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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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überhaupt müsse sie gegen die Bezeichnung "ultramontan" protestiren. Die
unter vollem Beifall des Hauses ertheilte Antwort des Staatsministers ließ
nichts zu wünschen übrig, weder an Energie noch an Unumwundenheit. Er
nehme kein Wort zurück -- so erklärte der Minister -- von Allem, was er
damals gesagt habe. Der Ultramontanismus sei reaktionär und selbst wenn
die Ultramontanen, in die Regierung eingetreten, ihre Verheißungen von Frei¬
heit und dergl. erfüllen wollten, könnten sie nicht, denn sie seien abhängig von
einer auswärtigen reaktionären Macht. Ob solcher Rede geriethen die Herren
rein außer sich, indem sie drohten, den Saal zu verlassen, wenn man sie ferner
noch Ultramontane nenne. Und das Ende von dem Allem? Das Präsidium
wahrte das Recht des Gebrauchs der Bezeichnung "ultramontan" und die
Herren sind nicht fortgelaufen. Wir aber hundelt mit Freuden diese neue,
wenig ruhmvolle Niederlage, und sagen der ultramontanen Partei Dank für
den scharfen und radikalen Schnitt, mit dem sie das Tischtuch zwischen sich
und dem Ministerium Turban zertrennt hat. Der Schnitt wurde auch
höheren Ortes beachtet und es ist bis dahin der Wunsch auf Herstellung einer
verbindenden Neith nicht kund geworden. Huoä donum ka>ii8tu.in tslix^us
Hr. sit!




Jon deutschen Ueichstage und preußischen Landtage.

Seit dem Abschluß der Debatten über die Stellvertretungsvorlage hat
der Reichstag nur noch zwei Sitzungen halten können, um alsdann für eine
Woche dem preußischen Landtage Platz zu machen. Von positiver Arbeit ist
aus diesen beiden Tagen nur die Fortsetzung der Spezialberathung des Reichs¬
haushaltsetats zu erwähnen. Das Hauptinteresse konzentrirte sich dabei auf
die Etats der Zölle und Verbrauchssteuern und der Marineverwaltung. In
Beiden sind erhebliche Ersparnisse erzielt worden, bei den Zöllen und Ver¬
brauchssteuern durch Höheransetzung der Einnahme, bei der Marine durch Ver¬
minderung der in Aussicht genommenen Ausgaben. Schon im vorigen Jahr
hatte man beschlossen, bei der Abschätzung des Ertrags der Zölle und Ver¬
brauchssteuern nicht nur, wie bisher geschehen, den Durchschnitt des Jstergeb-
nisses der drei Vorjahre zu Grunde zu legen, sondern auch auf das inzwischen
erfolgte Wachsthum der Bevölkerungsziffer Rücksicht zu nehmen. Man hat
jetzt dies Prinzip durchgeführt, und demgemäß die in der Regierungsvorlage


überhaupt müsse sie gegen die Bezeichnung „ultramontan" protestiren. Die
unter vollem Beifall des Hauses ertheilte Antwort des Staatsministers ließ
nichts zu wünschen übrig, weder an Energie noch an Unumwundenheit. Er
nehme kein Wort zurück — so erklärte der Minister — von Allem, was er
damals gesagt habe. Der Ultramontanismus sei reaktionär und selbst wenn
die Ultramontanen, in die Regierung eingetreten, ihre Verheißungen von Frei¬
heit und dergl. erfüllen wollten, könnten sie nicht, denn sie seien abhängig von
einer auswärtigen reaktionären Macht. Ob solcher Rede geriethen die Herren
rein außer sich, indem sie drohten, den Saal zu verlassen, wenn man sie ferner
noch Ultramontane nenne. Und das Ende von dem Allem? Das Präsidium
wahrte das Recht des Gebrauchs der Bezeichnung „ultramontan" und die
Herren sind nicht fortgelaufen. Wir aber hundelt mit Freuden diese neue,
wenig ruhmvolle Niederlage, und sagen der ultramontanen Partei Dank für
den scharfen und radikalen Schnitt, mit dem sie das Tischtuch zwischen sich
und dem Ministerium Turban zertrennt hat. Der Schnitt wurde auch
höheren Ortes beachtet und es ist bis dahin der Wunsch auf Herstellung einer
verbindenden Neith nicht kund geworden. Huoä donum ka>ii8tu.in tslix^us
Hr. sit!




Jon deutschen Ueichstage und preußischen Landtage.

Seit dem Abschluß der Debatten über die Stellvertretungsvorlage hat
der Reichstag nur noch zwei Sitzungen halten können, um alsdann für eine
Woche dem preußischen Landtage Platz zu machen. Von positiver Arbeit ist
aus diesen beiden Tagen nur die Fortsetzung der Spezialberathung des Reichs¬
haushaltsetats zu erwähnen. Das Hauptinteresse konzentrirte sich dabei auf
die Etats der Zölle und Verbrauchssteuern und der Marineverwaltung. In
Beiden sind erhebliche Ersparnisse erzielt worden, bei den Zöllen und Ver¬
brauchssteuern durch Höheransetzung der Einnahme, bei der Marine durch Ver¬
minderung der in Aussicht genommenen Ausgaben. Schon im vorigen Jahr
hatte man beschlossen, bei der Abschätzung des Ertrags der Zölle und Ver¬
brauchssteuern nicht nur, wie bisher geschehen, den Durchschnitt des Jstergeb-
nisses der drei Vorjahre zu Grunde zu legen, sondern auch auf das inzwischen
erfolgte Wachsthum der Bevölkerungsziffer Rücksicht zu nehmen. Man hat
jetzt dies Prinzip durchgeführt, und demgemäß die in der Regierungsvorlage


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/525>, abgerufen am 29.04.2024.