Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.Die UmsidentenKrisis in den Gereinigten Staaten. Die Präsidentenwahl im Centennialjahre der nordamerikanischen Union Da indeß die einschlagenden gesetzlichen Vorschriften ziemlich verwickelt Die UmsidentenKrisis in den Gereinigten Staaten. Die Präsidentenwahl im Centennialjahre der nordamerikanischen Union Da indeß die einschlagenden gesetzlichen Vorschriften ziemlich verwickelt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137204"/> </div> <div n="1"> <head> Die UmsidentenKrisis in den Gereinigten Staaten.</head><lb/> <p xml:id="ID_111"> Die Präsidentenwahl im Centennialjahre der nordamerikanischen Union<lb/> ist in mehr als einer Beziehung höchst merkwürdig und bedeutungsvoll. Die<lb/> beiden großen Parteien, welche Präsidentschaftskandidaten in's Feld stellten,<lb/> schreiben sich den Sieg zu, die constitutionellen Bestimmungen, welche die Wahl<lb/> regeln sollen, scheinen sür den vorliegenden Fall nicht ausreichend zu sein und<lb/> so ist ein definitives Ende des erbitterten Wahlkampfes, der zweifelsohne nicht<lb/> überall in regelrechter Weise und mit den lautersten Mitteln geführt wurde,<lb/> vorläufig gar nicht abzusehen. Hoffentlich wird der böse Conflikt schließlich in<lb/> friedlicher Weise geschlichtet werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_112" next="#ID_113"> Da indeß die einschlagenden gesetzlichen Vorschriften ziemlich verwickelt<lb/> sind und selbst in amerikanischen Blättern vielfach unrichtig dargestellt werden,<lb/> so dürfte eine kurze und klare Darlegung derselben nicht unangebracht sein.<lb/> Für das Amt eines Präsidenten oder Vicepräsidenten der Vereinigten Staaten<lb/> find nnr Bürger, die in der nordamerikanischen Union geboren wurden, und<lb/> keine Adoptivbürger, wie z. B. Karl Schurz, wählbar. Die Wahl selbst ist<lb/> keine direkte, sondern eine indirekte; Versuche, sie zu einer direkten zu machen,<lb/> sind bis dahin stets ohne Erfolg geblieben. Die Präsidentenwahlmänner oder<lb/> Elektoren werden in den einzelnen Unionsstaaten und zwar an einem und<lb/> demselben Tage gewählt; dieser Wahltermin ist nach den gegenwärtigen gesetz¬<lb/> lichen Bestimmungen der auf den ersten Montag im November des Wahljahres<lb/> folgende Dienstag (im Jahre 1876 der 7. November). Jeder Unionsstaat hat<lb/> das Recht, so viele Wahlmänner zu wühlen, als die Gesammtzahl seiner Sena¬<lb/> toren und Repräsentanten im Kongresse zu Washington City ausmacht; auch<lb/> ist es jedem einzelnen Uniousstaate freigestellt, die Normen festzusetzen, nach<lb/> welchen er die Wahlmänner gewühlt haben will. Colorado miteingerechnet,<lb/> besteht die nordamerikanische Union zur Zeit aus 38 Staaten, welche zusammen<lb/> 3K9 Wahlmänner wählen. Die Territorien betheiligen sich nicht an der Prä¬<lb/> sidentenwahl, die bekanntlich alle 4 Jahre stattfindet und zwar so, daß der<lb/> neugewählte Präsident sein Amt am 4. Mürz des auf die Elektorenwahl<lb/> folgenden Jahres antritt. Zu einer gültigen Präsidentenwahl ist die absolute<lb/> Mehrheit der jezeitigen Gesammtzahl aller Wahlmänner erforderlich; für die<lb/> in Rede stehende Präsidentenwahl sind mithin 185 Stimmen nöthig. Mit¬<lb/> glieder der Bnndeslegislatur oder Unionsbeamte könne», so lange sie in dieser<lb/> Stellung verbleiben, nicht als Wahlmänner fungiren. Die Regierungen der<lb/> einzelnen Unionsstaaten ertheilen den erwählten Wahlmännern die erforderliche<lb/> Legitimation. Nach der Bundesverfassung und nach der 135. Section der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
Die UmsidentenKrisis in den Gereinigten Staaten.
Die Präsidentenwahl im Centennialjahre der nordamerikanischen Union
ist in mehr als einer Beziehung höchst merkwürdig und bedeutungsvoll. Die
beiden großen Parteien, welche Präsidentschaftskandidaten in's Feld stellten,
schreiben sich den Sieg zu, die constitutionellen Bestimmungen, welche die Wahl
regeln sollen, scheinen sür den vorliegenden Fall nicht ausreichend zu sein und
so ist ein definitives Ende des erbitterten Wahlkampfes, der zweifelsohne nicht
überall in regelrechter Weise und mit den lautersten Mitteln geführt wurde,
vorläufig gar nicht abzusehen. Hoffentlich wird der böse Conflikt schließlich in
friedlicher Weise geschlichtet werden.
Da indeß die einschlagenden gesetzlichen Vorschriften ziemlich verwickelt
sind und selbst in amerikanischen Blättern vielfach unrichtig dargestellt werden,
so dürfte eine kurze und klare Darlegung derselben nicht unangebracht sein.
Für das Amt eines Präsidenten oder Vicepräsidenten der Vereinigten Staaten
find nnr Bürger, die in der nordamerikanischen Union geboren wurden, und
keine Adoptivbürger, wie z. B. Karl Schurz, wählbar. Die Wahl selbst ist
keine direkte, sondern eine indirekte; Versuche, sie zu einer direkten zu machen,
sind bis dahin stets ohne Erfolg geblieben. Die Präsidentenwahlmänner oder
Elektoren werden in den einzelnen Unionsstaaten und zwar an einem und
demselben Tage gewählt; dieser Wahltermin ist nach den gegenwärtigen gesetz¬
lichen Bestimmungen der auf den ersten Montag im November des Wahljahres
folgende Dienstag (im Jahre 1876 der 7. November). Jeder Unionsstaat hat
das Recht, so viele Wahlmänner zu wühlen, als die Gesammtzahl seiner Sena¬
toren und Repräsentanten im Kongresse zu Washington City ausmacht; auch
ist es jedem einzelnen Uniousstaate freigestellt, die Normen festzusetzen, nach
welchen er die Wahlmänner gewühlt haben will. Colorado miteingerechnet,
besteht die nordamerikanische Union zur Zeit aus 38 Staaten, welche zusammen
3K9 Wahlmänner wählen. Die Territorien betheiligen sich nicht an der Prä¬
sidentenwahl, die bekanntlich alle 4 Jahre stattfindet und zwar so, daß der
neugewählte Präsident sein Amt am 4. Mürz des auf die Elektorenwahl
folgenden Jahres antritt. Zu einer gültigen Präsidentenwahl ist die absolute
Mehrheit der jezeitigen Gesammtzahl aller Wahlmänner erforderlich; für die
in Rede stehende Präsidentenwahl sind mithin 185 Stimmen nöthig. Mit¬
glieder der Bnndeslegislatur oder Unionsbeamte könne», so lange sie in dieser
Stellung verbleiben, nicht als Wahlmänner fungiren. Die Regierungen der
einzelnen Unionsstaaten ertheilen den erwählten Wahlmännern die erforderliche
Legitimation. Nach der Bundesverfassung und nach der 135. Section der
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