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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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machen. In buddhistischen Staaten entdeckt man nichts der Art, und in Be¬
treff der Politik und der Gesetzgebung ist die Lehre des Buddha selbst tief
unter dem geblieben, was der Bramaismus auf diesen Gebieten geleistet hat;
sie hat Einzelne unterrichtet und geheiligt, welche das edle persönliche Ideal
Ssakjamnnis zum Muster und zur Stütze unebenen, aber für die Völker ist
sie noch ohnmächtiger geblieben als die ihrer Gegner." ,




Der KeichsKanzl'er auf Urlaub.

Der Reichskanzler ist ans Urlaub gegangen, er hat die verlangte Entlassung
nicht bekommen, er hat nicht auf Gewährung derselben bestanden. Damit ist
die Krisis beendigt. Der Fürst wird wiederkommen, wenn auch wahrscheinlich
etwas später wie gewöhnlich, er wird, gekräftigt durch Badekur, Landluft und
Entferntheit von den Geschäften, wieder an's Ruder treten, und Alles wird
sein wie zuvor. Freuen wir uns dessen!

So ungefähr die Anschauung vom Stande der Dinge, wie man sie in
der Presse ausgedrückt findet. Erlauben Sie einer anderen Ansicht das Wort.

Die Krisis ist nicht beendigt, sondern nur vertagt. Die
Frage, ob Fürst v. Bismarck aus dem Dienste Preußens und des Reiches
ausscheidet, ist unter freudigem Aufathmen Aller, die es mit beiden wohlmeinen,
mit Nein beantwortet, aber nur vorläufig. Bang fragen sich noch heute
Kenner der Verhältnisse nach der Zukunft. Es ist keineswegs sicher und aus¬
gemacht, daß der Reichskanzler als solcher wiederkommen wird, und mit Be¬
stimmtheit darf angenommen werden, daß, wenn dieß geschieht, nicht Alles sein
wird wie zuvor. Mit anderen Worten: der Fürst wird seine Bedingungen
stellen müssen, ehe er seine amtlichen Arbeiten mit ihren Zielen und Lasten
wieder übernimmt, und man wird auf diese Bedingungen eingegangen sein,
wenn wir ihn in alter Weise am Werke sehen sollten.

Die öffentliche Meinung kaun Einiges dazu beitrage?:. Sie wird wohl¬
thun, wenn sie sich nicht mit dem dermaligen Stadium der Sache beruhigt,
wenn sie sich vielmehr, deutlicher als bisher geschehen, die sehr ernste Haupt-
ursache der fortschlcichenden Krisis vergegenwärtigt, und wenn sie der gewonnenen
Erkenntniß in der Presse Worte gibt, unablässig, nachhaltig, immer von Neuem
Worte gibt und ans Abstellung des betreffenden krassen Mißverhältnisses dringt, mit
welchem selbst ein Bismarck nicht in ersprießlicher Weise zu wirken vermag,
geschweige denn einer der in den letzten Wochen als mögliche Nachfolger Be-


machen. In buddhistischen Staaten entdeckt man nichts der Art, und in Be¬
treff der Politik und der Gesetzgebung ist die Lehre des Buddha selbst tief
unter dem geblieben, was der Bramaismus auf diesen Gebieten geleistet hat;
sie hat Einzelne unterrichtet und geheiligt, welche das edle persönliche Ideal
Ssakjamnnis zum Muster und zur Stütze unebenen, aber für die Völker ist
sie noch ohnmächtiger geblieben als die ihrer Gegner." ,




Der KeichsKanzl'er auf Urlaub.

Der Reichskanzler ist ans Urlaub gegangen, er hat die verlangte Entlassung
nicht bekommen, er hat nicht auf Gewährung derselben bestanden. Damit ist
die Krisis beendigt. Der Fürst wird wiederkommen, wenn auch wahrscheinlich
etwas später wie gewöhnlich, er wird, gekräftigt durch Badekur, Landluft und
Entferntheit von den Geschäften, wieder an's Ruder treten, und Alles wird
sein wie zuvor. Freuen wir uns dessen!

So ungefähr die Anschauung vom Stande der Dinge, wie man sie in
der Presse ausgedrückt findet. Erlauben Sie einer anderen Ansicht das Wort.

Die Krisis ist nicht beendigt, sondern nur vertagt. Die
Frage, ob Fürst v. Bismarck aus dem Dienste Preußens und des Reiches
ausscheidet, ist unter freudigem Aufathmen Aller, die es mit beiden wohlmeinen,
mit Nein beantwortet, aber nur vorläufig. Bang fragen sich noch heute
Kenner der Verhältnisse nach der Zukunft. Es ist keineswegs sicher und aus¬
gemacht, daß der Reichskanzler als solcher wiederkommen wird, und mit Be¬
stimmtheit darf angenommen werden, daß, wenn dieß geschieht, nicht Alles sein
wird wie zuvor. Mit anderen Worten: der Fürst wird seine Bedingungen
stellen müssen, ehe er seine amtlichen Arbeiten mit ihren Zielen und Lasten
wieder übernimmt, und man wird auf diese Bedingungen eingegangen sein,
wenn wir ihn in alter Weise am Werke sehen sollten.

Die öffentliche Meinung kaun Einiges dazu beitrage?:. Sie wird wohl¬
thun, wenn sie sich nicht mit dem dermaligen Stadium der Sache beruhigt,
wenn sie sich vielmehr, deutlicher als bisher geschehen, die sehr ernste Haupt-
ursache der fortschlcichenden Krisis vergegenwärtigt, und wenn sie der gewonnenen
Erkenntniß in der Presse Worte gibt, unablässig, nachhaltig, immer von Neuem
Worte gibt und ans Abstellung des betreffenden krassen Mißverhältnisses dringt, mit
welchem selbst ein Bismarck nicht in ersprießlicher Weise zu wirken vermag,
geschweige denn einer der in den letzten Wochen als mögliche Nachfolger Be-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/194>, abgerufen am 19.05.2024.