Brüder" allein in den "Polen" in den Provinzen aller drei Theil-


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sogar eine „polnische Druckerei" eingerichtet worden sei, welche hauptsächlich
die „Gazeta gornoszlaska" an das Tageslicht fördern soll. Der Druck wird
dem Herrn Przyniczynski wohl billig zu stehen kommen, und er wird wegen
Bezahlung desselben künftig nicht in Verlegenheit kommen. Aber er ver¬
dient auch diese kräftige Unterstützung, er dient nicht blos in seinem Blatte
mit großem Eifer, mit allen seinen Kräften der Idee eines neuen jesuitischen
Polenreiches, sondern auch durch seine anderweitige persönliche Thätigkeit.
In Unverfrorenheit der nationalen Agitation that und thut er es Herrn
Miarka zuvor, der seinen „Katolik", den er jetzt in Nikolai, einer kleinen
Stadt im Kreise Pleß, erscheinen läßt, seit seiner Entlassung aus dem Ge¬
fängniß wieder selbst redigirt, wenn auch nicht unter eigner Verantwortlich¬
keit. Letzterem, als gebornen Schlesier, steckt die Loyalität gegen Preußen
und seinen König im Blut, er vermag sie nicht ganz loszuwerden; er ist
vorzugsweise religiöser Fanatiker und hält das Polenthum hauptsächlich als
solcher hoch, also mehr als Mittel zum Zweck. Nie, sagt er, werden die
Polen, so lange sie ihre Nationalität bewahren, ihrem Glauben untreu
werden ! Und er hat insofern Recht, als die Unkenntnis) der deutschen Sprache
ein Hinderniß für die Erwerbung einer größeren Bildung ist. Bei dem an¬
gegebenen Standpunkt leistet der „Katolik" doch ganz Anerkennenswerthes in
den Bemühungen, die polnischen Oberschlesier gegen die Deutschen, gegen den
Staat und seine Regierung aufzuwiegeln und ihnen Nationaldünkel beizu¬
bringen. Wenn er über Liberale, Freimaurer u. s. w. herzieht, wird gern
darauf aufmerksam gemacht, daß es Deutsche sind, die bekämpft werden.
Das Dreikaiserbündniß vergleicht die tiefe politische Weisheit des „Katolik"
in Betreff des Südslawen-Aufstandes mit dem Bündniß des schlauen Fuchses,
des „verschlagenen Affen" und der gutmüthig»« Katze, welche letztere (Oest¬
reich) ihre Pfoten zum Herausholen der Kastanien aus der Glut herzugeben
gezwungen wird, während jene den Vortheil davon haben. Als der impor-
tirte polnische Fanatiker, Dr. Brodziak in Königshütte, eine mehrmonatliche
Gefängnißhaft, zu der er wegen Majestätsbeleidigung verurtheilt war, abge¬
büßt hatte und entlassen war, entblödete sich der „Katolik" nicht, ihn „freudig"
zu begrüßen und „von ganzer Seele herzlich willkommen zu heißen" — ihn,
den Beleidiger des hochverehrten Monarchen. Was bleibt da von der ab¬
wechselnd versicherten treuen Unterthanschaft noch übrig?

Solche unbedachte Fälle des Verrathes der wahren Gesinnung kommen
beim .Katolik" indeß nur ausnahmsweise vor, bei der „Gazeta gornoszlaska"
bilden sie die Regel oder vielmehr, die Staats- und deutschfeindliche Gesin¬
nung tritt in ihr ganz unverhüllt auf. Nur einige Proben davon: Zunächst
kann das Blatt seinen Lesern nicht oft und eindringlich genug einprägen,
daß ihre „Brüder" allein in den „Polen" in den Provinzen aller drei Theil-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/344>, abgerufen am 29.04.2024.