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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Es scheint, daß wir in unsern Gegenden wenigstens das Bild jener grö¬
ßern Uebel nicht entbehren sollen, es ist nur gut, daß es diesmal nur eine
Kinderkrankheit ist, von der hoffentlich die größte Anzahl der Patienten ge-
meßen wird.

In wenigen Tagen habe ich das Glück Ew. Erzbischhöffliche Gnaden
persönlich aufzuwarten und mir Ihre Befehle nach den Rhein- und Mayn-
gegenden zu erbitten.


Der ich mich pp.
W. d. 19. Juli 1792. Goethe, An
des Herrn Coadjutors Freyh. v. Dalberg
' Erzbifchöfliche Gnaden.
Dalberg*) an Goethe.

Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr Geheimderath. Ich danke Ew.
Hochwohlgeboren für die mitgetheilte Nachricht, deren wesentlicher Inhalt mir
bereits bekannt war. Diese kleine Stürme werden vorübergehen und die treff¬
lichen Anstalten in Jena werden bleiben. Bey jeder schicklichen Gelegenheit
werde ich die junge Leute zur Ruh, Ordnung und Verehrung ihrer Vorgesetzten
ernähren. Die Wahrheit und das eigne Wohl dieser Jugend legen mir diese
Pflicht auf. Ich freue mich, Ew. Hochwohlgeboren bald mündlich von der
großen Hochachtung zu versichern, mit der ich bin, Ew. Hochwohlgeboren er¬
gebenster aufrichtiger Diener

Erfurt d. 19. Juli 1792.


v. Dalberg.
Goethe's Niederschrift über den Studenten-Auszug.

Am 19. July 1792 kurz nach der Mittagsstunde^) begab sich Endesunter¬
zeichneter in das Gartenhaus der Kriegsseeretair Meyern***), um die Ankunft der
wandernden Studenten zu beobachten, Er fand den Schlagbaum des Kegel¬
thors niedergelassen, der Adjutant hielt vor demselben zu Pferde, zwey Husaren
an der Seite der Brücke gegen die Mühle zu. Man sah viele Menschen die
Chausee herunterkommen, es waren Weimciraner, welche die Neugierde den
jungen Abentheurern entgegengeführt hatte. Die nachfolgenden Studenten
konnte man, weil sie auch ohne Ordnung gingen, von dem Trupp nicht eher
unterscheiden, der vor ihnen her nach der Stadt eilte, als bis sie auf der





Eigenhändig.
**) Goethe war schon früh 6 Uhr in der Conscilsitzung gewesen.
***) Es lag an dem Ausgang der Gerbergasse an der Ilm, von wo ans man die alte
Straße von Jena übersehen konnte.

Es scheint, daß wir in unsern Gegenden wenigstens das Bild jener grö¬
ßern Uebel nicht entbehren sollen, es ist nur gut, daß es diesmal nur eine
Kinderkrankheit ist, von der hoffentlich die größte Anzahl der Patienten ge-
meßen wird.

In wenigen Tagen habe ich das Glück Ew. Erzbischhöffliche Gnaden
persönlich aufzuwarten und mir Ihre Befehle nach den Rhein- und Mayn-
gegenden zu erbitten.


Der ich mich pp.
W. d. 19. Juli 1792. Goethe, An
des Herrn Coadjutors Freyh. v. Dalberg
' Erzbifchöfliche Gnaden.
Dalberg*) an Goethe.

Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr Geheimderath. Ich danke Ew.
Hochwohlgeboren für die mitgetheilte Nachricht, deren wesentlicher Inhalt mir
bereits bekannt war. Diese kleine Stürme werden vorübergehen und die treff¬
lichen Anstalten in Jena werden bleiben. Bey jeder schicklichen Gelegenheit
werde ich die junge Leute zur Ruh, Ordnung und Verehrung ihrer Vorgesetzten
ernähren. Die Wahrheit und das eigne Wohl dieser Jugend legen mir diese
Pflicht auf. Ich freue mich, Ew. Hochwohlgeboren bald mündlich von der
großen Hochachtung zu versichern, mit der ich bin, Ew. Hochwohlgeboren er¬
gebenster aufrichtiger Diener

Erfurt d. 19. Juli 1792.


v. Dalberg.
Goethe's Niederschrift über den Studenten-Auszug.

Am 19. July 1792 kurz nach der Mittagsstunde^) begab sich Endesunter¬
zeichneter in das Gartenhaus der Kriegsseeretair Meyern***), um die Ankunft der
wandernden Studenten zu beobachten, Er fand den Schlagbaum des Kegel¬
thors niedergelassen, der Adjutant hielt vor demselben zu Pferde, zwey Husaren
an der Seite der Brücke gegen die Mühle zu. Man sah viele Menschen die
Chausee herunterkommen, es waren Weimciraner, welche die Neugierde den
jungen Abentheurern entgegengeführt hatte. Die nachfolgenden Studenten
konnte man, weil sie auch ohne Ordnung gingen, von dem Trupp nicht eher
unterscheiden, der vor ihnen her nach der Stadt eilte, als bis sie auf der





Eigenhändig.
**) Goethe war schon früh 6 Uhr in der Conscilsitzung gewesen.
***) Es lag an dem Ausgang der Gerbergasse an der Ilm, von wo ans man die alte
Straße von Jena übersehen konnte.
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[0046] Es scheint, daß wir in unsern Gegenden wenigstens das Bild jener grö¬ ßern Uebel nicht entbehren sollen, es ist nur gut, daß es diesmal nur eine Kinderkrankheit ist, von der hoffentlich die größte Anzahl der Patienten ge- meßen wird. In wenigen Tagen habe ich das Glück Ew. Erzbischhöffliche Gnaden persönlich aufzuwarten und mir Ihre Befehle nach den Rhein- und Mayn- gegenden zu erbitten. Der ich mich pp. W. d. 19. Juli 1792. Goethe, An des Herrn Coadjutors Freyh. v. Dalberg ' Erzbifchöfliche Gnaden. Dalberg*) an Goethe. Hochwohlgebohrner Hochgeehrtester Herr Geheimderath. Ich danke Ew. Hochwohlgeboren für die mitgetheilte Nachricht, deren wesentlicher Inhalt mir bereits bekannt war. Diese kleine Stürme werden vorübergehen und die treff¬ lichen Anstalten in Jena werden bleiben. Bey jeder schicklichen Gelegenheit werde ich die junge Leute zur Ruh, Ordnung und Verehrung ihrer Vorgesetzten ernähren. Die Wahrheit und das eigne Wohl dieser Jugend legen mir diese Pflicht auf. Ich freue mich, Ew. Hochwohlgeboren bald mündlich von der großen Hochachtung zu versichern, mit der ich bin, Ew. Hochwohlgeboren er¬ gebenster aufrichtiger Diener Erfurt d. 19. Juli 1792. v. Dalberg. Goethe's Niederschrift über den Studenten-Auszug. Am 19. July 1792 kurz nach der Mittagsstunde^) begab sich Endesunter¬ zeichneter in das Gartenhaus der Kriegsseeretair Meyern***), um die Ankunft der wandernden Studenten zu beobachten, Er fand den Schlagbaum des Kegel¬ thors niedergelassen, der Adjutant hielt vor demselben zu Pferde, zwey Husaren an der Seite der Brücke gegen die Mühle zu. Man sah viele Menschen die Chausee herunterkommen, es waren Weimciraner, welche die Neugierde den jungen Abentheurern entgegengeführt hatte. Die nachfolgenden Studenten konnte man, weil sie auch ohne Ordnung gingen, von dem Trupp nicht eher unterscheiden, der vor ihnen her nach der Stadt eilte, als bis sie auf der Eigenhändig. **) Goethe war schon früh 6 Uhr in der Conscilsitzung gewesen. ***) Es lag an dem Ausgang der Gerbergasse an der Ilm, von wo ans man die alte Straße von Jena übersehen konnte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/46>, abgerufen am 29.04.2024.