Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Aas Verhältniß der Jürsiin Karol'me Louise von Schwarz-
burg-Kudolstadt zu Kharlotte v. Schisser und deren An-
gehörigen.

(Nachrichten und bisher ungedruckte Briefe aus dem Fürstlich Schwarzburg-Rudvlstädtischen
Familicnarchivc. Mitgetheilt von Berus, Anemüller.)

Nächst der v. Lengefeldschen Familie und den mit dieser befreundeten
Personen wurde Schiller während seines Aufenthaltes in Rudolstadt und Vvlk-
stedt zu dem geistreichen und liebenswürdigen Erbprinzen Ludwig Friedrich,
welcher im Jahre 1793 die Regierung des Fürstentums Schwarzbnrg-
Nudvlstadt antrat, hingezogen. Der helle Kopf, das edle Herz des nachmaligen
Fürsten, sein Kunstsinn, ja auch sein Geschick in der Kunst, wird von Schiller
anerkannt und rühmend erwähnt. Andrerseits sehen wir aus dem von Ludwig
Friedrich geführten, uns vorliegenden Tagebuche des Jahres 1788, wie er nie
versäumt, das Zusammensein mit dem "geistreichen und liebenswürdigen, jungen
Gelehrten, Schiller" in fröhlicher Gesellschaft, meist in der v. Lengefeldfchen
und v. Beulwitzschen Familie mit hoher Befriedigung zu verzeichnen. Die
erste Bekanntschaft machten beide an dem wonnigen Frühlingsabende des
29. Mai 1788 in einer "vergnügten Gesellschaft im v. Beulwitzschen Garten",
und von da an sehen wir sie öfter vereint in freier Natur oder in den be¬
freundeten Familien, in heiterster Laune harmlose Freude schaffend und er¬
höhend. So zeigte am 7. Juni Ludwig Friedrich dem "Herrn Rath Schiller",
welcher mit Frau v. Beulwitz, ihrer Schwester und mit Herrn v. Wolzogen
bei ihm auf dem Schlosse war, seine Bibliothek, sein Bilderkabinet und noch
einige Gemälde in dem großen Saal und in andern Zimmern, und
stieg darauf mit ihm, als "einem Freunde von schönen Aussichten" auf den
Schloßthurm, von dessen Balkon aus Schiller seine Blicke über das herrliche
zu ihren Füßen liegende Thal mit Entzücken schweifen ließ. Am 14. Juni
Machte man den Abend "recht vergnügt" in dem nördlich von Rudolstadt ge¬
legenen fürstlichen Baumgarten in größerer Gesellschaft zu. Nach eingenommenem
Thee ergingen sich einige in erquickender Abendkühle, audere fuhren auf dem
W anliegende" Teiche befindlichen Schiffchen, bis nach elf Uhr die ganze Ge¬
sellschaft in heiterster Frühlingslaune singend den Schloßberg hinanstieg, wo
sich "der Herr Rath Schiller nebst den übrigen Ämnes" verabschiedete und in
die Stadt nach Hause zurückkehrte. Am 19. Juli, als der Prinz "eben bei
Lengefelds zeichnete", während Herr v. Ketelhodt aus Schillers Geschichte vor¬
las, trat Schiller selbst unvermuthet ein und forderte die Gesellschaft zu einem
Spaziergange auf. Doch besuchte man zuerst die nahe gelegene Stadtkirche,


Aas Verhältniß der Jürsiin Karol'me Louise von Schwarz-
burg-Kudolstadt zu Kharlotte v. Schisser und deren An-
gehörigen.

(Nachrichten und bisher ungedruckte Briefe aus dem Fürstlich Schwarzburg-Rudvlstädtischen
Familicnarchivc. Mitgetheilt von Berus, Anemüller.)

Nächst der v. Lengefeldschen Familie und den mit dieser befreundeten
Personen wurde Schiller während seines Aufenthaltes in Rudolstadt und Vvlk-
stedt zu dem geistreichen und liebenswürdigen Erbprinzen Ludwig Friedrich,
welcher im Jahre 1793 die Regierung des Fürstentums Schwarzbnrg-
Nudvlstadt antrat, hingezogen. Der helle Kopf, das edle Herz des nachmaligen
Fürsten, sein Kunstsinn, ja auch sein Geschick in der Kunst, wird von Schiller
anerkannt und rühmend erwähnt. Andrerseits sehen wir aus dem von Ludwig
Friedrich geführten, uns vorliegenden Tagebuche des Jahres 1788, wie er nie
versäumt, das Zusammensein mit dem „geistreichen und liebenswürdigen, jungen
Gelehrten, Schiller" in fröhlicher Gesellschaft, meist in der v. Lengefeldfchen
und v. Beulwitzschen Familie mit hoher Befriedigung zu verzeichnen. Die
erste Bekanntschaft machten beide an dem wonnigen Frühlingsabende des
29. Mai 1788 in einer „vergnügten Gesellschaft im v. Beulwitzschen Garten",
und von da an sehen wir sie öfter vereint in freier Natur oder in den be¬
freundeten Familien, in heiterster Laune harmlose Freude schaffend und er¬
höhend. So zeigte am 7. Juni Ludwig Friedrich dem „Herrn Rath Schiller",
welcher mit Frau v. Beulwitz, ihrer Schwester und mit Herrn v. Wolzogen
bei ihm auf dem Schlosse war, seine Bibliothek, sein Bilderkabinet und noch
einige Gemälde in dem großen Saal und in andern Zimmern, und
stieg darauf mit ihm, als „einem Freunde von schönen Aussichten" auf den
Schloßthurm, von dessen Balkon aus Schiller seine Blicke über das herrliche
zu ihren Füßen liegende Thal mit Entzücken schweifen ließ. Am 14. Juni
Machte man den Abend „recht vergnügt" in dem nördlich von Rudolstadt ge¬
legenen fürstlichen Baumgarten in größerer Gesellschaft zu. Nach eingenommenem
Thee ergingen sich einige in erquickender Abendkühle, audere fuhren auf dem
W anliegende» Teiche befindlichen Schiffchen, bis nach elf Uhr die ganze Ge¬
sellschaft in heiterster Frühlingslaune singend den Schloßberg hinanstieg, wo
sich „der Herr Rath Schiller nebst den übrigen Ämnes" verabschiedete und in
die Stadt nach Hause zurückkehrte. Am 19. Juli, als der Prinz „eben bei
Lengefelds zeichnete", während Herr v. Ketelhodt aus Schillers Geschichte vor¬
las, trat Schiller selbst unvermuthet ein und forderte die Gesellschaft zu einem
Spaziergange auf. Doch besuchte man zuerst die nahe gelegene Stadtkirche,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137846"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aas Verhältniß der Jürsiin Karol'me Louise von Schwarz-<lb/>
burg-Kudolstadt zu Kharlotte v. Schisser und deren An-<lb/>
gehörigen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_355"> (Nachrichten und bisher ungedruckte Briefe aus dem Fürstlich Schwarzburg-Rudvlstädtischen<lb/>
Familicnarchivc. Mitgetheilt von Berus, Anemüller.)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_356" next="#ID_357"> Nächst der v. Lengefeldschen Familie und den mit dieser befreundeten<lb/>
Personen wurde Schiller während seines Aufenthaltes in Rudolstadt und Vvlk-<lb/>
stedt zu dem geistreichen und liebenswürdigen Erbprinzen Ludwig Friedrich,<lb/>
welcher im Jahre 1793 die Regierung des Fürstentums Schwarzbnrg-<lb/>
Nudvlstadt antrat, hingezogen. Der helle Kopf, das edle Herz des nachmaligen<lb/>
Fürsten, sein Kunstsinn, ja auch sein Geschick in der Kunst, wird von Schiller<lb/>
anerkannt und rühmend erwähnt. Andrerseits sehen wir aus dem von Ludwig<lb/>
Friedrich geführten, uns vorliegenden Tagebuche des Jahres 1788, wie er nie<lb/>
versäumt, das Zusammensein mit dem &#x201E;geistreichen und liebenswürdigen, jungen<lb/>
Gelehrten, Schiller" in fröhlicher Gesellschaft, meist in der v. Lengefeldfchen<lb/>
und v. Beulwitzschen Familie mit hoher Befriedigung zu verzeichnen. Die<lb/>
erste Bekanntschaft machten beide an dem wonnigen Frühlingsabende des<lb/>
29. Mai 1788 in einer &#x201E;vergnügten Gesellschaft im v. Beulwitzschen Garten",<lb/>
und von da an sehen wir sie öfter vereint in freier Natur oder in den be¬<lb/>
freundeten Familien, in heiterster Laune harmlose Freude schaffend und er¬<lb/>
höhend. So zeigte am 7. Juni Ludwig Friedrich dem &#x201E;Herrn Rath Schiller",<lb/>
welcher mit Frau v. Beulwitz, ihrer Schwester und mit Herrn v. Wolzogen<lb/>
bei ihm auf dem Schlosse war, seine Bibliothek, sein Bilderkabinet und noch<lb/>
einige Gemälde in dem großen Saal und in andern Zimmern, und<lb/>
stieg darauf mit ihm, als &#x201E;einem Freunde von schönen Aussichten" auf den<lb/>
Schloßthurm, von dessen Balkon aus Schiller seine Blicke über das herrliche<lb/>
zu ihren Füßen liegende Thal mit Entzücken schweifen ließ.  Am 14. Juni<lb/>
Machte man den Abend &#x201E;recht vergnügt" in dem nördlich von Rudolstadt ge¬<lb/>
legenen fürstlichen Baumgarten in größerer Gesellschaft zu. Nach eingenommenem<lb/>
Thee ergingen sich einige in erquickender Abendkühle, audere fuhren auf dem<lb/>
W anliegende» Teiche befindlichen Schiffchen, bis nach elf Uhr die ganze Ge¬<lb/>
sellschaft in heiterster Frühlingslaune singend den Schloßberg hinanstieg, wo<lb/>
sich &#x201E;der Herr Rath Schiller nebst den übrigen Ämnes" verabschiedete und in<lb/>
die Stadt nach Hause zurückkehrte. Am 19. Juli, als der Prinz &#x201E;eben bei<lb/>
Lengefelds zeichnete", während Herr v. Ketelhodt aus Schillers Geschichte vor¬<lb/>
las, trat Schiller selbst unvermuthet ein und forderte die Gesellschaft zu einem<lb/>
Spaziergange auf. Doch besuchte man zuerst die nahe gelegene Stadtkirche,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0145] Aas Verhältniß der Jürsiin Karol'me Louise von Schwarz- burg-Kudolstadt zu Kharlotte v. Schisser und deren An- gehörigen. (Nachrichten und bisher ungedruckte Briefe aus dem Fürstlich Schwarzburg-Rudvlstädtischen Familicnarchivc. Mitgetheilt von Berus, Anemüller.) Nächst der v. Lengefeldschen Familie und den mit dieser befreundeten Personen wurde Schiller während seines Aufenthaltes in Rudolstadt und Vvlk- stedt zu dem geistreichen und liebenswürdigen Erbprinzen Ludwig Friedrich, welcher im Jahre 1793 die Regierung des Fürstentums Schwarzbnrg- Nudvlstadt antrat, hingezogen. Der helle Kopf, das edle Herz des nachmaligen Fürsten, sein Kunstsinn, ja auch sein Geschick in der Kunst, wird von Schiller anerkannt und rühmend erwähnt. Andrerseits sehen wir aus dem von Ludwig Friedrich geführten, uns vorliegenden Tagebuche des Jahres 1788, wie er nie versäumt, das Zusammensein mit dem „geistreichen und liebenswürdigen, jungen Gelehrten, Schiller" in fröhlicher Gesellschaft, meist in der v. Lengefeldfchen und v. Beulwitzschen Familie mit hoher Befriedigung zu verzeichnen. Die erste Bekanntschaft machten beide an dem wonnigen Frühlingsabende des 29. Mai 1788 in einer „vergnügten Gesellschaft im v. Beulwitzschen Garten", und von da an sehen wir sie öfter vereint in freier Natur oder in den be¬ freundeten Familien, in heiterster Laune harmlose Freude schaffend und er¬ höhend. So zeigte am 7. Juni Ludwig Friedrich dem „Herrn Rath Schiller", welcher mit Frau v. Beulwitz, ihrer Schwester und mit Herrn v. Wolzogen bei ihm auf dem Schlosse war, seine Bibliothek, sein Bilderkabinet und noch einige Gemälde in dem großen Saal und in andern Zimmern, und stieg darauf mit ihm, als „einem Freunde von schönen Aussichten" auf den Schloßthurm, von dessen Balkon aus Schiller seine Blicke über das herrliche zu ihren Füßen liegende Thal mit Entzücken schweifen ließ. Am 14. Juni Machte man den Abend „recht vergnügt" in dem nördlich von Rudolstadt ge¬ legenen fürstlichen Baumgarten in größerer Gesellschaft zu. Nach eingenommenem Thee ergingen sich einige in erquickender Abendkühle, audere fuhren auf dem W anliegende» Teiche befindlichen Schiffchen, bis nach elf Uhr die ganze Ge¬ sellschaft in heiterster Frühlingslaune singend den Schloßberg hinanstieg, wo sich „der Herr Rath Schiller nebst den übrigen Ämnes" verabschiedete und in die Stadt nach Hause zurückkehrte. Am 19. Juli, als der Prinz „eben bei Lengefelds zeichnete", während Herr v. Ketelhodt aus Schillers Geschichte vor¬ las, trat Schiller selbst unvermuthet ein und forderte die Gesellschaft zu einem Spaziergange auf. Doch besuchte man zuerst die nahe gelegene Stadtkirche,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/145
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/145>, abgerufen am 19.05.2024.