Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

immer zuzutrauenden Regung des Lsprit ä'Iionneur herbeilassen und also
reden können: "Hunusque ta,näemSie schämen sich nicht, Herr Oesterreicher,
in Deutschland die Lorbeer" als deutscher Gelehrter für sich bei der Presse
collectiven zu lassen, und hier bei uns spielen Sie den k. k. Cavalerieoffizier,
damit wir nicht merken sollen, daß Sie deutscher Redacteur und Schriftsteller
sind? -- Für solche Leute ist kein Raum in unserm Congreß. Ich ver¬
lange die Dringlichkeit für den Antrag, Herrn von Hellwald zu
eliminiren."

Das wäre freilich noch böser gewesen.




?om deutschen Aeichstag.

Die Sitzung vom 25. November kann leicht dem Zustandekommen der
Justizgesetze verhängnißvoll geworden sein. Es handelte sich an diesem Tage
um das Einführungsgesetz zur Gerichtsverfassung. Dem unglücklichen Grund¬
satz getreu: alles was an den bisherigen Rechtszuständen Deutschlands
fehlerhaft sein mag, bei den jetzigen Gesetzen, welche doch nur zur Reform
des Gerichtsverfahrens dienen sollen, durch hineingeraffte Bestimmungen zu
verbessern, hatte die Commission auch das Schiff des Einführungsgesetzes mit
schwerem Ballast beladen. Sogleich im § 1 hatte man abweichend von der
Regierungsvorlage und abweichend von den durch die Commission bis zum
Beginn der Reichstagsession gefaßten Beschlüssen die Bestimmung hineinge¬
tragen, das Gerichtsverfassungsgesetz solle spätestens am 1. October 1879 in
Kraft treten. Nun erinnere man sich, daß in das Gerichtsverfassungsgesetz
die Commission bereits Bestimmungen hineingetragen, welche wie die Bruch¬
stücke einer Anwaltsordnung, wie die Zusammensetzung der Competenzhöfe,
nicht in Kraft treten können ohne die Mitwirkung der Gesetzgebung in den
Einzelstaaten. Diesen von der Commission und vom Reichstag gänzlich über-
sehenen Punkt führte der Bundesbevollmächtigte Justtzminister Leonhardt in
schlagender Weise aus. Er erzählte, wie er am Ende des Jahres 1869 durch
den damaligen Kanzler des Norddeutschen Bundes ersucht worden sei, die¬
jenigen Normen einer Gerichtsverfassung für den damaligen Bund auszu¬
arbeiten. welche zur Einführung einer einheitlichen Civilproeeßordnung er¬
forderlich sein würden. Der Justizminister theilte weiter mit, wie er sich als¬
bald überzeugt habe, daß diese Normen auch die Voraussetzungen der Straf-


immer zuzutrauenden Regung des Lsprit ä'Iionneur herbeilassen und also
reden können: „Hunusque ta,näemSie schämen sich nicht, Herr Oesterreicher,
in Deutschland die Lorbeer» als deutscher Gelehrter für sich bei der Presse
collectiven zu lassen, und hier bei uns spielen Sie den k. k. Cavalerieoffizier,
damit wir nicht merken sollen, daß Sie deutscher Redacteur und Schriftsteller
sind? — Für solche Leute ist kein Raum in unserm Congreß. Ich ver¬
lange die Dringlichkeit für den Antrag, Herrn von Hellwald zu
eliminiren."

Das wäre freilich noch böser gewesen.




?om deutschen Aeichstag.

Die Sitzung vom 25. November kann leicht dem Zustandekommen der
Justizgesetze verhängnißvoll geworden sein. Es handelte sich an diesem Tage
um das Einführungsgesetz zur Gerichtsverfassung. Dem unglücklichen Grund¬
satz getreu: alles was an den bisherigen Rechtszuständen Deutschlands
fehlerhaft sein mag, bei den jetzigen Gesetzen, welche doch nur zur Reform
des Gerichtsverfahrens dienen sollen, durch hineingeraffte Bestimmungen zu
verbessern, hatte die Commission auch das Schiff des Einführungsgesetzes mit
schwerem Ballast beladen. Sogleich im § 1 hatte man abweichend von der
Regierungsvorlage und abweichend von den durch die Commission bis zum
Beginn der Reichstagsession gefaßten Beschlüssen die Bestimmung hineinge¬
tragen, das Gerichtsverfassungsgesetz solle spätestens am 1. October 1879 in
Kraft treten. Nun erinnere man sich, daß in das Gerichtsverfassungsgesetz
die Commission bereits Bestimmungen hineingetragen, welche wie die Bruch¬
stücke einer Anwaltsordnung, wie die Zusammensetzung der Competenzhöfe,
nicht in Kraft treten können ohne die Mitwirkung der Gesetzgebung in den
Einzelstaaten. Diesen von der Commission und vom Reichstag gänzlich über-
sehenen Punkt führte der Bundesbevollmächtigte Justtzminister Leonhardt in
schlagender Weise aus. Er erzählte, wie er am Ende des Jahres 1869 durch
den damaligen Kanzler des Norddeutschen Bundes ersucht worden sei, die¬
jenigen Normen einer Gerichtsverfassung für den damaligen Bund auszu¬
arbeiten. welche zur Einführung einer einheitlichen Civilproeeßordnung er¬
forderlich sein würden. Der Justizminister theilte weiter mit, wie er sich als¬
bald überzeugt habe, daß diese Normen auch die Voraussetzungen der Straf-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0430" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137069"/>
          <p xml:id="ID_1367" prev="#ID_1366"> immer zuzutrauenden Regung des Lsprit ä'Iionneur herbeilassen und also<lb/>
reden können: &#x201E;Hunusque ta,näemSie schämen sich nicht, Herr Oesterreicher,<lb/>
in Deutschland die Lorbeer» als deutscher Gelehrter für sich bei der Presse<lb/>
collectiven zu lassen, und hier bei uns spielen Sie den k. k. Cavalerieoffizier,<lb/>
damit wir nicht merken sollen, daß Sie deutscher Redacteur und Schriftsteller<lb/>
sind? &#x2014; Für solche Leute ist kein Raum in unserm Congreß. Ich ver¬<lb/>
lange die Dringlichkeit für den Antrag, Herrn von Hellwald zu<lb/>
eliminiren."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1368"> Das wäre freilich noch böser gewesen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> ?om deutschen Aeichstag.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1369" next="#ID_1370"> Die Sitzung vom 25. November kann leicht dem Zustandekommen der<lb/>
Justizgesetze verhängnißvoll geworden sein. Es handelte sich an diesem Tage<lb/>
um das Einführungsgesetz zur Gerichtsverfassung. Dem unglücklichen Grund¬<lb/>
satz getreu: alles was an den bisherigen Rechtszuständen Deutschlands<lb/>
fehlerhaft sein mag, bei den jetzigen Gesetzen, welche doch nur zur Reform<lb/>
des Gerichtsverfahrens dienen sollen, durch hineingeraffte Bestimmungen zu<lb/>
verbessern, hatte die Commission auch das Schiff des Einführungsgesetzes mit<lb/>
schwerem Ballast beladen. Sogleich im § 1 hatte man abweichend von der<lb/>
Regierungsvorlage und abweichend von den durch die Commission bis zum<lb/>
Beginn der Reichstagsession gefaßten Beschlüssen die Bestimmung hineinge¬<lb/>
tragen, das Gerichtsverfassungsgesetz solle spätestens am 1. October 1879 in<lb/>
Kraft treten. Nun erinnere man sich, daß in das Gerichtsverfassungsgesetz<lb/>
die Commission bereits Bestimmungen hineingetragen, welche wie die Bruch¬<lb/>
stücke einer Anwaltsordnung, wie die Zusammensetzung der Competenzhöfe,<lb/>
nicht in Kraft treten können ohne die Mitwirkung der Gesetzgebung in den<lb/>
Einzelstaaten. Diesen von der Commission und vom Reichstag gänzlich über-<lb/>
sehenen Punkt führte der Bundesbevollmächtigte Justtzminister Leonhardt in<lb/>
schlagender Weise aus. Er erzählte, wie er am Ende des Jahres 1869 durch<lb/>
den damaligen Kanzler des Norddeutschen Bundes ersucht worden sei, die¬<lb/>
jenigen Normen einer Gerichtsverfassung für den damaligen Bund auszu¬<lb/>
arbeiten. welche zur Einführung einer einheitlichen Civilproeeßordnung er¬<lb/>
forderlich sein würden. Der Justizminister theilte weiter mit, wie er sich als¬<lb/>
bald überzeugt habe, daß diese Normen auch die Voraussetzungen der Straf-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0430] immer zuzutrauenden Regung des Lsprit ä'Iionneur herbeilassen und also reden können: „Hunusque ta,näemSie schämen sich nicht, Herr Oesterreicher, in Deutschland die Lorbeer» als deutscher Gelehrter für sich bei der Presse collectiven zu lassen, und hier bei uns spielen Sie den k. k. Cavalerieoffizier, damit wir nicht merken sollen, daß Sie deutscher Redacteur und Schriftsteller sind? — Für solche Leute ist kein Raum in unserm Congreß. Ich ver¬ lange die Dringlichkeit für den Antrag, Herrn von Hellwald zu eliminiren." Das wäre freilich noch böser gewesen. ?om deutschen Aeichstag. Die Sitzung vom 25. November kann leicht dem Zustandekommen der Justizgesetze verhängnißvoll geworden sein. Es handelte sich an diesem Tage um das Einführungsgesetz zur Gerichtsverfassung. Dem unglücklichen Grund¬ satz getreu: alles was an den bisherigen Rechtszuständen Deutschlands fehlerhaft sein mag, bei den jetzigen Gesetzen, welche doch nur zur Reform des Gerichtsverfahrens dienen sollen, durch hineingeraffte Bestimmungen zu verbessern, hatte die Commission auch das Schiff des Einführungsgesetzes mit schwerem Ballast beladen. Sogleich im § 1 hatte man abweichend von der Regierungsvorlage und abweichend von den durch die Commission bis zum Beginn der Reichstagsession gefaßten Beschlüssen die Bestimmung hineinge¬ tragen, das Gerichtsverfassungsgesetz solle spätestens am 1. October 1879 in Kraft treten. Nun erinnere man sich, daß in das Gerichtsverfassungsgesetz die Commission bereits Bestimmungen hineingetragen, welche wie die Bruch¬ stücke einer Anwaltsordnung, wie die Zusammensetzung der Competenzhöfe, nicht in Kraft treten können ohne die Mitwirkung der Gesetzgebung in den Einzelstaaten. Diesen von der Commission und vom Reichstag gänzlich über- sehenen Punkt führte der Bundesbevollmächtigte Justtzminister Leonhardt in schlagender Weise aus. Er erzählte, wie er am Ende des Jahres 1869 durch den damaligen Kanzler des Norddeutschen Bundes ersucht worden sei, die¬ jenigen Normen einer Gerichtsverfassung für den damaligen Bund auszu¬ arbeiten. welche zur Einführung einer einheitlichen Civilproeeßordnung er¬ forderlich sein würden. Der Justizminister theilte weiter mit, wie er sich als¬ bald überzeugt habe, daß diese Normen auch die Voraussetzungen der Straf-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/430
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/430>, abgerufen am 29.04.2024.