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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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und glanzvoll das dritte Wort in diesen Reklamen ist, während von Gediegen¬
heit und gutem Geschmack noch niemand gesprochen hat -- dadurch, daß sie
besondere Ausstellungsgegenstände anfertigen und bei etwaiger Verlegenheit um
Muster sich mit ihren Aufträgen an das Leipziger Knustgewerbemuseum wenden.
Indeß, die Ausstellung ist beschlossene Sache, die Mittel sind garantirt, der
Platz für das Ausstellungsgebäude ist bestimmt, die Reklame arbeitet bereits
mit Hochdruck, gewisse Leute sehen sich schon im Geiste zum Dank für ihre
Verdienste als "Kommerzienrath" oder ihr Knopfloch mit einem hübschen Bänd¬
chen geziert, die Gewerbtreibenden werden sich massenhaft betheiligen, und auch
die guten Thüringer werden den Wunsch haben, zum "Glanz" der Ausstellung
das Ihre beizutragen. Nun ist die Meerschaumwaaren-Jndustrie, wie männig-
lich bekannt, in Thüringen ganz besonders zu Hanse. Ruhla allein schickt
mindestens ein Dutzend Meerschaumwaaren-Fabrikanten auf die Leipziger
Messen. Wenn also irgendwo in aller Eile noch etwas für die Sache gethan
werden könnte, so wäre es ans diesem Gebiete. Daß die absolute Geschmack¬
losigkeit, die zur Stunde noch in diesen: Gewerbszweige herrscht, auf einer
Kunstgewerbe-Attsstellung Einlaß finden sollte, können wir unmöglich glauben,
denn von Kunst ist ja die Rede gar nicht dabei; und wenn auch die Leipziger
Ansstellungs-Kommission, deren aesthetische Maßstäbe wir vorläufig noch nicht
kennen, ihr diesen Einlaß gewähren sollte, die Linie einer sachkundigen Kritik
H. A. Lucas. würden sie dann sicherlich nicht Passiren.


Literatur.

Jugendschriften. In K. Thienemann's Verlag (Julius Hoffmann) in
Stuttgart sind in mustergiltiger Ausstattung -- in ausgezeichnetem großem
Druck auf dem besten Papier -- als "Festgeschenk sür die deutsche Jugend"
Märchen und Sagen erschienen, die Julius Hoffmann ausgewählt und
"bearbeitet" hat. Die Auswahl müssen wir nur loben. Denn viele pas¬
sende Stücke, welche die bekanntesten Sagen- und Märchenbücher nicht enthalte",
hat der Verfasser mit Geschick und Takt seiner Sammlung einverleibt; so aus
den Palmblättern von Herder und Licbeskind "die Freunde", "Tai und Schenk",
"der Hirtenknabe", "der unglückliche Pfeilschuß"; von Peter Hebel läßt er "Hans
und Lise", von Hackländer "den Rothmäntel" und den "Zauberkrug", von Ottilie
Wildermuth "Heulpeterle", von Rob. Reinick "die Waldmühle", von I. A. C.
Löhr "die Rolandsknappen" und "die Brunnennixe" erzählen; daneben find auch
einige der tüchtigen Bearbeitungen A. Godin's, Bechstein's u. A. benützt. Da-


und glanzvoll das dritte Wort in diesen Reklamen ist, während von Gediegen¬
heit und gutem Geschmack noch niemand gesprochen hat — dadurch, daß sie
besondere Ausstellungsgegenstände anfertigen und bei etwaiger Verlegenheit um
Muster sich mit ihren Aufträgen an das Leipziger Knustgewerbemuseum wenden.
Indeß, die Ausstellung ist beschlossene Sache, die Mittel sind garantirt, der
Platz für das Ausstellungsgebäude ist bestimmt, die Reklame arbeitet bereits
mit Hochdruck, gewisse Leute sehen sich schon im Geiste zum Dank für ihre
Verdienste als „Kommerzienrath" oder ihr Knopfloch mit einem hübschen Bänd¬
chen geziert, die Gewerbtreibenden werden sich massenhaft betheiligen, und auch
die guten Thüringer werden den Wunsch haben, zum „Glanz" der Ausstellung
das Ihre beizutragen. Nun ist die Meerschaumwaaren-Jndustrie, wie männig-
lich bekannt, in Thüringen ganz besonders zu Hanse. Ruhla allein schickt
mindestens ein Dutzend Meerschaumwaaren-Fabrikanten auf die Leipziger
Messen. Wenn also irgendwo in aller Eile noch etwas für die Sache gethan
werden könnte, so wäre es ans diesem Gebiete. Daß die absolute Geschmack¬
losigkeit, die zur Stunde noch in diesen: Gewerbszweige herrscht, auf einer
Kunstgewerbe-Attsstellung Einlaß finden sollte, können wir unmöglich glauben,
denn von Kunst ist ja die Rede gar nicht dabei; und wenn auch die Leipziger
Ansstellungs-Kommission, deren aesthetische Maßstäbe wir vorläufig noch nicht
kennen, ihr diesen Einlaß gewähren sollte, die Linie einer sachkundigen Kritik
H. A. Lucas. würden sie dann sicherlich nicht Passiren.


Literatur.

Jugendschriften. In K. Thienemann's Verlag (Julius Hoffmann) in
Stuttgart sind in mustergiltiger Ausstattung — in ausgezeichnetem großem
Druck auf dem besten Papier — als „Festgeschenk sür die deutsche Jugend"
Märchen und Sagen erschienen, die Julius Hoffmann ausgewählt und
„bearbeitet" hat. Die Auswahl müssen wir nur loben. Denn viele pas¬
sende Stücke, welche die bekanntesten Sagen- und Märchenbücher nicht enthalte«,
hat der Verfasser mit Geschick und Takt seiner Sammlung einverleibt; so aus
den Palmblättern von Herder und Licbeskind „die Freunde", „Tai und Schenk",
„der Hirtenknabe", „der unglückliche Pfeilschuß"; von Peter Hebel läßt er „Hans
und Lise", von Hackländer „den Rothmäntel" und den „Zauberkrug", von Ottilie
Wildermuth „Heulpeterle", von Rob. Reinick „die Waldmühle", von I. A. C.
Löhr „die Rolandsknappen" und „die Brunnennixe" erzählen; daneben find auch
einige der tüchtigen Bearbeitungen A. Godin's, Bechstein's u. A. benützt. Da-


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[0362] und glanzvoll das dritte Wort in diesen Reklamen ist, während von Gediegen¬ heit und gutem Geschmack noch niemand gesprochen hat — dadurch, daß sie besondere Ausstellungsgegenstände anfertigen und bei etwaiger Verlegenheit um Muster sich mit ihren Aufträgen an das Leipziger Knustgewerbemuseum wenden. Indeß, die Ausstellung ist beschlossene Sache, die Mittel sind garantirt, der Platz für das Ausstellungsgebäude ist bestimmt, die Reklame arbeitet bereits mit Hochdruck, gewisse Leute sehen sich schon im Geiste zum Dank für ihre Verdienste als „Kommerzienrath" oder ihr Knopfloch mit einem hübschen Bänd¬ chen geziert, die Gewerbtreibenden werden sich massenhaft betheiligen, und auch die guten Thüringer werden den Wunsch haben, zum „Glanz" der Ausstellung das Ihre beizutragen. Nun ist die Meerschaumwaaren-Jndustrie, wie männig- lich bekannt, in Thüringen ganz besonders zu Hanse. Ruhla allein schickt mindestens ein Dutzend Meerschaumwaaren-Fabrikanten auf die Leipziger Messen. Wenn also irgendwo in aller Eile noch etwas für die Sache gethan werden könnte, so wäre es ans diesem Gebiete. Daß die absolute Geschmack¬ losigkeit, die zur Stunde noch in diesen: Gewerbszweige herrscht, auf einer Kunstgewerbe-Attsstellung Einlaß finden sollte, können wir unmöglich glauben, denn von Kunst ist ja die Rede gar nicht dabei; und wenn auch die Leipziger Ansstellungs-Kommission, deren aesthetische Maßstäbe wir vorläufig noch nicht kennen, ihr diesen Einlaß gewähren sollte, die Linie einer sachkundigen Kritik H. A. Lucas. würden sie dann sicherlich nicht Passiren. Literatur. Jugendschriften. In K. Thienemann's Verlag (Julius Hoffmann) in Stuttgart sind in mustergiltiger Ausstattung — in ausgezeichnetem großem Druck auf dem besten Papier — als „Festgeschenk sür die deutsche Jugend" Märchen und Sagen erschienen, die Julius Hoffmann ausgewählt und „bearbeitet" hat. Die Auswahl müssen wir nur loben. Denn viele pas¬ sende Stücke, welche die bekanntesten Sagen- und Märchenbücher nicht enthalte«, hat der Verfasser mit Geschick und Takt seiner Sammlung einverleibt; so aus den Palmblättern von Herder und Licbeskind „die Freunde", „Tai und Schenk", „der Hirtenknabe", „der unglückliche Pfeilschuß"; von Peter Hebel läßt er „Hans und Lise", von Hackländer „den Rothmäntel" und den „Zauberkrug", von Ottilie Wildermuth „Heulpeterle", von Rob. Reinick „die Waldmühle", von I. A. C. Löhr „die Rolandsknappen" und „die Brunnennixe" erzählen; daneben find auch einige der tüchtigen Bearbeitungen A. Godin's, Bechstein's u. A. benützt. Da-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/362>, abgerufen am 29.04.2024.