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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Bannsteins Ausgang.*)

Die Schlacht von Lützen war geschlagen, in den Staub gesunken der streit¬
bare Held, "der Löwe von Mitternacht", hinweggerissen mitten aus seinen Plänen,
im kräftigsten Mannesalter dahingerafft; bald ruhte seine Leiche in der stillen
Gruft der Kirche auf Riddarsholmen, umgeben von eroberten Fahnen. Laut
ging die Todtenklage durch alle evangelischen Lande; nicht wie einen Fremden,
wie einen Helden des eigenen Volks betrauerten ihn die Deutschen, und so rief
ihm Georg Weckherlin nach:


"Siegreich und selig zwar hat Dich, weil in der Schlacht
Du frei für Gottes Wort Dein theures Blut vergossen,
In die endlose Freud' und Ehr' Dein End gebracht;
Jedoch in Leid und Noth seind Deine Vund'sgenossen,
Weil Deine Herrschung Du mit Sieg, Triumph und Pracht
Dort in dem Himmelreich, anfangend hie, beschlossen."

Und doch starb Gustav Adolf zur rechten Zeit. Als er das Schwert zog
gegen Oesterreich, trotz des großen Umfangs seiner Lande ein kleiner Fürst,
der schwerlich mehr als 1^2 Millionen Unterthanen beherrschte, von schwachen
Mitteln, ohne Bundesgenossen, da konnte solchen verwegnen Entschluß nur die
höchste Gefahr des eignen Landes rechtfertigen. Seit Jahrzehnten arbeiteten
die schwedischen Herrscher von Gustav Wasa angefangen an der Erwerbung



*) Die folgende Skizze beruht natürlich zunächst ans Ranke's Monographie (1869),
deren Auffassung jetzt die maßgebende geworden sein dürfte "ut die zugleich die gesammte
ältere Literatur herangezogen hat. Bon neuesten Erscheinungen, die im mernoch Vieles ergän¬
zen und aufklären, sind benutzt: Wittich, Wallenstein und die Spanier, Preuß. Jcchrbb.
Bd. 23 (1869). -- Hallwich, Zur Geschichte Wallenstein's im Archiv für Sachs. Geschichte
-1877 (besonders über die Verhandlungen zwischen Wallenstein und Sachsen). -- Lorenz,
Zur Wallenstcinliteratur in der Histor. Zeitschrift N. F. 1877. - Kron es, Handbuch der
österreichischen Geschichte III. (1873), wo zugleich die gesammte Literatur aufgeführt ist. --
A. Wolf, Geschichtliche Bilder aus Oesterreich I. (1877). - Hier handelt es sich nur um
eine Darstellung der Hauptzüge.
Grenzboten 1873. IV. 1
Bannsteins Ausgang.*)

Die Schlacht von Lützen war geschlagen, in den Staub gesunken der streit¬
bare Held, „der Löwe von Mitternacht", hinweggerissen mitten aus seinen Plänen,
im kräftigsten Mannesalter dahingerafft; bald ruhte seine Leiche in der stillen
Gruft der Kirche auf Riddarsholmen, umgeben von eroberten Fahnen. Laut
ging die Todtenklage durch alle evangelischen Lande; nicht wie einen Fremden,
wie einen Helden des eigenen Volks betrauerten ihn die Deutschen, und so rief
ihm Georg Weckherlin nach:


„Siegreich und selig zwar hat Dich, weil in der Schlacht
Du frei für Gottes Wort Dein theures Blut vergossen,
In die endlose Freud' und Ehr' Dein End gebracht;
Jedoch in Leid und Noth seind Deine Vund'sgenossen,
Weil Deine Herrschung Du mit Sieg, Triumph und Pracht
Dort in dem Himmelreich, anfangend hie, beschlossen."

Und doch starb Gustav Adolf zur rechten Zeit. Als er das Schwert zog
gegen Oesterreich, trotz des großen Umfangs seiner Lande ein kleiner Fürst,
der schwerlich mehr als 1^2 Millionen Unterthanen beherrschte, von schwachen
Mitteln, ohne Bundesgenossen, da konnte solchen verwegnen Entschluß nur die
höchste Gefahr des eignen Landes rechtfertigen. Seit Jahrzehnten arbeiteten
die schwedischen Herrscher von Gustav Wasa angefangen an der Erwerbung



*) Die folgende Skizze beruht natürlich zunächst ans Ranke's Monographie (1869),
deren Auffassung jetzt die maßgebende geworden sein dürfte »ut die zugleich die gesammte
ältere Literatur herangezogen hat. Bon neuesten Erscheinungen, die im mernoch Vieles ergän¬
zen und aufklären, sind benutzt: Wittich, Wallenstein und die Spanier, Preuß. Jcchrbb.
Bd. 23 (1869). — Hallwich, Zur Geschichte Wallenstein's im Archiv für Sachs. Geschichte
-1877 (besonders über die Verhandlungen zwischen Wallenstein und Sachsen). — Lorenz,
Zur Wallenstcinliteratur in der Histor. Zeitschrift N. F. 1877. - Kron es, Handbuch der
österreichischen Geschichte III. (1873), wo zugleich die gesammte Literatur aufgeführt ist. —
A. Wolf, Geschichtliche Bilder aus Oesterreich I. (1877). - Hier handelt es sich nur um
eine Darstellung der Hauptzüge.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/5>, abgerufen am 29.04.2024.