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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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tung treffen lassen sollte, durch welche der Reichstag für das Aufgegebene voll¬
auf entschädigt würde.

Ju Summa: der Etat bringt uns deutlich zum Bewußtsein, daß die Aera
der fetten Jahre vorüber ist; doch bietet er keine Ursache, der Zukunft mit
Pessimismus entgegenzusehen. Bedenklicher ist, was im Zusammenhange mit
diesem Etat zur Sprache gekommen. Aber es soll uus ein Sporn, nicht eine
Läh X- ?- mung sein.




Literatur.
Die sogenannte Deutsche Reichsbank eine privilcgirre Aktien¬
gesellschaft van und für Juden. Nebst Betrachtungen über
Lasterhafte und Bmnbergcrliche Politik. Bon Dr. Hilarius
Bankbergcr. Zweite Auflage, Berlin. 1877.
Verlag von M. A. Niendorf.
Die Fremdlinge in unserm Heim. Ein Mahnwort an das deutsche
Volk von einem berliner Bürger. Berlin, 1877. Verlag von
M. A. Niendorf.

Die beiden Broschüren enthalten die stärksten Angriffe auf die Juden, die
uns seit langer Zeit vorgekommen sind. Mit salbungsvollen Pathos und
einem starken Aufwand von Sentimentalität, mit den ärgsten Uebertreibungen
und in der ersten Schrift mit offenbarer Entstellung des wahren Sachverhält¬
nisses wird der Welt verkündigt, daß die Deutschen auf dem besten Wege sind,
von den Juden nicht nur ausgesogen, sondern auch unterworfen und regiert
Zu werden. Wir fühlen uns nicht berufen, diese und andere Abgeschmackt¬
heiten, bei denen zuweilen der Parteihaß der Agrarier gegen die Natiouallibe-
rnlen und die Absicht, zu Gunsten jener auf die Wahlen zu wirren, nur zu
deutlich hervortritt, zu widerlegen, da die krassen Schlüsse, welche die
Pamphlete ans gewissen Thatsachen ziehen, sich vor dem Verständigen von
selbst richten. Dagegen wollen wir auch uicht verschweigen, daß dieselben einige
Grundgedanken enthalten, die in der Weise, wie Robert v. Mohl sie ausdrückt,
nicht wohl für unrichtig erklärt werden können, und daß gewisse statistische An¬
gaben, welche die erstgenannte Broschüre bringt, uns in der That zu denken
geben.

v. Mohl sagt in seiner "Politik", Bd. Ä, S. 673: "Es ist nicht richtig,
daß die Juden, mit einziger Ausnahme der Religion, der übrigen Bevölkerung
völlig gleichartig sind. Der eine Punkt, in welchem die Voraussetzung als


tung treffen lassen sollte, durch welche der Reichstag für das Aufgegebene voll¬
auf entschädigt würde.

Ju Summa: der Etat bringt uns deutlich zum Bewußtsein, daß die Aera
der fetten Jahre vorüber ist; doch bietet er keine Ursache, der Zukunft mit
Pessimismus entgegenzusehen. Bedenklicher ist, was im Zusammenhange mit
diesem Etat zur Sprache gekommen. Aber es soll uus ein Sporn, nicht eine
Läh X- ?- mung sein.




Literatur.
Die sogenannte Deutsche Reichsbank eine privilcgirre Aktien¬
gesellschaft van und für Juden. Nebst Betrachtungen über
Lasterhafte und Bmnbergcrliche Politik. Bon Dr. Hilarius
Bankbergcr. Zweite Auflage, Berlin. 1877.
Verlag von M. A. Niendorf.
Die Fremdlinge in unserm Heim. Ein Mahnwort an das deutsche
Volk von einem berliner Bürger. Berlin, 1877. Verlag von
M. A. Niendorf.

Die beiden Broschüren enthalten die stärksten Angriffe auf die Juden, die
uns seit langer Zeit vorgekommen sind. Mit salbungsvollen Pathos und
einem starken Aufwand von Sentimentalität, mit den ärgsten Uebertreibungen
und in der ersten Schrift mit offenbarer Entstellung des wahren Sachverhält¬
nisses wird der Welt verkündigt, daß die Deutschen auf dem besten Wege sind,
von den Juden nicht nur ausgesogen, sondern auch unterworfen und regiert
Zu werden. Wir fühlen uns nicht berufen, diese und andere Abgeschmackt¬
heiten, bei denen zuweilen der Parteihaß der Agrarier gegen die Natiouallibe-
rnlen und die Absicht, zu Gunsten jener auf die Wahlen zu wirren, nur zu
deutlich hervortritt, zu widerlegen, da die krassen Schlüsse, welche die
Pamphlete ans gewissen Thatsachen ziehen, sich vor dem Verständigen von
selbst richten. Dagegen wollen wir auch uicht verschweigen, daß dieselben einige
Grundgedanken enthalten, die in der Weise, wie Robert v. Mohl sie ausdrückt,
nicht wohl für unrichtig erklärt werden können, und daß gewisse statistische An¬
gaben, welche die erstgenannte Broschüre bringt, uns in der That zu denken
geben.

v. Mohl sagt in seiner „Politik", Bd. Ä, S. 673: „Es ist nicht richtig,
daß die Juden, mit einziger Ausnahme der Religion, der übrigen Bevölkerung
völlig gleichartig sind. Der eine Punkt, in welchem die Voraussetzung als


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[0483] tung treffen lassen sollte, durch welche der Reichstag für das Aufgegebene voll¬ auf entschädigt würde. Ju Summa: der Etat bringt uns deutlich zum Bewußtsein, daß die Aera der fetten Jahre vorüber ist; doch bietet er keine Ursache, der Zukunft mit Pessimismus entgegenzusehen. Bedenklicher ist, was im Zusammenhange mit diesem Etat zur Sprache gekommen. Aber es soll uus ein Sporn, nicht eine Läh X- ?- mung sein. Literatur. Die sogenannte Deutsche Reichsbank eine privilcgirre Aktien¬ gesellschaft van und für Juden. Nebst Betrachtungen über Lasterhafte und Bmnbergcrliche Politik. Bon Dr. Hilarius Bankbergcr. Zweite Auflage, Berlin. 1877. Verlag von M. A. Niendorf. Die Fremdlinge in unserm Heim. Ein Mahnwort an das deutsche Volk von einem berliner Bürger. Berlin, 1877. Verlag von M. A. Niendorf. Die beiden Broschüren enthalten die stärksten Angriffe auf die Juden, die uns seit langer Zeit vorgekommen sind. Mit salbungsvollen Pathos und einem starken Aufwand von Sentimentalität, mit den ärgsten Uebertreibungen und in der ersten Schrift mit offenbarer Entstellung des wahren Sachverhält¬ nisses wird der Welt verkündigt, daß die Deutschen auf dem besten Wege sind, von den Juden nicht nur ausgesogen, sondern auch unterworfen und regiert Zu werden. Wir fühlen uns nicht berufen, diese und andere Abgeschmackt¬ heiten, bei denen zuweilen der Parteihaß der Agrarier gegen die Natiouallibe- rnlen und die Absicht, zu Gunsten jener auf die Wahlen zu wirren, nur zu deutlich hervortritt, zu widerlegen, da die krassen Schlüsse, welche die Pamphlete ans gewissen Thatsachen ziehen, sich vor dem Verständigen von selbst richten. Dagegen wollen wir auch uicht verschweigen, daß dieselben einige Grundgedanken enthalten, die in der Weise, wie Robert v. Mohl sie ausdrückt, nicht wohl für unrichtig erklärt werden können, und daß gewisse statistische An¬ gaben, welche die erstgenannte Broschüre bringt, uns in der That zu denken geben. v. Mohl sagt in seiner „Politik", Bd. Ä, S. 673: „Es ist nicht richtig, daß die Juden, mit einziger Ausnahme der Religion, der übrigen Bevölkerung völlig gleichartig sind. Der eine Punkt, in welchem die Voraussetzung als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/483>, abgerufen am 04.05.2024.