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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Am KljaraKteristiK der Minorität in der Irage
der Zoüreform.

Am 16. Mai nach der Debatte, die sich durch die denkwürdige Rede des
Abgeordneten Berger auszeichnete, erfolgte die Abstimmung des Reichstages
über die Position Eisen und Eisenwaaren, und die Reform unseres Zolltarifs,
die der Reichskanzler im Auge hat, hatte ihren ersten Sieg zu verzeichnen. Es
war ein entscheidender, ein verheißungsvoller Sieg. Von 308 Mitgliedern der
Reichsvertretung erklärten sich 218 sür und nur 88 gegen die Forderung der
Regierung, während 2 sich der Abstimmung enthielten. Erweckte dieses Ergeb¬
niß gute Hoffnungen, wenigstens für einen großen Theil der weiteren Pläne
des Fürsten Bismarck, so rief es auch mancherlei Betrachtungen hervor, und
mit einer derselben wollen wir uns hier beschäftigen, während eine andere nur
kurz erwähnt werden möge, die nämlich, welche mit dem befriedigenden Ge¬
fühle endigte, daß die Partei des internationalen Freihandels auf dem besten
Wege ist, durch verblendeten und eigensinnigen Doktrinarismus in gleicher
Weise an Zahl und Macht zusammenzuschmelzen wie die Fortschrittspartei und
wie deren Vorgänger in der ersten Stelle unter unseren parlamentarischen Frak¬
tionen, die einst sehr einflußreichen, jetzt gänzlicher Vergessenheit anheimgefal¬
lenen Altliberalen.

Sehen wir uns die Leute, aus denen die Minorität der Achtundachtzig
sich zusammensetzt, näher an, und lassen wir dabei die Polen und einige Andere,
die unter allen Umstünden gegen die Regierung zu stimmen gewohnt sind, sowie
die neun oder zehn Großgrundbesitzer, die für dieses Mal mit ihnen gingen,
aus dem Spiele, so finden wir in Betreff des bürgerlichen Berufes und der Stel¬
lung derselben im Privatleben Folgendes.

Wir begegnen nach der alphabetischen Reihenfolge zunächst einem Kreis¬
richter, dann einem andern Juristen, der später Bankier wurde und jetzt seit
Jahren Rentier und daneben als Publizist und Parlamentarier thätig ist.


Grenzboten II. 1379. 42
Am KljaraKteristiK der Minorität in der Irage
der Zoüreform.

Am 16. Mai nach der Debatte, die sich durch die denkwürdige Rede des
Abgeordneten Berger auszeichnete, erfolgte die Abstimmung des Reichstages
über die Position Eisen und Eisenwaaren, und die Reform unseres Zolltarifs,
die der Reichskanzler im Auge hat, hatte ihren ersten Sieg zu verzeichnen. Es
war ein entscheidender, ein verheißungsvoller Sieg. Von 308 Mitgliedern der
Reichsvertretung erklärten sich 218 sür und nur 88 gegen die Forderung der
Regierung, während 2 sich der Abstimmung enthielten. Erweckte dieses Ergeb¬
niß gute Hoffnungen, wenigstens für einen großen Theil der weiteren Pläne
des Fürsten Bismarck, so rief es auch mancherlei Betrachtungen hervor, und
mit einer derselben wollen wir uns hier beschäftigen, während eine andere nur
kurz erwähnt werden möge, die nämlich, welche mit dem befriedigenden Ge¬
fühle endigte, daß die Partei des internationalen Freihandels auf dem besten
Wege ist, durch verblendeten und eigensinnigen Doktrinarismus in gleicher
Weise an Zahl und Macht zusammenzuschmelzen wie die Fortschrittspartei und
wie deren Vorgänger in der ersten Stelle unter unseren parlamentarischen Frak¬
tionen, die einst sehr einflußreichen, jetzt gänzlicher Vergessenheit anheimgefal¬
lenen Altliberalen.

Sehen wir uns die Leute, aus denen die Minorität der Achtundachtzig
sich zusammensetzt, näher an, und lassen wir dabei die Polen und einige Andere,
die unter allen Umstünden gegen die Regierung zu stimmen gewohnt sind, sowie
die neun oder zehn Großgrundbesitzer, die für dieses Mal mit ihnen gingen,
aus dem Spiele, so finden wir in Betreff des bürgerlichen Berufes und der Stel¬
lung derselben im Privatleben Folgendes.

Wir begegnen nach der alphabetischen Reihenfolge zunächst einem Kreis¬
richter, dann einem andern Juristen, der später Bankier wurde und jetzt seit
Jahren Rentier und daneben als Publizist und Parlamentarier thätig ist.


Grenzboten II. 1379. 42
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[0329] Am KljaraKteristiK der Minorität in der Irage der Zoüreform. Am 16. Mai nach der Debatte, die sich durch die denkwürdige Rede des Abgeordneten Berger auszeichnete, erfolgte die Abstimmung des Reichstages über die Position Eisen und Eisenwaaren, und die Reform unseres Zolltarifs, die der Reichskanzler im Auge hat, hatte ihren ersten Sieg zu verzeichnen. Es war ein entscheidender, ein verheißungsvoller Sieg. Von 308 Mitgliedern der Reichsvertretung erklärten sich 218 sür und nur 88 gegen die Forderung der Regierung, während 2 sich der Abstimmung enthielten. Erweckte dieses Ergeb¬ niß gute Hoffnungen, wenigstens für einen großen Theil der weiteren Pläne des Fürsten Bismarck, so rief es auch mancherlei Betrachtungen hervor, und mit einer derselben wollen wir uns hier beschäftigen, während eine andere nur kurz erwähnt werden möge, die nämlich, welche mit dem befriedigenden Ge¬ fühle endigte, daß die Partei des internationalen Freihandels auf dem besten Wege ist, durch verblendeten und eigensinnigen Doktrinarismus in gleicher Weise an Zahl und Macht zusammenzuschmelzen wie die Fortschrittspartei und wie deren Vorgänger in der ersten Stelle unter unseren parlamentarischen Frak¬ tionen, die einst sehr einflußreichen, jetzt gänzlicher Vergessenheit anheimgefal¬ lenen Altliberalen. Sehen wir uns die Leute, aus denen die Minorität der Achtundachtzig sich zusammensetzt, näher an, und lassen wir dabei die Polen und einige Andere, die unter allen Umstünden gegen die Regierung zu stimmen gewohnt sind, sowie die neun oder zehn Großgrundbesitzer, die für dieses Mal mit ihnen gingen, aus dem Spiele, so finden wir in Betreff des bürgerlichen Berufes und der Stel¬ lung derselben im Privatleben Folgendes. Wir begegnen nach der alphabetischen Reihenfolge zunächst einem Kreis¬ richter, dann einem andern Juristen, der später Bankier wurde und jetzt seit Jahren Rentier und daneben als Publizist und Parlamentarier thätig ist. Grenzboten II. 1379. 42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/329>, abgerufen am 30.04.2024.