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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Eugen IV. erhielten. Denn die Geistlichkeit war zu jener Zeit der angesehenste
unter den Standen des Landes; ihr Votum war meistens auch für die Ritter¬
schaft bestimmend; indem daher der Kurfürst die Landes-Geistlichkeit seinem
Einflüsse unterwarf, hatte er kaum uoch eine ernstliche Opposition von den
Ständen seines Landes zu besorgen.

Die so wichtigen Bewilligungen des Papstes Eugen IV. waren, wie be¬
merkt, nur dadurch veranlaßt, daß der Papst die Fürsten abhalten wollte, das
Konzil zu Basel zu unterstützen; ohne den Zusammentritt dieses Konzils würden
sie wahrscheinlich niemals ertheilt worden sein. Man darf daher wohl be¬
haupten, daß dieses Konzil indirekt von höchster Bedeutung für die Befestigung
der hohenzollerschen Herrschaft in der Mark gewesen ist und daß Friedrich I.,
indem er mit der größten Gefahr für sich selbst und durch jahrelange Be¬
mühungen für den Zusammentritt dieses Konzils gewirkt hat, in der That,
wenn auch ohne die ganze Tragweite seines Handelns voraussehen zu können,
sehr erheblich zur Begründung der Macht seiner Nachkommen beigetragen hat.


C. Silberschlag.


KauKasien und seine Bewohner.
Von Alb in Ko du.

Schon der jüdische Mythus kennt den Kaukasus, denn er bezeichnet den
Arrarat als den Berg, auf welchem die Arche Noa's nach der Sündfluth fest
sitzen blieb, von welchem also neue Menschengeschlechter, drei neue Racen hin¬
abstiegen, um die durch Gottes Zorn entvölkerte Erde abermals mit einem
M'um, wenn auch nicht sündenlosen Geschlecht zu bevölkern. Die griechische
Mythe schmiedet Prometheus an einen Felsen des Kaukasus, weil er sich gegen
Heus empört hatte, sendet die Argonauten nach Kolchis, um von dort das
goldene Vließ zu holen, und Herodot bevölkert Kaukasien mit den kriegerischen
Amazonen und den stets zu Pferde herumschweifenden Skythen. In späteren,
historischen Zeiten rangen hier Assyrier, Perser, Aegypter, Macedonier, Grie¬
che, Araber, Byzantiner, dann die Genuesen und andere arische und nicht
mische Völker um die Herrschaft und tränkten den Boden reichlich mit dem
Blute der Bewohner, die sie wechselseitig ihrer Herrschaft unterwarfen und
denen in ewigem Wechsel die Kultur, der Glauben und Aberglauben dieser
Völker aufgezwungen wurde. Mit den eben aufgezählten Völkern kamen auch


Grenzboten IV. 1877. 49

Eugen IV. erhielten. Denn die Geistlichkeit war zu jener Zeit der angesehenste
unter den Standen des Landes; ihr Votum war meistens auch für die Ritter¬
schaft bestimmend; indem daher der Kurfürst die Landes-Geistlichkeit seinem
Einflüsse unterwarf, hatte er kaum uoch eine ernstliche Opposition von den
Ständen seines Landes zu besorgen.

Die so wichtigen Bewilligungen des Papstes Eugen IV. waren, wie be¬
merkt, nur dadurch veranlaßt, daß der Papst die Fürsten abhalten wollte, das
Konzil zu Basel zu unterstützen; ohne den Zusammentritt dieses Konzils würden
sie wahrscheinlich niemals ertheilt worden sein. Man darf daher wohl be¬
haupten, daß dieses Konzil indirekt von höchster Bedeutung für die Befestigung
der hohenzollerschen Herrschaft in der Mark gewesen ist und daß Friedrich I.,
indem er mit der größten Gefahr für sich selbst und durch jahrelange Be¬
mühungen für den Zusammentritt dieses Konzils gewirkt hat, in der That,
wenn auch ohne die ganze Tragweite seines Handelns voraussehen zu können,
sehr erheblich zur Begründung der Macht seiner Nachkommen beigetragen hat.


C. Silberschlag.


KauKasien und seine Bewohner.
Von Alb in Ko du.

Schon der jüdische Mythus kennt den Kaukasus, denn er bezeichnet den
Arrarat als den Berg, auf welchem die Arche Noa's nach der Sündfluth fest
sitzen blieb, von welchem also neue Menschengeschlechter, drei neue Racen hin¬
abstiegen, um die durch Gottes Zorn entvölkerte Erde abermals mit einem
M'um, wenn auch nicht sündenlosen Geschlecht zu bevölkern. Die griechische
Mythe schmiedet Prometheus an einen Felsen des Kaukasus, weil er sich gegen
Heus empört hatte, sendet die Argonauten nach Kolchis, um von dort das
goldene Vließ zu holen, und Herodot bevölkert Kaukasien mit den kriegerischen
Amazonen und den stets zu Pferde herumschweifenden Skythen. In späteren,
historischen Zeiten rangen hier Assyrier, Perser, Aegypter, Macedonier, Grie¬
che, Araber, Byzantiner, dann die Genuesen und andere arische und nicht
mische Völker um die Herrschaft und tränkten den Boden reichlich mit dem
Blute der Bewohner, die sie wechselseitig ihrer Herrschaft unterwarfen und
denen in ewigem Wechsel die Kultur, der Glauben und Aberglauben dieser
Völker aufgezwungen wurde. Mit den eben aufgezählten Völkern kamen auch


Grenzboten IV. 1877. 49
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[0389] Eugen IV. erhielten. Denn die Geistlichkeit war zu jener Zeit der angesehenste unter den Standen des Landes; ihr Votum war meistens auch für die Ritter¬ schaft bestimmend; indem daher der Kurfürst die Landes-Geistlichkeit seinem Einflüsse unterwarf, hatte er kaum uoch eine ernstliche Opposition von den Ständen seines Landes zu besorgen. Die so wichtigen Bewilligungen des Papstes Eugen IV. waren, wie be¬ merkt, nur dadurch veranlaßt, daß der Papst die Fürsten abhalten wollte, das Konzil zu Basel zu unterstützen; ohne den Zusammentritt dieses Konzils würden sie wahrscheinlich niemals ertheilt worden sein. Man darf daher wohl be¬ haupten, daß dieses Konzil indirekt von höchster Bedeutung für die Befestigung der hohenzollerschen Herrschaft in der Mark gewesen ist und daß Friedrich I., indem er mit der größten Gefahr für sich selbst und durch jahrelange Be¬ mühungen für den Zusammentritt dieses Konzils gewirkt hat, in der That, wenn auch ohne die ganze Tragweite seines Handelns voraussehen zu können, sehr erheblich zur Begründung der Macht seiner Nachkommen beigetragen hat. C. Silberschlag. KauKasien und seine Bewohner. Von Alb in Ko du. Schon der jüdische Mythus kennt den Kaukasus, denn er bezeichnet den Arrarat als den Berg, auf welchem die Arche Noa's nach der Sündfluth fest sitzen blieb, von welchem also neue Menschengeschlechter, drei neue Racen hin¬ abstiegen, um die durch Gottes Zorn entvölkerte Erde abermals mit einem M'um, wenn auch nicht sündenlosen Geschlecht zu bevölkern. Die griechische Mythe schmiedet Prometheus an einen Felsen des Kaukasus, weil er sich gegen Heus empört hatte, sendet die Argonauten nach Kolchis, um von dort das goldene Vließ zu holen, und Herodot bevölkert Kaukasien mit den kriegerischen Amazonen und den stets zu Pferde herumschweifenden Skythen. In späteren, historischen Zeiten rangen hier Assyrier, Perser, Aegypter, Macedonier, Grie¬ che, Araber, Byzantiner, dann die Genuesen und andere arische und nicht mische Völker um die Herrschaft und tränkten den Boden reichlich mit dem Blute der Bewohner, die sie wechselseitig ihrer Herrschaft unterwarfen und denen in ewigem Wechsel die Kultur, der Glauben und Aberglauben dieser Völker aufgezwungen wurde. Mit den eben aufgezählten Völkern kamen auch Grenzboten IV. 1877. 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/389>, abgerufen am 05.05.2024.