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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Lisenbahnstudien.*)
ii.

Es ist eine leider feststehende Thatsache, daß die Einnahmen aus dem
Personenverkehr auf den preußischen Eisenbahnen die Ausgaben für dieselbe
Verkehrsgattung zwar im Allgemeinen decken, aber auch keinen Ueberschuß
ergeben, so daß sie zur Verzinsung des Anlagekapitals nichts beitragen.
Dieses für weite Kreise gewiß überraschende Resultat haben umfassende
statistische Erhebungen ergeben, welche seit 1874 durch das preußische Handels¬
ministerium bei den Staatsbahnen und den unter Staatsverwaltung stehenden
Privatelsenbcchnen gemacht worden sind und noch immer weiter fortgesetzt
werden. Von den reinen Privatbahnen liegen derartige zuverlässige Daten
uicht vor, es ist aber gar kein Grund vorhanden, bei diesen ein günstigeres
Resultat zu erwarten, um so weniger als jenes bei den Staatsbahnen fest¬
gestellte ungünstige Resultat von den Fachmännern schon längst vermuthet
wurde, wenn vielleicht auch nicht in seinem ganzen höchst bedenklichen Umfang,
und weil die Verhältnisse der Staats- und Privatbahnen innerhalb Preußens
sehr wenig von einander verschieden sind. Im Jahre 1875 haben sogar die
Einnahmen ans dem Personenverkehr der Staats- und unter Staatsverwaltung
stehenden Privateisenbahnen ein Minus von 2,500,000 Mark gegenüber den
Ausgaben ergeben, so daß also allergünstigsten Falls bei allen deutschen Eisen¬
bahnen ein Ausgleich von Null gegen Null angenommen werden kann.

Nun ist aber das Verhältniß der -- kurz gesagt -- Personeneinuahmen
zu dein der Gütereinnahmen gleich !Z8 zu 100, und da zu der durchschnittlich
ki"/" betragenden Verzinsung des Anlagekapitals der preußischen Eisenbahnen
rund 256 Millionen Mark erforderlich sind, so werden diese 256 Millionen
ausschließlich durch die Einnahmen aus dem Güterverkehr, resp, durch ganz
unbedeutende extraordinäre Einnahmen erbracht, während der Personenverkehr
statt -- dem obigen Verhältnisse entsprechend -- mit ca. 70 Millionen Mark
mit Null an genannter Summe partizipirt. Wenn man mit diesen Zahlen
die Gesammteinnahmen ans den 2 verschiedenen Nerkehrsgattungen vergleicht,
so ergibt sich, daß die Entnahmen aus dem Personenverkehr um 55°/<> höher,
diejenigen aus dem Güterverkehr dagegen an 20"/g niedriger Hütten sein müssen,
wenn beide Verkehrsgattnngen nach Verhältniß gleichmäßig zur Verzinsung des
Anlagekapitals hätten beitragen sollen.



Außer den unter I. genannten Quellen siehe auch Schwabe, Ueber das englische
Eisenbahnwesen, Berlin, 1871 und 1877.
Lisenbahnstudien.*)
ii.

Es ist eine leider feststehende Thatsache, daß die Einnahmen aus dem
Personenverkehr auf den preußischen Eisenbahnen die Ausgaben für dieselbe
Verkehrsgattung zwar im Allgemeinen decken, aber auch keinen Ueberschuß
ergeben, so daß sie zur Verzinsung des Anlagekapitals nichts beitragen.
Dieses für weite Kreise gewiß überraschende Resultat haben umfassende
statistische Erhebungen ergeben, welche seit 1874 durch das preußische Handels¬
ministerium bei den Staatsbahnen und den unter Staatsverwaltung stehenden
Privatelsenbcchnen gemacht worden sind und noch immer weiter fortgesetzt
werden. Von den reinen Privatbahnen liegen derartige zuverlässige Daten
uicht vor, es ist aber gar kein Grund vorhanden, bei diesen ein günstigeres
Resultat zu erwarten, um so weniger als jenes bei den Staatsbahnen fest¬
gestellte ungünstige Resultat von den Fachmännern schon längst vermuthet
wurde, wenn vielleicht auch nicht in seinem ganzen höchst bedenklichen Umfang,
und weil die Verhältnisse der Staats- und Privatbahnen innerhalb Preußens
sehr wenig von einander verschieden sind. Im Jahre 1875 haben sogar die
Einnahmen ans dem Personenverkehr der Staats- und unter Staatsverwaltung
stehenden Privateisenbahnen ein Minus von 2,500,000 Mark gegenüber den
Ausgaben ergeben, so daß also allergünstigsten Falls bei allen deutschen Eisen¬
bahnen ein Ausgleich von Null gegen Null angenommen werden kann.

Nun ist aber das Verhältniß der — kurz gesagt — Personeneinuahmen
zu dein der Gütereinnahmen gleich !Z8 zu 100, und da zu der durchschnittlich
ki"/» betragenden Verzinsung des Anlagekapitals der preußischen Eisenbahnen
rund 256 Millionen Mark erforderlich sind, so werden diese 256 Millionen
ausschließlich durch die Einnahmen aus dem Güterverkehr, resp, durch ganz
unbedeutende extraordinäre Einnahmen erbracht, während der Personenverkehr
statt — dem obigen Verhältnisse entsprechend — mit ca. 70 Millionen Mark
mit Null an genannter Summe partizipirt. Wenn man mit diesen Zahlen
die Gesammteinnahmen ans den 2 verschiedenen Nerkehrsgattungen vergleicht,
so ergibt sich, daß die Entnahmen aus dem Personenverkehr um 55°/<> höher,
diejenigen aus dem Güterverkehr dagegen an 20"/g niedriger Hütten sein müssen,
wenn beide Verkehrsgattnngen nach Verhältniß gleichmäßig zur Verzinsung des
Anlagekapitals hätten beitragen sollen.



Außer den unter I. genannten Quellen siehe auch Schwabe, Ueber das englische
Eisenbahnwesen, Berlin, 1871 und 1877.
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[0382] Lisenbahnstudien.*) ii. Es ist eine leider feststehende Thatsache, daß die Einnahmen aus dem Personenverkehr auf den preußischen Eisenbahnen die Ausgaben für dieselbe Verkehrsgattung zwar im Allgemeinen decken, aber auch keinen Ueberschuß ergeben, so daß sie zur Verzinsung des Anlagekapitals nichts beitragen. Dieses für weite Kreise gewiß überraschende Resultat haben umfassende statistische Erhebungen ergeben, welche seit 1874 durch das preußische Handels¬ ministerium bei den Staatsbahnen und den unter Staatsverwaltung stehenden Privatelsenbcchnen gemacht worden sind und noch immer weiter fortgesetzt werden. Von den reinen Privatbahnen liegen derartige zuverlässige Daten uicht vor, es ist aber gar kein Grund vorhanden, bei diesen ein günstigeres Resultat zu erwarten, um so weniger als jenes bei den Staatsbahnen fest¬ gestellte ungünstige Resultat von den Fachmännern schon längst vermuthet wurde, wenn vielleicht auch nicht in seinem ganzen höchst bedenklichen Umfang, und weil die Verhältnisse der Staats- und Privatbahnen innerhalb Preußens sehr wenig von einander verschieden sind. Im Jahre 1875 haben sogar die Einnahmen ans dem Personenverkehr der Staats- und unter Staatsverwaltung stehenden Privateisenbahnen ein Minus von 2,500,000 Mark gegenüber den Ausgaben ergeben, so daß also allergünstigsten Falls bei allen deutschen Eisen¬ bahnen ein Ausgleich von Null gegen Null angenommen werden kann. Nun ist aber das Verhältniß der — kurz gesagt — Personeneinuahmen zu dein der Gütereinnahmen gleich !Z8 zu 100, und da zu der durchschnittlich ki"/» betragenden Verzinsung des Anlagekapitals der preußischen Eisenbahnen rund 256 Millionen Mark erforderlich sind, so werden diese 256 Millionen ausschließlich durch die Einnahmen aus dem Güterverkehr, resp, durch ganz unbedeutende extraordinäre Einnahmen erbracht, während der Personenverkehr statt — dem obigen Verhältnisse entsprechend — mit ca. 70 Millionen Mark mit Null an genannter Summe partizipirt. Wenn man mit diesen Zahlen die Gesammteinnahmen ans den 2 verschiedenen Nerkehrsgattungen vergleicht, so ergibt sich, daß die Entnahmen aus dem Personenverkehr um 55°/<> höher, diejenigen aus dem Güterverkehr dagegen an 20"/g niedriger Hütten sein müssen, wenn beide Verkehrsgattnngen nach Verhältniß gleichmäßig zur Verzinsung des Anlagekapitals hätten beitragen sollen. Außer den unter I. genannten Quellen siehe auch Schwabe, Ueber das englische Eisenbahnwesen, Berlin, 1871 und 1877.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/382>, abgerufen am 19.05.2024.