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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Mitwirkung englischer Truppen bet dem bevorstehenden Kampfe rechnen
konnten.


Christoph Martin Wielands Leben und Wirken in Schwaben und
in der Schweiz. Von Prof. L. F. Oster ding er. Heilbronn, Verlag
von Gebr. Henninger. 1877.

Die von 1733 bis 1769 gehende Periode im Leben Wielands ist in der
Biographie, die Gruber von ihm geliefert hat, vielfach ungenügend und hin
und wieder unrichtig dargestellt und durch spätere Schriften kaum viel besser
behandelt worden; ein Autor aber, der, wie wir jetzt über ihn auch urtheilen
mögen, auf die damalige deutsche Literatur sehr bedeutenden Einfluß übte,
für dessen Leistungen die Großväter der heutigen Generation im hohen Grade
schwärmten, und der deshalb eine hervorragende Stelle in der Geschichte des
geistigen Lebens der Nation einnimmt, verdient, daß wir ihn und die Ent¬
stehung seiner Werke gründlich kennen. Hierzu aber liefert der Verfasser
einen werthvollen Beitrag. Er hat mit gutem Material gearbeitet, und
namentlich seine Mittheilungen über das Leben Wielands in der kleinen
schwäbischen Reichsstadt Biberach stellen Vieles in ein ganz neues Lichte
Seine Eltern, die sich stark für den beliebten Dichter interessieren, sammelten,
als sie nach Biberach kamen, wo sie noch viele Bekannte und Verwandt,
desselben vorfanden, alles was über ihn zu erhalten war, und der Verfasser
setzte diese Sammlungen fleißig fort und studtrte u. A. auch die von Wieland
als Stadtschreiber von Biberach verfaßten Rathsprotokolle, wobei ihm
Manches Neue zu entdecken und manches Irrige zu berichtigen gelang. Neu
ist in dem vorliegenden Buche ein Gedicht Wielands aus seiner Knabenzeit.
Ferner ist die Entstehung verschiedner seiner Werke z. B. die der Abenteuer
des Don Silvio und die des Amadis hier zum ersten Male festgestellt wor-
den. Ebenso hat der Versasser den bisher unbekannten Ursprung einiger
Geschichten in den Abderiten nachgewiesen. Vollständiger endlich als bisher
sind mehrere Liebesverhältnisse des Dichters, u. A. das zu Sophie de
Laroche, die Stellung Wielands zu seinen Mitbürgern in Biberach, zu seinen
Verwandten und zu einer Anzahl andrer Persönlichkeiten, z. B. zu dem damals
berühmten Schauspieler Abt, zu Pfarrer Brechter und zu dem Grafen Stadion
erzählt. Nicht ohne Werth und Interesse sind die artistischen Beigaben des
Buches, die zunächst in einem Wieland in noch ziemlich jungen Jahren dar¬
stellenden Titelbilde, welches nach einer in Weimar befindlichen Büste ange.
fertigt ist, und in Portraits der Frau La Roche und des Grafen Friedrich
v. Stadion, dann in einer Ansicht des Schlosses Warthausen, wo der Dichter
einige Zeit wohnte, einem Bildchen von Biberach und verschiedenen dortigen
Gebäuden, die in dem Leben des Dichters eine Rolle gespielt haben, sowie
aus einer Abbildung des Pfarrhauses in Oberholzheim bestehen, wo derselbe


Mitwirkung englischer Truppen bet dem bevorstehenden Kampfe rechnen
konnten.


Christoph Martin Wielands Leben und Wirken in Schwaben und
in der Schweiz. Von Prof. L. F. Oster ding er. Heilbronn, Verlag
von Gebr. Henninger. 1877.

Die von 1733 bis 1769 gehende Periode im Leben Wielands ist in der
Biographie, die Gruber von ihm geliefert hat, vielfach ungenügend und hin
und wieder unrichtig dargestellt und durch spätere Schriften kaum viel besser
behandelt worden; ein Autor aber, der, wie wir jetzt über ihn auch urtheilen
mögen, auf die damalige deutsche Literatur sehr bedeutenden Einfluß übte,
für dessen Leistungen die Großväter der heutigen Generation im hohen Grade
schwärmten, und der deshalb eine hervorragende Stelle in der Geschichte des
geistigen Lebens der Nation einnimmt, verdient, daß wir ihn und die Ent¬
stehung seiner Werke gründlich kennen. Hierzu aber liefert der Verfasser
einen werthvollen Beitrag. Er hat mit gutem Material gearbeitet, und
namentlich seine Mittheilungen über das Leben Wielands in der kleinen
schwäbischen Reichsstadt Biberach stellen Vieles in ein ganz neues Lichte
Seine Eltern, die sich stark für den beliebten Dichter interessieren, sammelten,
als sie nach Biberach kamen, wo sie noch viele Bekannte und Verwandt,
desselben vorfanden, alles was über ihn zu erhalten war, und der Verfasser
setzte diese Sammlungen fleißig fort und studtrte u. A. auch die von Wieland
als Stadtschreiber von Biberach verfaßten Rathsprotokolle, wobei ihm
Manches Neue zu entdecken und manches Irrige zu berichtigen gelang. Neu
ist in dem vorliegenden Buche ein Gedicht Wielands aus seiner Knabenzeit.
Ferner ist die Entstehung verschiedner seiner Werke z. B. die der Abenteuer
des Don Silvio und die des Amadis hier zum ersten Male festgestellt wor-
den. Ebenso hat der Versasser den bisher unbekannten Ursprung einiger
Geschichten in den Abderiten nachgewiesen. Vollständiger endlich als bisher
sind mehrere Liebesverhältnisse des Dichters, u. A. das zu Sophie de
Laroche, die Stellung Wielands zu seinen Mitbürgern in Biberach, zu seinen
Verwandten und zu einer Anzahl andrer Persönlichkeiten, z. B. zu dem damals
berühmten Schauspieler Abt, zu Pfarrer Brechter und zu dem Grafen Stadion
erzählt. Nicht ohne Werth und Interesse sind die artistischen Beigaben des
Buches, die zunächst in einem Wieland in noch ziemlich jungen Jahren dar¬
stellenden Titelbilde, welches nach einer in Weimar befindlichen Büste ange.
fertigt ist, und in Portraits der Frau La Roche und des Grafen Friedrich
v. Stadion, dann in einer Ansicht des Schlosses Warthausen, wo der Dichter
einige Zeit wohnte, einem Bildchen von Biberach und verschiedenen dortigen
Gebäuden, die in dem Leben des Dichters eine Rolle gespielt haben, sowie
aus einer Abbildung des Pfarrhauses in Oberholzheim bestehen, wo derselbe


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[0363] Mitwirkung englischer Truppen bet dem bevorstehenden Kampfe rechnen konnten. Christoph Martin Wielands Leben und Wirken in Schwaben und in der Schweiz. Von Prof. L. F. Oster ding er. Heilbronn, Verlag von Gebr. Henninger. 1877. Die von 1733 bis 1769 gehende Periode im Leben Wielands ist in der Biographie, die Gruber von ihm geliefert hat, vielfach ungenügend und hin und wieder unrichtig dargestellt und durch spätere Schriften kaum viel besser behandelt worden; ein Autor aber, der, wie wir jetzt über ihn auch urtheilen mögen, auf die damalige deutsche Literatur sehr bedeutenden Einfluß übte, für dessen Leistungen die Großväter der heutigen Generation im hohen Grade schwärmten, und der deshalb eine hervorragende Stelle in der Geschichte des geistigen Lebens der Nation einnimmt, verdient, daß wir ihn und die Ent¬ stehung seiner Werke gründlich kennen. Hierzu aber liefert der Verfasser einen werthvollen Beitrag. Er hat mit gutem Material gearbeitet, und namentlich seine Mittheilungen über das Leben Wielands in der kleinen schwäbischen Reichsstadt Biberach stellen Vieles in ein ganz neues Lichte Seine Eltern, die sich stark für den beliebten Dichter interessieren, sammelten, als sie nach Biberach kamen, wo sie noch viele Bekannte und Verwandt, desselben vorfanden, alles was über ihn zu erhalten war, und der Verfasser setzte diese Sammlungen fleißig fort und studtrte u. A. auch die von Wieland als Stadtschreiber von Biberach verfaßten Rathsprotokolle, wobei ihm Manches Neue zu entdecken und manches Irrige zu berichtigen gelang. Neu ist in dem vorliegenden Buche ein Gedicht Wielands aus seiner Knabenzeit. Ferner ist die Entstehung verschiedner seiner Werke z. B. die der Abenteuer des Don Silvio und die des Amadis hier zum ersten Male festgestellt wor- den. Ebenso hat der Versasser den bisher unbekannten Ursprung einiger Geschichten in den Abderiten nachgewiesen. Vollständiger endlich als bisher sind mehrere Liebesverhältnisse des Dichters, u. A. das zu Sophie de Laroche, die Stellung Wielands zu seinen Mitbürgern in Biberach, zu seinen Verwandten und zu einer Anzahl andrer Persönlichkeiten, z. B. zu dem damals berühmten Schauspieler Abt, zu Pfarrer Brechter und zu dem Grafen Stadion erzählt. Nicht ohne Werth und Interesse sind die artistischen Beigaben des Buches, die zunächst in einem Wieland in noch ziemlich jungen Jahren dar¬ stellenden Titelbilde, welches nach einer in Weimar befindlichen Büste ange. fertigt ist, und in Portraits der Frau La Roche und des Grafen Friedrich v. Stadion, dann in einer Ansicht des Schlosses Warthausen, wo der Dichter einige Zeit wohnte, einem Bildchen von Biberach und verschiedenen dortigen Gebäuden, die in dem Leben des Dichters eine Rolle gespielt haben, sowie aus einer Abbildung des Pfarrhauses in Oberholzheim bestehen, wo derselbe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/363>, abgerufen am 29.04.2024.