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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Englands Machtstellung in Indien.^)
i.

Im Anfang des verflossenen Jahres kehrte der Prinz von Wales von
einer Reise durch das britisch-indische Reich zurück. Wenn seine Reise selbst
einem mit orientalischer Pracht ausgestatteten Triumphzuge glich, so konnte
man zweifelhaft sein, in wieweit die Thätigkeit der Behörden dazu beigetragen
hatte, den Gefühlen der eingebornen Bevölkerung und der indischem Fürsten für
den Erben des britischen Thrones einen so glänzenden Ausdruck zu verleihen.
Wenn aber die Rückkehr des Prinzen in die Heimath in demselben Maße
und unzweifelhaft aus der Initiative des Volks heraus sich zu einem Triumph
gestaltete, so ist daraus die hohe politische Bedeutung erkennbar, welche
dieser Reise beigemessen wurde. Gleichzeitig fast wurde im Parlament die so¬
genannte Eitles Lili" eingebracht und unter harten Kämpfen
durchgesetzt. Die Königin von England nahm dadurch den Titel einer
Kaiserin vou Indien an, einen Titel, der jedoch in Ackerstücken, welche
lediglich auf europäische Verhältnisse Bezug haben, nicht gebraucht werden soll.
Der Besuch des Prinzen, der neue Titel und dessen zur Zeit im Lager von
Delhi mit dem größten Pomp erfolgte Proclamation sollte den Jndiern und
namentlich den halbsonveräuen indischen Fürsten gegenüber das Ansehen der
britischen Oberherrschaft erhöhen. Das große Gewicht, das hierauf gelegt
wurde, und der Zusammenhang, in dem man diese Maßnahmen mit dem
drohenden Fortschreiten Rußlands in Asien brachte, legen es nahe, die bri¬
tische Machtstellung in Indien einer näheren Untersuchung zu unter¬
ziehen. Ich bemerke vorweg, daß hier lediglich das vom indischen Amt und
dem Vice-König ressortirende Indien in Betracht gezogen werden soll, nicht



In der Rechtschreibung deo Namen ist der Verfasser derjenigen der Karten Petermann's
in "Stieler's Hand-Atlas" gefolgt. Dergl. S. 7 des Vorberichts.
Grenzboten i- 1877. 26
Englands Machtstellung in Indien.^)
i.

Im Anfang des verflossenen Jahres kehrte der Prinz von Wales von
einer Reise durch das britisch-indische Reich zurück. Wenn seine Reise selbst
einem mit orientalischer Pracht ausgestatteten Triumphzuge glich, so konnte
man zweifelhaft sein, in wieweit die Thätigkeit der Behörden dazu beigetragen
hatte, den Gefühlen der eingebornen Bevölkerung und der indischem Fürsten für
den Erben des britischen Thrones einen so glänzenden Ausdruck zu verleihen.
Wenn aber die Rückkehr des Prinzen in die Heimath in demselben Maße
und unzweifelhaft aus der Initiative des Volks heraus sich zu einem Triumph
gestaltete, so ist daraus die hohe politische Bedeutung erkennbar, welche
dieser Reise beigemessen wurde. Gleichzeitig fast wurde im Parlament die so¬
genannte Eitles Lili" eingebracht und unter harten Kämpfen
durchgesetzt. Die Königin von England nahm dadurch den Titel einer
Kaiserin vou Indien an, einen Titel, der jedoch in Ackerstücken, welche
lediglich auf europäische Verhältnisse Bezug haben, nicht gebraucht werden soll.
Der Besuch des Prinzen, der neue Titel und dessen zur Zeit im Lager von
Delhi mit dem größten Pomp erfolgte Proclamation sollte den Jndiern und
namentlich den halbsonveräuen indischen Fürsten gegenüber das Ansehen der
britischen Oberherrschaft erhöhen. Das große Gewicht, das hierauf gelegt
wurde, und der Zusammenhang, in dem man diese Maßnahmen mit dem
drohenden Fortschreiten Rußlands in Asien brachte, legen es nahe, die bri¬
tische Machtstellung in Indien einer näheren Untersuchung zu unter¬
ziehen. Ich bemerke vorweg, daß hier lediglich das vom indischen Amt und
dem Vice-König ressortirende Indien in Betracht gezogen werden soll, nicht



In der Rechtschreibung deo Namen ist der Verfasser derjenigen der Karten Petermann's
in „Stieler's Hand-Atlas" gefolgt. Dergl. S. 7 des Vorberichts.
Grenzboten i- 1877. 26
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[0209] Englands Machtstellung in Indien.^) i. Im Anfang des verflossenen Jahres kehrte der Prinz von Wales von einer Reise durch das britisch-indische Reich zurück. Wenn seine Reise selbst einem mit orientalischer Pracht ausgestatteten Triumphzuge glich, so konnte man zweifelhaft sein, in wieweit die Thätigkeit der Behörden dazu beigetragen hatte, den Gefühlen der eingebornen Bevölkerung und der indischem Fürsten für den Erben des britischen Thrones einen so glänzenden Ausdruck zu verleihen. Wenn aber die Rückkehr des Prinzen in die Heimath in demselben Maße und unzweifelhaft aus der Initiative des Volks heraus sich zu einem Triumph gestaltete, so ist daraus die hohe politische Bedeutung erkennbar, welche dieser Reise beigemessen wurde. Gleichzeitig fast wurde im Parlament die so¬ genannte Eitles Lili" eingebracht und unter harten Kämpfen durchgesetzt. Die Königin von England nahm dadurch den Titel einer Kaiserin vou Indien an, einen Titel, der jedoch in Ackerstücken, welche lediglich auf europäische Verhältnisse Bezug haben, nicht gebraucht werden soll. Der Besuch des Prinzen, der neue Titel und dessen zur Zeit im Lager von Delhi mit dem größten Pomp erfolgte Proclamation sollte den Jndiern und namentlich den halbsonveräuen indischen Fürsten gegenüber das Ansehen der britischen Oberherrschaft erhöhen. Das große Gewicht, das hierauf gelegt wurde, und der Zusammenhang, in dem man diese Maßnahmen mit dem drohenden Fortschreiten Rußlands in Asien brachte, legen es nahe, die bri¬ tische Machtstellung in Indien einer näheren Untersuchung zu unter¬ ziehen. Ich bemerke vorweg, daß hier lediglich das vom indischen Amt und dem Vice-König ressortirende Indien in Betracht gezogen werden soll, nicht In der Rechtschreibung deo Namen ist der Verfasser derjenigen der Karten Petermann's in „Stieler's Hand-Atlas" gefolgt. Dergl. S. 7 des Vorberichts. Grenzboten i- 1877. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/209>, abgerufen am 04.05.2024.