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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Dann entwirft er ein Bild von dem Wesen des höchsten Gottes im hellenischen
Volksglauben und verfolgt von den ältesten Zeiten an die bildliche Dar.
Stellung desselben. Bei dem berühmtesten Zeusbilde des Altherthums, dem
Goldelfenbeincoloß des Phidias in Olympia, angelangt, erörtert er die ver¬
schiedenen Zweige der Technik innerhalb der griechischen Plastik, wendet sich
dann zu der Person des Künstlers und führt die sämmtlichen übrigen Zeus¬
darstellungen desselben vor, die dem olympischen Zeus vorausgingen, beschreibt
den letztern aufs anschaulichste an der Hand der alten Schriftquellen und der
in neuerer Zeit zur Reconstruction herangezogenen elischen Münzen und ver¬
folgt endlich von diesem Höhepunkte aus die Wandlungen des Zeusideals
bis zur alexandrinischen Zeit -- und da stehen wir vor dem zweiten der
aufgestellten Köpfe, dem Zeus von Otricoli. Also Denkmälerbeschreibung,
Kunstgeschichte, Mythologie, Kunstmythologie, Kunstlehre. Künstlergeschichte,
und abermals Kunstmythologie und Denkmälerbeschreibung im Rahmen eines
einzigen Vortrags, alles in meisterhafter Weise mit einander verflochten, so
daß eins völlig natürlich und ungesucht das andere aufnimmt und von ihm
abgelöst wird, und alles straff auf einen Mittelpunkt bezogen -- es ist in der
That ein kleines Cabinetstück, das nicht so leicht jemand nachmachen wird.
Mit so viel Geist hat uns lange Niemand Kunstwerke des Alterthums vor¬
betrachtet, daß wir sie ihm mit so viel Lust nachbetrachten könnten, wie der
Verfasser dieses Schriftchens. Der junge Nachwuchs unserer heutigen Archä¬
ologen glaubt jetzt wunder was zu thun, wenn er mit dem Centimeter-
maße ausmißt, wie viel an einer Statue der Abstand vom linken Ohr¬
läppchen bis zum linken Nasenflügel oder von der rechten Brustwarze bis
zur rechten Achselhöhle beträgt. Hier tritt uns doch wieder einmal Jemand
entgegen, der ein paar gesunde, helle, geistvolle Augen im Kopfe hat. Und
geistvoll wie die ganze Behandlung des Stoffes ist auch die sprachliche Dar¬
stellung. Das Schriftchen trägt vom ersten bis zum letzten Worte das Ge¬
präge eines durchaus eigenartigen Stiles von hoher, mannhafter Schönheit.
Lese jeder dies Heft, der sich einen aparten Genuß bereiten will. G. W.




Mit diesem Hefte beginnt diese Zeitschrift das IV. Quartal ihres
35. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen und Pofi-
anftaltcn des In- und Auslandes zu beziehen ist. Preis pro
Quartal 9 Mark.
Privatpersonen, gesellige Vereine, Lesegesellschaften,
Kaffeehäuser und Conditoreien werden um gefällige Berücksichtigung
derselben freundlichst gebeten.
Leipzig, im September 1876. Die Werlagshandlnng.




Verantwortlicher Redakteur: I>r. Haus Blum in Leipzig.
Vertan von K. L. Herbist in Leipzig. -- Druck von Hüthrl Hamilkar in Leipzig.

Dann entwirft er ein Bild von dem Wesen des höchsten Gottes im hellenischen
Volksglauben und verfolgt von den ältesten Zeiten an die bildliche Dar.
Stellung desselben. Bei dem berühmtesten Zeusbilde des Altherthums, dem
Goldelfenbeincoloß des Phidias in Olympia, angelangt, erörtert er die ver¬
schiedenen Zweige der Technik innerhalb der griechischen Plastik, wendet sich
dann zu der Person des Künstlers und führt die sämmtlichen übrigen Zeus¬
darstellungen desselben vor, die dem olympischen Zeus vorausgingen, beschreibt
den letztern aufs anschaulichste an der Hand der alten Schriftquellen und der
in neuerer Zeit zur Reconstruction herangezogenen elischen Münzen und ver¬
folgt endlich von diesem Höhepunkte aus die Wandlungen des Zeusideals
bis zur alexandrinischen Zeit — und da stehen wir vor dem zweiten der
aufgestellten Köpfe, dem Zeus von Otricoli. Also Denkmälerbeschreibung,
Kunstgeschichte, Mythologie, Kunstmythologie, Kunstlehre. Künstlergeschichte,
und abermals Kunstmythologie und Denkmälerbeschreibung im Rahmen eines
einzigen Vortrags, alles in meisterhafter Weise mit einander verflochten, so
daß eins völlig natürlich und ungesucht das andere aufnimmt und von ihm
abgelöst wird, und alles straff auf einen Mittelpunkt bezogen — es ist in der
That ein kleines Cabinetstück, das nicht so leicht jemand nachmachen wird.
Mit so viel Geist hat uns lange Niemand Kunstwerke des Alterthums vor¬
betrachtet, daß wir sie ihm mit so viel Lust nachbetrachten könnten, wie der
Verfasser dieses Schriftchens. Der junge Nachwuchs unserer heutigen Archä¬
ologen glaubt jetzt wunder was zu thun, wenn er mit dem Centimeter-
maße ausmißt, wie viel an einer Statue der Abstand vom linken Ohr¬
läppchen bis zum linken Nasenflügel oder von der rechten Brustwarze bis
zur rechten Achselhöhle beträgt. Hier tritt uns doch wieder einmal Jemand
entgegen, der ein paar gesunde, helle, geistvolle Augen im Kopfe hat. Und
geistvoll wie die ganze Behandlung des Stoffes ist auch die sprachliche Dar¬
stellung. Das Schriftchen trägt vom ersten bis zum letzten Worte das Ge¬
präge eines durchaus eigenartigen Stiles von hoher, mannhafter Schönheit.
Lese jeder dies Heft, der sich einen aparten Genuß bereiten will. G. W.




Mit diesem Hefte beginnt diese Zeitschrift das IV. Quartal ihres
35. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen und Pofi-
anftaltcn des In- und Auslandes zu beziehen ist. Preis pro
Quartal 9 Mark.
Privatpersonen, gesellige Vereine, Lesegesellschaften,
Kaffeehäuser und Conditoreien werden um gefällige Berücksichtigung
derselben freundlichst gebeten.
Leipzig, im September 1876. Die Werlagshandlnng.




Verantwortlicher Redakteur: I>r. Haus Blum in Leipzig.
Vertan von K. L. Herbist in Leipzig. — Druck von Hüthrl Hamilkar in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/44>, abgerufen am 29.04.2024.