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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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hörte Wendung, aber doch nicht so unerklärlich, und für uns wäre es recht
nützlich, wenn wir den Katholiken als das erschienen, was wir in Wirklichkeit
sind, als die einzige Macht gegenwärtig, die dem obersten Fürsten ihrer Kirche
Schutz gewähren könnte und wollte. Stofflet und Charette und ihre Zuaven,
die gingen gleich nach Hause. Für die Opposition der Ultramontanen hörte
jeder Vorwand auf -- in Belgien, in Baiern. Malinkrott träte auf die Seite
der Regierung."---"Uebrigens mögen Leute mit vorwiegender Phan¬
tasie, besonders Frauen, in Rom beim Anblicke des Ponys und des Weihrauchs
des Katholicismus und des Papstes auf seinem Thron und mit seinem Segen
Neigung empfinden, katholisch zu werden. In Deutschland, wo man den Papst
vor Augen hätte als hülfesuchenden Greis, als guten alten Herrn, als einen
der Bischöfe, der wie die andern ißt und trinkt, eine Prise nimmt, wohl gar
auch seine Cigarre raucht -- da hat's keine so große Gefahr." -- "Na und
schließlich, wenn nun auch etliche Leute in Deutschland wieder katholisch würden
ich werd's nicht -- so hätte das nicht viel zu bedeuten, wenn sie nur
gläubige Christen wären. Die Konfessionen machen's nicht, sondern der Glaube.
Man mich toleranter denken."--Er entwickelte diese Gedanken in in¬
teressantester, hier aber nicht mittheilbarer Weise noch weiter."

Vielleicht geben wir später noch einige Proben, was der Verfasser uns
vom Hauptgegenstande seines Berichts zu erzählen hat. Für heute wollen wir
nur auf den ganz außerordentlichen Reichthum des Buches an merkwürdigen
Aeußerungen des Kanzlers aufmerksam gemacht haben und unsere Ueberzeugung
aussprechen, daß dasselbe, da es nicht blos für Politiker und Historiker von
Profession, sondern zugleich für das große gebildete Publikum geschrieben ist,
in keiner Bibliothek sehlen sollte, die Anspruch darauf macht, eine gute zu sem.


L. H.


Im MtiK des gegenwärtigen Kunstgeweröes.
i.
Die Monogrcimmen-Manie.

Trotz der erfreulichen Reformen, die im Laufe der letzten Jahre in vielen
Zweigen des Gewerbes hervorgetreten sind, gibt es doch noch auf diesem Ge¬
biete eine ganze Reihe von Erscheinungen, ja selbst ganze gewerbliche Branchen,
die von jenen auf Geschmacksverbesserung gerichteten Bestrebungen so gut wie
unberührt geblieben sind, auf die die Kreise, von denen jene Bestrebungen


hörte Wendung, aber doch nicht so unerklärlich, und für uns wäre es recht
nützlich, wenn wir den Katholiken als das erschienen, was wir in Wirklichkeit
sind, als die einzige Macht gegenwärtig, die dem obersten Fürsten ihrer Kirche
Schutz gewähren könnte und wollte. Stofflet und Charette und ihre Zuaven,
die gingen gleich nach Hause. Für die Opposition der Ultramontanen hörte
jeder Vorwand auf — in Belgien, in Baiern. Malinkrott träte auf die Seite
der Regierung."---„Uebrigens mögen Leute mit vorwiegender Phan¬
tasie, besonders Frauen, in Rom beim Anblicke des Ponys und des Weihrauchs
des Katholicismus und des Papstes auf seinem Thron und mit seinem Segen
Neigung empfinden, katholisch zu werden. In Deutschland, wo man den Papst
vor Augen hätte als hülfesuchenden Greis, als guten alten Herrn, als einen
der Bischöfe, der wie die andern ißt und trinkt, eine Prise nimmt, wohl gar
auch seine Cigarre raucht — da hat's keine so große Gefahr." — „Na und
schließlich, wenn nun auch etliche Leute in Deutschland wieder katholisch würden
ich werd's nicht — so hätte das nicht viel zu bedeuten, wenn sie nur
gläubige Christen wären. Die Konfessionen machen's nicht, sondern der Glaube.
Man mich toleranter denken."--Er entwickelte diese Gedanken in in¬
teressantester, hier aber nicht mittheilbarer Weise noch weiter."

Vielleicht geben wir später noch einige Proben, was der Verfasser uns
vom Hauptgegenstande seines Berichts zu erzählen hat. Für heute wollen wir
nur auf den ganz außerordentlichen Reichthum des Buches an merkwürdigen
Aeußerungen des Kanzlers aufmerksam gemacht haben und unsere Ueberzeugung
aussprechen, daß dasselbe, da es nicht blos für Politiker und Historiker von
Profession, sondern zugleich für das große gebildete Publikum geschrieben ist,
in keiner Bibliothek sehlen sollte, die Anspruch darauf macht, eine gute zu sem.


L. H.


Im MtiK des gegenwärtigen Kunstgeweröes.
i.
Die Monogrcimmen-Manie.

Trotz der erfreulichen Reformen, die im Laufe der letzten Jahre in vielen
Zweigen des Gewerbes hervorgetreten sind, gibt es doch noch auf diesem Ge¬
biete eine ganze Reihe von Erscheinungen, ja selbst ganze gewerbliche Branchen,
die von jenen auf Geschmacksverbesserung gerichteten Bestrebungen so gut wie
unberührt geblieben sind, auf die die Kreise, von denen jene Bestrebungen


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[0279] hörte Wendung, aber doch nicht so unerklärlich, und für uns wäre es recht nützlich, wenn wir den Katholiken als das erschienen, was wir in Wirklichkeit sind, als die einzige Macht gegenwärtig, die dem obersten Fürsten ihrer Kirche Schutz gewähren könnte und wollte. Stofflet und Charette und ihre Zuaven, die gingen gleich nach Hause. Für die Opposition der Ultramontanen hörte jeder Vorwand auf — in Belgien, in Baiern. Malinkrott träte auf die Seite der Regierung."---„Uebrigens mögen Leute mit vorwiegender Phan¬ tasie, besonders Frauen, in Rom beim Anblicke des Ponys und des Weihrauchs des Katholicismus und des Papstes auf seinem Thron und mit seinem Segen Neigung empfinden, katholisch zu werden. In Deutschland, wo man den Papst vor Augen hätte als hülfesuchenden Greis, als guten alten Herrn, als einen der Bischöfe, der wie die andern ißt und trinkt, eine Prise nimmt, wohl gar auch seine Cigarre raucht — da hat's keine so große Gefahr." — „Na und schließlich, wenn nun auch etliche Leute in Deutschland wieder katholisch würden ich werd's nicht — so hätte das nicht viel zu bedeuten, wenn sie nur gläubige Christen wären. Die Konfessionen machen's nicht, sondern der Glaube. Man mich toleranter denken."--Er entwickelte diese Gedanken in in¬ teressantester, hier aber nicht mittheilbarer Weise noch weiter." Vielleicht geben wir später noch einige Proben, was der Verfasser uns vom Hauptgegenstande seines Berichts zu erzählen hat. Für heute wollen wir nur auf den ganz außerordentlichen Reichthum des Buches an merkwürdigen Aeußerungen des Kanzlers aufmerksam gemacht haben und unsere Ueberzeugung aussprechen, daß dasselbe, da es nicht blos für Politiker und Historiker von Profession, sondern zugleich für das große gebildete Publikum geschrieben ist, in keiner Bibliothek sehlen sollte, die Anspruch darauf macht, eine gute zu sem. L. H. Im MtiK des gegenwärtigen Kunstgeweröes. i. Die Monogrcimmen-Manie. Trotz der erfreulichen Reformen, die im Laufe der letzten Jahre in vielen Zweigen des Gewerbes hervorgetreten sind, gibt es doch noch auf diesem Ge¬ biete eine ganze Reihe von Erscheinungen, ja selbst ganze gewerbliche Branchen, die von jenen auf Geschmacksverbesserung gerichteten Bestrebungen so gut wie unberührt geblieben sind, auf die die Kreise, von denen jene Bestrebungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/279>, abgerufen am 29.04.2024.