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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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und doch wäre dies nothwendig, wenn wir überzeugt werden sollen. Für uns
ist die Stoßtheorie darum ebenso zweifelhaft, wie viele andere physikalisch-philo¬
sophische Hypothesen, die augenblicklich Mode sind. Mehr als durch Tyeorieen
würde der Verfasser der menschlichen Erkenntniß durch mechanische Spezial-
sorschungen nützen, besonders da er Mann genug zu sein scheint, seine eigenen
und eigenartigen Wege einzuschlagen.


Der einheitliche Deutsche Eisenbahn-Gütertarif. Eine Fcichstudie über das
Tarifwesen der deutschen Eisenbahnen. Berlin, I. Springer, 1879.

Die Eisenbahutaris-Frage ist eine brennende für die Volkswirthschaft und
zwar in noch höherem Maße als die Frage der Zolle. Einige Freihändler find
neuerdings auf die Idee gekommen, die Ursache der Krisis in erster Linie in den
veränderten Verkehrsbedingungen zu suchen, als ob es in den Industrieländern
nicht vor der Eisenbahnära Krisen gegeben hätte. Wohnt dieser neuesten Theorie
aber nur ein Schein von Richtigkeit inne, so dürfen selbst Manchesterleute die Tarif¬
srage für eine brennende halten und an eine Lösung denken. Auf jeden Fall
kann die Wichtigkeit eines einheitlichen und billigen Tarifes für die gesammte
Volkswirthschaft angesichts der Nachtheile, welche aus dem heutigen Tarife nament¬
lich der Landwirthschaft erwachsen, von niemand geleugnet werden. So be¬
günstigen, um nur eins zu erwähnen, die Differenzialtarife das ausländische
Getreide entschieden gegenüber dem inländischen. Die vorliegende Broschüre hat
sich die Aufgabe gestellt, an der Hand der in Betracht kommenden technischen
und wirthschaftlichen Gesichtspunkte zu untersuchen, nach welcher Richtung hin
eine den Forderungen des Reichskanzlers entsprechende gesetzliche Regelung des
Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen praktisch ausführbar erscheine.
Der Verfasser gelangt zu dem Ergebniß, daß der geplante reichsgesetzliche Einheits¬
tarif ohne Beunruhigung von Handel und Verkehr und ohne Vergewaltigung
des bei der Eisenbahn betheiligten Privatkapitals für die gesammte Volkswirth¬
schaft unberechenbar wohlthätige Folgen haben würde, ja daß er im eignen
Interesse der Privatbcchuen liege. Den Hauptwerth erhält die kleine Schrift
durch eine Probeberechnung der Einheitstarifsätze, welche ihr der Verfasser bei¬
gegeben hat. Für 86 Verkehrslinien find die Frachtpreise nach dein alten und
uach dem neuen System berechnet und einander gegenüber gestellt, so daß die
Verschiebungen, welche durch die Einführung der Einheitstarife entstehen würden,
unmittelbar in die Augen springen. Dabei zeigt sich denn, daß sie materiell
zu gering sind, um die Einnahmen der Eisenbahnen wesentlich zu beeinflussen,
also nur die günstige Wirkung des Einheitstarifes für Handel und Verkehr
übrig bleibt.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig,
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, -- Druck von Hüthel "5 Herrmann in Leipzig.

und doch wäre dies nothwendig, wenn wir überzeugt werden sollen. Für uns
ist die Stoßtheorie darum ebenso zweifelhaft, wie viele andere physikalisch-philo¬
sophische Hypothesen, die augenblicklich Mode sind. Mehr als durch Tyeorieen
würde der Verfasser der menschlichen Erkenntniß durch mechanische Spezial-
sorschungen nützen, besonders da er Mann genug zu sein scheint, seine eigenen
und eigenartigen Wege einzuschlagen.


Der einheitliche Deutsche Eisenbahn-Gütertarif. Eine Fcichstudie über das
Tarifwesen der deutschen Eisenbahnen. Berlin, I. Springer, 1879.

Die Eisenbahutaris-Frage ist eine brennende für die Volkswirthschaft und
zwar in noch höherem Maße als die Frage der Zolle. Einige Freihändler find
neuerdings auf die Idee gekommen, die Ursache der Krisis in erster Linie in den
veränderten Verkehrsbedingungen zu suchen, als ob es in den Industrieländern
nicht vor der Eisenbahnära Krisen gegeben hätte. Wohnt dieser neuesten Theorie
aber nur ein Schein von Richtigkeit inne, so dürfen selbst Manchesterleute die Tarif¬
srage für eine brennende halten und an eine Lösung denken. Auf jeden Fall
kann die Wichtigkeit eines einheitlichen und billigen Tarifes für die gesammte
Volkswirthschaft angesichts der Nachtheile, welche aus dem heutigen Tarife nament¬
lich der Landwirthschaft erwachsen, von niemand geleugnet werden. So be¬
günstigen, um nur eins zu erwähnen, die Differenzialtarife das ausländische
Getreide entschieden gegenüber dem inländischen. Die vorliegende Broschüre hat
sich die Aufgabe gestellt, an der Hand der in Betracht kommenden technischen
und wirthschaftlichen Gesichtspunkte zu untersuchen, nach welcher Richtung hin
eine den Forderungen des Reichskanzlers entsprechende gesetzliche Regelung des
Gütertarifwesens auf den deutschen Eisenbahnen praktisch ausführbar erscheine.
Der Verfasser gelangt zu dem Ergebniß, daß der geplante reichsgesetzliche Einheits¬
tarif ohne Beunruhigung von Handel und Verkehr und ohne Vergewaltigung
des bei der Eisenbahn betheiligten Privatkapitals für die gesammte Volkswirth¬
schaft unberechenbar wohlthätige Folgen haben würde, ja daß er im eignen
Interesse der Privatbcchuen liege. Den Hauptwerth erhält die kleine Schrift
durch eine Probeberechnung der Einheitstarifsätze, welche ihr der Verfasser bei¬
gegeben hat. Für 86 Verkehrslinien find die Frachtpreise nach dein alten und
uach dem neuen System berechnet und einander gegenüber gestellt, so daß die
Verschiebungen, welche durch die Einführung der Einheitstarife entstehen würden,
unmittelbar in die Augen springen. Dabei zeigt sich denn, daß sie materiell
zu gering sind, um die Einnahmen der Eisenbahnen wesentlich zu beeinflussen,
also nur die günstige Wirkung des Einheitstarifes für Handel und Verkehr
übrig bleibt.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig,
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig, — Druck von Hüthel «5 Herrmann in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/54>, abgerufen am 03.05.2024.