Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ehren lassen. Wir bemerken noch, daß die Briefe an eine dein damaligen
General verwandte Dame gerichtet waren, daß sie zuerst, ins Dänische übersetzt,
in einer Kopenhagener Zeitung, dann in einer Rückübersetzung größtentheils
im Februarheft der "Deutschen Rundschau" erschienen, und daß wir sie hier
vollständig nach dem Originalmanuskript der Briefe vor uus haben.


Die deutschen Volksbücher. Gesammelt und in ihrer ursprünglichen Echtheit
wiederhergestellt von Karl Simrock. Erster Band. Frankfurt a. M. Verlag
von Christian Winter. Gedruckt in diesem Jahr.

Die deutschen Volksbücher existirten seit geraumer Zeit und bis auf das
Simrock'sche Unternehmen in Ausgaben, die den ursprünglichen wenig oder
gar nicht entsprachen. Die Solbrig'schen leisteten das irgend Mögliche in der
Verballhornisirung dieser einfachen, naiven Erzählungen und Gedichte. Auch
eine spätere leipziger Ausgabe scheint nur von dem Grundsatze: "Schlecht,
aber wohlfeil" ausgegangen zu sein, und, war sie nicht so langweilig und
manierirt wie die Solbrig'sche Leistung, so war sie wenigstens eine arge Ver¬
stümmelung des Urtextes. Hier aber bekommen wir diese kleinen Bücher in
sorgfältig nach den ältesten Ausgaben berichtigten und somit völlig unbeschnit¬
tenen und unentstellten Texten, und da dieselben großentheils wahre Kleinode
der Volksliteratur sind, so sollten sie, zumal sie auch in anständiger Ausstat¬
tung auftreten und verhältnißmäßig wohlfeil sind, keiner Privatbibliothek fehlen.
Wir fügen noch hinzu, daß der erste Band das Lied von "Heinrich dem
Löwen", "Die schöne Magellone", die Dichtung "Reineke Fuchs" und "Geno-
vefa" enthält, und hoffen, daß diesen bald die übrigen Volksbücher folgen
werden, welche der Herausgeber erneuten Abdrucks für werth gehalten hat.


Hortus Deliciarum. Für deutschen Humor gepflanzt von L. Eichrodt. Erster
Spaziergang. Eröffnet durch Moritz Schaumburg in Lahr. 1877.

Der alte Hortus Delieiarum, ein ergötzliches illustrirtes mittelalterliches
Buch, verfaßt von einer muntern Nonne, ist bei der Belagerung Straßburg's
mit der dortigen Universitätsbibliothek verbrannt. Der neue soll "das Tollste
und Vollste" enthalten, "was den deutschen Poeten einst in humoristischer Art,
im Uebermuth der Jugend, im Schwung der Manneskraft, in jovialer Seni-
lität gelungen ist; denn Jeder hat einmal aus Bedürfniß einen sehr guten
Purzelbaum geschlagen." Wir wollen abwarten, was die weiteren Lieferungen
bringen und dann unfere Meinung sagen. Unter dem bis jetzt Vorliegenden
ist mancher recht hübsche Einfall neben dem Einen und dein Andern, was ein
wenig nach erzwungener "Tollheit und Vollheit" aussieht. Allerliebst sind


ehren lassen. Wir bemerken noch, daß die Briefe an eine dein damaligen
General verwandte Dame gerichtet waren, daß sie zuerst, ins Dänische übersetzt,
in einer Kopenhagener Zeitung, dann in einer Rückübersetzung größtentheils
im Februarheft der „Deutschen Rundschau" erschienen, und daß wir sie hier
vollständig nach dem Originalmanuskript der Briefe vor uus haben.


Die deutschen Volksbücher. Gesammelt und in ihrer ursprünglichen Echtheit
wiederhergestellt von Karl Simrock. Erster Band. Frankfurt a. M. Verlag
von Christian Winter. Gedruckt in diesem Jahr.

Die deutschen Volksbücher existirten seit geraumer Zeit und bis auf das
Simrock'sche Unternehmen in Ausgaben, die den ursprünglichen wenig oder
gar nicht entsprachen. Die Solbrig'schen leisteten das irgend Mögliche in der
Verballhornisirung dieser einfachen, naiven Erzählungen und Gedichte. Auch
eine spätere leipziger Ausgabe scheint nur von dem Grundsatze: „Schlecht,
aber wohlfeil" ausgegangen zu sein, und, war sie nicht so langweilig und
manierirt wie die Solbrig'sche Leistung, so war sie wenigstens eine arge Ver¬
stümmelung des Urtextes. Hier aber bekommen wir diese kleinen Bücher in
sorgfältig nach den ältesten Ausgaben berichtigten und somit völlig unbeschnit¬
tenen und unentstellten Texten, und da dieselben großentheils wahre Kleinode
der Volksliteratur sind, so sollten sie, zumal sie auch in anständiger Ausstat¬
tung auftreten und verhältnißmäßig wohlfeil sind, keiner Privatbibliothek fehlen.
Wir fügen noch hinzu, daß der erste Band das Lied von „Heinrich dem
Löwen", „Die schöne Magellone", die Dichtung „Reineke Fuchs" und „Geno-
vefa" enthält, und hoffen, daß diesen bald die übrigen Volksbücher folgen
werden, welche der Herausgeber erneuten Abdrucks für werth gehalten hat.


Hortus Deliciarum. Für deutschen Humor gepflanzt von L. Eichrodt. Erster
Spaziergang. Eröffnet durch Moritz Schaumburg in Lahr. 1877.

Der alte Hortus Delieiarum, ein ergötzliches illustrirtes mittelalterliches
Buch, verfaßt von einer muntern Nonne, ist bei der Belagerung Straßburg's
mit der dortigen Universitätsbibliothek verbrannt. Der neue soll „das Tollste
und Vollste" enthalten, „was den deutschen Poeten einst in humoristischer Art,
im Uebermuth der Jugend, im Schwung der Manneskraft, in jovialer Seni-
lität gelungen ist; denn Jeder hat einmal aus Bedürfniß einen sehr guten
Purzelbaum geschlagen." Wir wollen abwarten, was die weiteren Lieferungen
bringen und dann unfere Meinung sagen. Unter dem bis jetzt Vorliegenden
ist mancher recht hübsche Einfall neben dem Einen und dein Andern, was ein
wenig nach erzwungener „Tollheit und Vollheit" aussieht. Allerliebst sind


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138224"/>
            <p xml:id="ID_1489" prev="#ID_1488"> ehren lassen. Wir bemerken noch, daß die Briefe an eine dein damaligen<lb/>
General verwandte Dame gerichtet waren, daß sie zuerst, ins Dänische übersetzt,<lb/>
in einer Kopenhagener Zeitung, dann in einer Rückübersetzung größtentheils<lb/>
im Februarheft der &#x201E;Deutschen Rundschau" erschienen, und daß wir sie hier<lb/>
vollständig nach dem Originalmanuskript der Briefe vor uus haben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die deutschen Volksbücher.  Gesammelt und in ihrer ursprünglichen Echtheit<lb/>
wiederhergestellt von Karl Simrock.  Erster Band.  Frankfurt a. M. Verlag<lb/>
von Christian Winter.  Gedruckt in diesem Jahr.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1490"> Die deutschen Volksbücher existirten seit geraumer Zeit und bis auf das<lb/>
Simrock'sche Unternehmen in Ausgaben, die den ursprünglichen wenig oder<lb/>
gar nicht entsprachen. Die Solbrig'schen leisteten das irgend Mögliche in der<lb/>
Verballhornisirung dieser einfachen, naiven Erzählungen und Gedichte. Auch<lb/>
eine spätere leipziger Ausgabe scheint nur von dem Grundsatze: &#x201E;Schlecht,<lb/>
aber wohlfeil" ausgegangen zu sein, und, war sie nicht so langweilig und<lb/>
manierirt wie die Solbrig'sche Leistung, so war sie wenigstens eine arge Ver¬<lb/>
stümmelung des Urtextes. Hier aber bekommen wir diese kleinen Bücher in<lb/>
sorgfältig nach den ältesten Ausgaben berichtigten und somit völlig unbeschnit¬<lb/>
tenen und unentstellten Texten, und da dieselben großentheils wahre Kleinode<lb/>
der Volksliteratur sind, so sollten sie, zumal sie auch in anständiger Ausstat¬<lb/>
tung auftreten und verhältnißmäßig wohlfeil sind, keiner Privatbibliothek fehlen.<lb/>
Wir fügen noch hinzu, daß der erste Band das Lied von &#x201E;Heinrich dem<lb/>
Löwen", &#x201E;Die schöne Magellone", die Dichtung &#x201E;Reineke Fuchs" und &#x201E;Geno-<lb/>
vefa" enthält, und hoffen, daß diesen bald die übrigen Volksbücher folgen<lb/>
werden, welche der Herausgeber erneuten Abdrucks für werth gehalten hat.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Hortus Deliciarum.  Für deutschen Humor gepflanzt von L. Eichrodt. Erster<lb/>
Spaziergang.  Eröffnet durch Moritz Schaumburg in Lahr. 1877.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1491" next="#ID_1492"> Der alte Hortus Delieiarum, ein ergötzliches illustrirtes mittelalterliches<lb/>
Buch, verfaßt von einer muntern Nonne, ist bei der Belagerung Straßburg's<lb/>
mit der dortigen Universitätsbibliothek verbrannt. Der neue soll &#x201E;das Tollste<lb/>
und Vollste" enthalten, &#x201E;was den deutschen Poeten einst in humoristischer Art,<lb/>
im Uebermuth der Jugend, im Schwung der Manneskraft, in jovialer Seni-<lb/>
lität gelungen ist; denn Jeder hat einmal aus Bedürfniß einen sehr guten<lb/>
Purzelbaum geschlagen." Wir wollen abwarten, was die weiteren Lieferungen<lb/>
bringen und dann unfere Meinung sagen. Unter dem bis jetzt Vorliegenden<lb/>
ist mancher recht hübsche Einfall neben dem Einen und dein Andern, was ein<lb/>
wenig nach erzwungener &#x201E;Tollheit und Vollheit" aussieht.  Allerliebst sind</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0523] ehren lassen. Wir bemerken noch, daß die Briefe an eine dein damaligen General verwandte Dame gerichtet waren, daß sie zuerst, ins Dänische übersetzt, in einer Kopenhagener Zeitung, dann in einer Rückübersetzung größtentheils im Februarheft der „Deutschen Rundschau" erschienen, und daß wir sie hier vollständig nach dem Originalmanuskript der Briefe vor uus haben. Die deutschen Volksbücher. Gesammelt und in ihrer ursprünglichen Echtheit wiederhergestellt von Karl Simrock. Erster Band. Frankfurt a. M. Verlag von Christian Winter. Gedruckt in diesem Jahr. Die deutschen Volksbücher existirten seit geraumer Zeit und bis auf das Simrock'sche Unternehmen in Ausgaben, die den ursprünglichen wenig oder gar nicht entsprachen. Die Solbrig'schen leisteten das irgend Mögliche in der Verballhornisirung dieser einfachen, naiven Erzählungen und Gedichte. Auch eine spätere leipziger Ausgabe scheint nur von dem Grundsatze: „Schlecht, aber wohlfeil" ausgegangen zu sein, und, war sie nicht so langweilig und manierirt wie die Solbrig'sche Leistung, so war sie wenigstens eine arge Ver¬ stümmelung des Urtextes. Hier aber bekommen wir diese kleinen Bücher in sorgfältig nach den ältesten Ausgaben berichtigten und somit völlig unbeschnit¬ tenen und unentstellten Texten, und da dieselben großentheils wahre Kleinode der Volksliteratur sind, so sollten sie, zumal sie auch in anständiger Ausstat¬ tung auftreten und verhältnißmäßig wohlfeil sind, keiner Privatbibliothek fehlen. Wir fügen noch hinzu, daß der erste Band das Lied von „Heinrich dem Löwen", „Die schöne Magellone", die Dichtung „Reineke Fuchs" und „Geno- vefa" enthält, und hoffen, daß diesen bald die übrigen Volksbücher folgen werden, welche der Herausgeber erneuten Abdrucks für werth gehalten hat. Hortus Deliciarum. Für deutschen Humor gepflanzt von L. Eichrodt. Erster Spaziergang. Eröffnet durch Moritz Schaumburg in Lahr. 1877. Der alte Hortus Delieiarum, ein ergötzliches illustrirtes mittelalterliches Buch, verfaßt von einer muntern Nonne, ist bei der Belagerung Straßburg's mit der dortigen Universitätsbibliothek verbrannt. Der neue soll „das Tollste und Vollste" enthalten, „was den deutschen Poeten einst in humoristischer Art, im Uebermuth der Jugend, im Schwung der Manneskraft, in jovialer Seni- lität gelungen ist; denn Jeder hat einmal aus Bedürfniß einen sehr guten Purzelbaum geschlagen." Wir wollen abwarten, was die weiteren Lieferungen bringen und dann unfere Meinung sagen. Unter dem bis jetzt Vorliegenden ist mancher recht hübsche Einfall neben dem Einen und dein Andern, was ein wenig nach erzwungener „Tollheit und Vollheit" aussieht. Allerliebst sind

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/523
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/523>, abgerufen am 26.05.2024.