Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Ms dem Leben des Europäers im tropischen
WestafriKa.
Von Herman Soyaux. 2. Am Strande.

Der Meeresstrand! In gewaltigem Donnerwurf schnellt die atlantische
See ihre Wogenanslünfer an das Gestade; unendlich dehnt die fluthende Fläche
sich hin, ein Bindeglied zwischen Europas kulturblühenden Ufern und dem
wilden Lande, ein Träger, Beförderer und Verbreiter indogermanischer Civili¬
sation! Neckisch schleudert der frische Windhauch die Schcuunflocken der brau¬
senden Brandung, wie einen Gruß ans arbeitsreichen Zonen bis hinauf in
das dichte Grün von Eiskräutern, Bohnen und Trichterwinden am Strande.
Nicht weit vom Ufer, durch einen schmalen Pfad, der durch das teppichartig
niedrige und dichte Ufergriin sich hinschlängelt, mit dem Gestade verbunden,
steht auf einer Anhöhe eine Faktorei, eine stattliche Niederlassung, deren Aeußeres
schon von Gesittung spricht und verräth, daß lebensfrohe, arbeitsame Männer
sie bewohnen. Ein schöner Ban mit oberem Gelaß schaut weit hinaus über
den Ozean, rechts und links von Fächerpalmen umrahmt, die unabsehbar den
Strand uach Norden und Süden umsäumen.

Wie freundlich einladend und anheimelnd sieht das Haus drein! Hier
nichts von den zerzausten, unbestimmten Kontouren eines Blätterdaches und
von Graswänden, nichts von dem Grau und Braun, wie an jenem Haus im
Walde, sondern alles schön scharf abgegrenzt auf dem liebereichen Hintergrund
einer mit Gebüschen und einzelnen Bäumen überstreuten Savaue, Formen,
welche die Arbeit geschickter Menschen plastischer zum Ausdruck bringen, Farben,
licht und hell, wie sie in ein heiteres Naturbild passen; -- mit Lust und
Wohlgefallen ruht unser Auge auf dem hübschen Gebäude, vor dem an hohem
Mastbaum die Farben Alt-Englands im Hauch der Seebrise lustig flatternd
hin und her wallen. --

Das Hans ist ganz ans Holz gebaut, aus Brettern und Balken, eines
jener Blockhäuser, wie sie auseinander genommen von Amerika herüberkommen
und hier von Negern uuter Aufsicht eines Schiffszimmermanns zusammengesetzt
oder auch genau ebenso schön und stattlich aus einheimischen Material und
von schwarzen Arbeitern errichtet werden. Die Bretter der Wände sind sorg¬
fältig aneiucmdergefügt und schön glatt gehobelt, die Thüren und Fenster, die
letzteren haben sogar Glasscheiben, schließen gilt und find zierlich umrahmt,


Ms dem Leben des Europäers im tropischen
WestafriKa.
Von Herman Soyaux. 2. Am Strande.

Der Meeresstrand! In gewaltigem Donnerwurf schnellt die atlantische
See ihre Wogenanslünfer an das Gestade; unendlich dehnt die fluthende Fläche
sich hin, ein Bindeglied zwischen Europas kulturblühenden Ufern und dem
wilden Lande, ein Träger, Beförderer und Verbreiter indogermanischer Civili¬
sation! Neckisch schleudert der frische Windhauch die Schcuunflocken der brau¬
senden Brandung, wie einen Gruß ans arbeitsreichen Zonen bis hinauf in
das dichte Grün von Eiskräutern, Bohnen und Trichterwinden am Strande.
Nicht weit vom Ufer, durch einen schmalen Pfad, der durch das teppichartig
niedrige und dichte Ufergriin sich hinschlängelt, mit dem Gestade verbunden,
steht auf einer Anhöhe eine Faktorei, eine stattliche Niederlassung, deren Aeußeres
schon von Gesittung spricht und verräth, daß lebensfrohe, arbeitsame Männer
sie bewohnen. Ein schöner Ban mit oberem Gelaß schaut weit hinaus über
den Ozean, rechts und links von Fächerpalmen umrahmt, die unabsehbar den
Strand uach Norden und Süden umsäumen.

Wie freundlich einladend und anheimelnd sieht das Haus drein! Hier
nichts von den zerzausten, unbestimmten Kontouren eines Blätterdaches und
von Graswänden, nichts von dem Grau und Braun, wie an jenem Haus im
Walde, sondern alles schön scharf abgegrenzt auf dem liebereichen Hintergrund
einer mit Gebüschen und einzelnen Bäumen überstreuten Savaue, Formen,
welche die Arbeit geschickter Menschen plastischer zum Ausdruck bringen, Farben,
licht und hell, wie sie in ein heiteres Naturbild passen; — mit Lust und
Wohlgefallen ruht unser Auge auf dem hübschen Gebäude, vor dem an hohem
Mastbaum die Farben Alt-Englands im Hauch der Seebrise lustig flatternd
hin und her wallen. —

Das Hans ist ganz ans Holz gebaut, aus Brettern und Balken, eines
jener Blockhäuser, wie sie auseinander genommen von Amerika herüberkommen
und hier von Negern uuter Aufsicht eines Schiffszimmermanns zusammengesetzt
oder auch genau ebenso schön und stattlich aus einheimischen Material und
von schwarzen Arbeitern errichtet werden. Die Bretter der Wände sind sorg¬
fältig aneiucmdergefügt und schön glatt gehobelt, die Thüren und Fenster, die
letzteren haben sogar Glasscheiben, schließen gilt und find zierlich umrahmt,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0059" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140410"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ms dem Leben des Europäers im tropischen<lb/>
WestafriKa.<lb/><note type="byline"> Von Herman Soyaux.</note> 2. Am Strande.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_164"> Der Meeresstrand! In gewaltigem Donnerwurf schnellt die atlantische<lb/>
See ihre Wogenanslünfer an das Gestade; unendlich dehnt die fluthende Fläche<lb/>
sich hin, ein Bindeglied zwischen Europas kulturblühenden Ufern und dem<lb/>
wilden Lande, ein Träger, Beförderer und Verbreiter indogermanischer Civili¬<lb/>
sation! Neckisch schleudert der frische Windhauch die Schcuunflocken der brau¬<lb/>
senden Brandung, wie einen Gruß ans arbeitsreichen Zonen bis hinauf in<lb/>
das dichte Grün von Eiskräutern, Bohnen und Trichterwinden am Strande.<lb/>
Nicht weit vom Ufer, durch einen schmalen Pfad, der durch das teppichartig<lb/>
niedrige und dichte Ufergriin sich hinschlängelt, mit dem Gestade verbunden,<lb/>
steht auf einer Anhöhe eine Faktorei, eine stattliche Niederlassung, deren Aeußeres<lb/>
schon von Gesittung spricht und verräth, daß lebensfrohe, arbeitsame Männer<lb/>
sie bewohnen. Ein schöner Ban mit oberem Gelaß schaut weit hinaus über<lb/>
den Ozean, rechts und links von Fächerpalmen umrahmt, die unabsehbar den<lb/>
Strand uach Norden und Süden umsäumen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_165"> Wie freundlich einladend und anheimelnd sieht das Haus drein! Hier<lb/>
nichts von den zerzausten, unbestimmten Kontouren eines Blätterdaches und<lb/>
von Graswänden, nichts von dem Grau und Braun, wie an jenem Haus im<lb/>
Walde, sondern alles schön scharf abgegrenzt auf dem liebereichen Hintergrund<lb/>
einer mit Gebüschen und einzelnen Bäumen überstreuten Savaue, Formen,<lb/>
welche die Arbeit geschickter Menschen plastischer zum Ausdruck bringen, Farben,<lb/>
licht und hell, wie sie in ein heiteres Naturbild passen; &#x2014; mit Lust und<lb/>
Wohlgefallen ruht unser Auge auf dem hübschen Gebäude, vor dem an hohem<lb/>
Mastbaum die Farben Alt-Englands im Hauch der Seebrise lustig flatternd<lb/>
hin und her wallen. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_166" next="#ID_167"> Das Hans ist ganz ans Holz gebaut, aus Brettern und Balken, eines<lb/>
jener Blockhäuser, wie sie auseinander genommen von Amerika herüberkommen<lb/>
und hier von Negern uuter Aufsicht eines Schiffszimmermanns zusammengesetzt<lb/>
oder auch genau ebenso schön und stattlich aus einheimischen Material und<lb/>
von schwarzen Arbeitern errichtet werden. Die Bretter der Wände sind sorg¬<lb/>
fältig aneiucmdergefügt und schön glatt gehobelt, die Thüren und Fenster, die<lb/>
letzteren haben sogar Glasscheiben, schließen gilt und find zierlich umrahmt,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0059] Ms dem Leben des Europäers im tropischen WestafriKa. Von Herman Soyaux. 2. Am Strande. Der Meeresstrand! In gewaltigem Donnerwurf schnellt die atlantische See ihre Wogenanslünfer an das Gestade; unendlich dehnt die fluthende Fläche sich hin, ein Bindeglied zwischen Europas kulturblühenden Ufern und dem wilden Lande, ein Träger, Beförderer und Verbreiter indogermanischer Civili¬ sation! Neckisch schleudert der frische Windhauch die Schcuunflocken der brau¬ senden Brandung, wie einen Gruß ans arbeitsreichen Zonen bis hinauf in das dichte Grün von Eiskräutern, Bohnen und Trichterwinden am Strande. Nicht weit vom Ufer, durch einen schmalen Pfad, der durch das teppichartig niedrige und dichte Ufergriin sich hinschlängelt, mit dem Gestade verbunden, steht auf einer Anhöhe eine Faktorei, eine stattliche Niederlassung, deren Aeußeres schon von Gesittung spricht und verräth, daß lebensfrohe, arbeitsame Männer sie bewohnen. Ein schöner Ban mit oberem Gelaß schaut weit hinaus über den Ozean, rechts und links von Fächerpalmen umrahmt, die unabsehbar den Strand uach Norden und Süden umsäumen. Wie freundlich einladend und anheimelnd sieht das Haus drein! Hier nichts von den zerzausten, unbestimmten Kontouren eines Blätterdaches und von Graswänden, nichts von dem Grau und Braun, wie an jenem Haus im Walde, sondern alles schön scharf abgegrenzt auf dem liebereichen Hintergrund einer mit Gebüschen und einzelnen Bäumen überstreuten Savaue, Formen, welche die Arbeit geschickter Menschen plastischer zum Ausdruck bringen, Farben, licht und hell, wie sie in ein heiteres Naturbild passen; — mit Lust und Wohlgefallen ruht unser Auge auf dem hübschen Gebäude, vor dem an hohem Mastbaum die Farben Alt-Englands im Hauch der Seebrise lustig flatternd hin und her wallen. — Das Hans ist ganz ans Holz gebaut, aus Brettern und Balken, eines jener Blockhäuser, wie sie auseinander genommen von Amerika herüberkommen und hier von Negern uuter Aufsicht eines Schiffszimmermanns zusammengesetzt oder auch genau ebenso schön und stattlich aus einheimischen Material und von schwarzen Arbeitern errichtet werden. Die Bretter der Wände sind sorg¬ fältig aneiucmdergefügt und schön glatt gehobelt, die Thüren und Fenster, die letzteren haben sogar Glasscheiben, schließen gilt und find zierlich umrahmt,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/59
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/59>, abgerufen am 04.05.2024.