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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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daß nämlich der Reichskanzler, bevor er zum Grafen und dann zum Fürsten
erhoben wurde, nicht "Freiherr", sondern einfach Herr v. Bismarck hieß.
Daß der "Freiherr" kein Druckfehler ist, geht daraus hervor, daß wir ihm
vou Seite 154 bis Seite 352 nicht weniger als sechzehn Mal begegnet sind.


Leipzig und seine Universität vor hundert Jahren. Aus den gleichzeitigen
Aufzeichnungen eines Leipziger Studenten jetzo zuerst an's Licht gestellt. Leipzig,
Breitkopf K Härtel, 1879.

In diesem Büchlein prüsentirt sich ein feiner literarischer Scherz, dessen
Quelle wohl in Leipziger Universitätskreisen zu suchen sein dürfte. Es handelt
sich nicht um eine scherzhafte Mystifikation, denn die Aufzeichnungen, die hier
1^0 Jahre nach ihrer Niederschrift veröffentlicht werden, stammen wirklich von
einem 20jährigen Studenten der Medizin, Joh. Friedr. Jugler aus Lüneburg,
der 1778 und 1779 in Leipzig studirte und gleich nach seinem Weggange von
der Leipziger Universität, im Winter 1779 auf 1780, seine Leipziger Beob¬
achtungen zu Papiere gebracht haben muß; das Manuskript ist in Hannover
w der Familie Jugler zu Tage gekommen und befindet sich im Besitz des
Enkels des Verfassers. Dennoch will das Ganze wohl nur als Säkularscherz
betrachtet sein. Positiv Neues über Leipziger Einrichtungen und Zustände
jener Zeit darf niemand in dem Büchlein erwarten. Für alle sachlichen Mit¬
theilungen , die der Verfasser macht, zitirt er gewissenhaft seine Quellen, und
dies sind lauter Schriften zur Leipziger Lokalgeschichte, die uns natürlich heute
noch ebensogut zu Gebote stehen, wie ihm damals. Uebrigens erschien 4 Jahre
nach den Jugler'schen Aufzeichnungen eine viel ausführlichere Darstellung aus
der Feder eines gewissen I. G. Schulz in Leipzig im Druck, durch welche die
^ugler'sche Schilderung, wenn sie 1780 veröffentlicht worden wäre, schon
damals in allen thatsächlichen Angaben antiquirt worden sein würde. Die
Urtheile aber, die der Verfasser über Zustände und Personen Leipzig's, nament¬
lich über die sämmtlichen damaligen Leipziger Universitätslehrer, fällt, und die
mancherlei charakteristischen Belege, die er dasür beibringt, bilden einen so
kleinen Bruchtheil des Ganzen, daß man die Frage aufwerfen könnte, ob nicht
dielleicht die Veröffentlichung dieser Partieen, etwa in einem Aufsatze in einer
Wochenschrift, genügt haben würde. Wenn aber auch mancher geneigt sein
wird, diese Frage zu bejahen, wir für unsern Theil sind aus mehr als einem
Grunde dem Herausgeber dankbar dafür, daß er uns das Ganze geboten.
Das Jugler'sche Manuskript ist mit diplomatischer Treue zum Abdruck gebracht,
in die Schlußpartieen, "Plaisirs und Zeitvertreib," sind einzelne Abschnitte
aus einem seiner Zeit konfiszirtem und daher selten gewordenen Buche "Leipzig
nach der Moral beschrieben" (1768) -- es erschien noch während Goethe's
Studentenzeit in Leipzig und ist dasselbe Buch, in dem zum ersten Male Leipzig


daß nämlich der Reichskanzler, bevor er zum Grafen und dann zum Fürsten
erhoben wurde, nicht „Freiherr", sondern einfach Herr v. Bismarck hieß.
Daß der „Freiherr" kein Druckfehler ist, geht daraus hervor, daß wir ihm
vou Seite 154 bis Seite 352 nicht weniger als sechzehn Mal begegnet sind.


Leipzig und seine Universität vor hundert Jahren. Aus den gleichzeitigen
Aufzeichnungen eines Leipziger Studenten jetzo zuerst an's Licht gestellt. Leipzig,
Breitkopf K Härtel, 1879.

In diesem Büchlein prüsentirt sich ein feiner literarischer Scherz, dessen
Quelle wohl in Leipziger Universitätskreisen zu suchen sein dürfte. Es handelt
sich nicht um eine scherzhafte Mystifikation, denn die Aufzeichnungen, die hier
1^0 Jahre nach ihrer Niederschrift veröffentlicht werden, stammen wirklich von
einem 20jährigen Studenten der Medizin, Joh. Friedr. Jugler aus Lüneburg,
der 1778 und 1779 in Leipzig studirte und gleich nach seinem Weggange von
der Leipziger Universität, im Winter 1779 auf 1780, seine Leipziger Beob¬
achtungen zu Papiere gebracht haben muß; das Manuskript ist in Hannover
w der Familie Jugler zu Tage gekommen und befindet sich im Besitz des
Enkels des Verfassers. Dennoch will das Ganze wohl nur als Säkularscherz
betrachtet sein. Positiv Neues über Leipziger Einrichtungen und Zustände
jener Zeit darf niemand in dem Büchlein erwarten. Für alle sachlichen Mit¬
theilungen , die der Verfasser macht, zitirt er gewissenhaft seine Quellen, und
dies sind lauter Schriften zur Leipziger Lokalgeschichte, die uns natürlich heute
noch ebensogut zu Gebote stehen, wie ihm damals. Uebrigens erschien 4 Jahre
nach den Jugler'schen Aufzeichnungen eine viel ausführlichere Darstellung aus
der Feder eines gewissen I. G. Schulz in Leipzig im Druck, durch welche die
^ugler'sche Schilderung, wenn sie 1780 veröffentlicht worden wäre, schon
damals in allen thatsächlichen Angaben antiquirt worden sein würde. Die
Urtheile aber, die der Verfasser über Zustände und Personen Leipzig's, nament¬
lich über die sämmtlichen damaligen Leipziger Universitätslehrer, fällt, und die
mancherlei charakteristischen Belege, die er dasür beibringt, bilden einen so
kleinen Bruchtheil des Ganzen, daß man die Frage aufwerfen könnte, ob nicht
dielleicht die Veröffentlichung dieser Partieen, etwa in einem Aufsatze in einer
Wochenschrift, genügt haben würde. Wenn aber auch mancher geneigt sein
wird, diese Frage zu bejahen, wir für unsern Theil sind aus mehr als einem
Grunde dem Herausgeber dankbar dafür, daß er uns das Ganze geboten.
Das Jugler'sche Manuskript ist mit diplomatischer Treue zum Abdruck gebracht,
in die Schlußpartieen, „Plaisirs und Zeitvertreib," sind einzelne Abschnitte
aus einem seiner Zeit konfiszirtem und daher selten gewordenen Buche „Leipzig
nach der Moral beschrieben" (1768) — es erschien noch während Goethe's
Studentenzeit in Leipzig und ist dasselbe Buch, in dem zum ersten Male Leipzig


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/487>, abgerufen am 01.05.2024.