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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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In Ur. 38 der Grenzboten hat sich in den Artikel, welcher dem Andenken
des Ministers v. Gerstenbergk gewidmet ist, ein Fehler eingeschlichen, der auch
in Ur. 84 der "Wissenschaftlicher Beilage" zur "Leipziger Zeitung", welche den
Grenzboten-Artikel wiedergegeben hat,' übergegangen ist. An beiden Stellen
heißt es, daß der verstorbene Minister v. Gerstenberg (richtiger Gerstenbergk)
"ein Sohn des unter dem Namen v. Gerste nberg ge ad eilen gro߬
herzoglich sächsischen Kanzlers Müller in Weimar", des bekannten
Goethe-Freundes, gewesen sei.

Diese Angaben sind in doppelter Hinsicht falsch. Der Sachverhalt ist
folgender: Der Kanzler v. Müller steht zu der Familie v. Gerstenbergk in
keiner verwandtschaftlichen Beziehung. Der verstorbene Altenburger Minister
ist ein Sohn des Eisen ach er Kanzlers Georg Friedrich Konrad Ludwig
v. Gerstenbergk, genannt Müller, der 1838 den 14. Februar zu Rauten¬
berg bei Altenburg starb und durch Adoptirung in den Adelsstand erhoben
worden war, nachdem Konrad Ludwig v. Gerstenbergk, welcher herzoglich
sächsischer Hofrath und Kreisamtmann in Camburg war, den späteren Kanzler
als Sohn angenommen hatte. Der Vater des Eisenacher Kanzlers war der
Justizrath Müller in Ronneburg. Offenbar ist der Verfasser jenes Artikels
zu seiner Annahme durch den Umstand verleitet worden, daß der Name Müller
beiden Familien eigen ist und es im weimarischen Dienste zu gleicher Zeit
zwei Kanzler gab: den Kanzler Friedrich v. Müller, den bekannten Freund
Goethes, in Weimar und den Kanzler Georg Friedrich Konrad Ludwig
v. Gerstenbergk, genannt Müller, in Eisenach.

Natürlich ist es dann ebenso unrichtig, daß der verstorbene Minister
v. Gerstenbergk unter dem Namen Zech erst geadelt worden sei. Einer Erhe¬
bung in den Adelsstand bedürfte es unter diesen Verhältnissen nicht. Der
Name Zech ist von der Mutter des verstorbenen Ministers angenommen worden.
Die Gründe für die Annahme dieses Namens haben für weitere Kreise keine
'


C. A. H. Burkhardt.


Literaten.
Deutsche Liederdichter des zwülftcn bis vierzehnten Jahrhunderts. Eine Aus¬
wahl von Karl Bcirtsch. Zweite Auflage. Stuttgart, Göschen, 1879.

Wie oft schon sind wir nach einer guten Auswahl aus dem reichen Schatze
der mittelhochdeutschen Lyrik gefragt worden von solchen, die das Bedürfniß
hatten, ihre Kenntniß der deutschen Minnesinger über den unvermeidlichen,
landesüblichen Walther von der Vogelweide hinaus zu erweitern! Das oben
erwähnte Buch, das bereits in zweiter Auflage vorliegt, ist allerdings zunächst
für akademische Zwecke berechnet und bestimmt, bei' exegetischen Vorlesungen
über die altdeutsche Minnepoesie zu Grunde gelegt zu werden; aber es ist
doch zugleich auch ein Buch, das gewiß allen Vorstellungen und Wün¬
schen, die man in den weiteren Kreisen der Gebildeten einer sollen Samm¬
lung gegenüber etwa hegen könnte, entsprechen wird. Der Herausgeber hat,
wie wir für diejenige", denen die erste Auflage des Buches (1864) unbekannt
geblieben, bemerken wollen, aus nahezu hundert deutschen Minnesingern eine



In Ur. 38 der Grenzboten hat sich in den Artikel, welcher dem Andenken
des Ministers v. Gerstenbergk gewidmet ist, ein Fehler eingeschlichen, der auch
in Ur. 84 der „Wissenschaftlicher Beilage" zur „Leipziger Zeitung", welche den
Grenzboten-Artikel wiedergegeben hat,' übergegangen ist. An beiden Stellen
heißt es, daß der verstorbene Minister v. Gerstenberg (richtiger Gerstenbergk)
„ein Sohn des unter dem Namen v. Gerste nberg ge ad eilen gro߬
herzoglich sächsischen Kanzlers Müller in Weimar", des bekannten
Goethe-Freundes, gewesen sei.

Diese Angaben sind in doppelter Hinsicht falsch. Der Sachverhalt ist
folgender: Der Kanzler v. Müller steht zu der Familie v. Gerstenbergk in
keiner verwandtschaftlichen Beziehung. Der verstorbene Altenburger Minister
ist ein Sohn des Eisen ach er Kanzlers Georg Friedrich Konrad Ludwig
v. Gerstenbergk, genannt Müller, der 1838 den 14. Februar zu Rauten¬
berg bei Altenburg starb und durch Adoptirung in den Adelsstand erhoben
worden war, nachdem Konrad Ludwig v. Gerstenbergk, welcher herzoglich
sächsischer Hofrath und Kreisamtmann in Camburg war, den späteren Kanzler
als Sohn angenommen hatte. Der Vater des Eisenacher Kanzlers war der
Justizrath Müller in Ronneburg. Offenbar ist der Verfasser jenes Artikels
zu seiner Annahme durch den Umstand verleitet worden, daß der Name Müller
beiden Familien eigen ist und es im weimarischen Dienste zu gleicher Zeit
zwei Kanzler gab: den Kanzler Friedrich v. Müller, den bekannten Freund
Goethes, in Weimar und den Kanzler Georg Friedrich Konrad Ludwig
v. Gerstenbergk, genannt Müller, in Eisenach.

Natürlich ist es dann ebenso unrichtig, daß der verstorbene Minister
v. Gerstenbergk unter dem Namen Zech erst geadelt worden sei. Einer Erhe¬
bung in den Adelsstand bedürfte es unter diesen Verhältnissen nicht. Der
Name Zech ist von der Mutter des verstorbenen Ministers angenommen worden.
Die Gründe für die Annahme dieses Namens haben für weitere Kreise keine
'


C. A. H. Burkhardt.


Literaten.
Deutsche Liederdichter des zwülftcn bis vierzehnten Jahrhunderts. Eine Aus¬
wahl von Karl Bcirtsch. Zweite Auflage. Stuttgart, Göschen, 1879.

Wie oft schon sind wir nach einer guten Auswahl aus dem reichen Schatze
der mittelhochdeutschen Lyrik gefragt worden von solchen, die das Bedürfniß
hatten, ihre Kenntniß der deutschen Minnesinger über den unvermeidlichen,
landesüblichen Walther von der Vogelweide hinaus zu erweitern! Das oben
erwähnte Buch, das bereits in zweiter Auflage vorliegt, ist allerdings zunächst
für akademische Zwecke berechnet und bestimmt, bei' exegetischen Vorlesungen
über die altdeutsche Minnepoesie zu Grunde gelegt zu werden; aber es ist
doch zugleich auch ein Buch, das gewiß allen Vorstellungen und Wün¬
schen, die man in den weiteren Kreisen der Gebildeten einer sollen Samm¬
lung gegenüber etwa hegen könnte, entsprechen wird. Der Herausgeber hat,
wie wir für diejenige», denen die erste Auflage des Buches (1864) unbekannt
geblieben, bemerken wollen, aus nahezu hundert deutschen Minnesingern eine


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[0215] In Ur. 38 der Grenzboten hat sich in den Artikel, welcher dem Andenken des Ministers v. Gerstenbergk gewidmet ist, ein Fehler eingeschlichen, der auch in Ur. 84 der „Wissenschaftlicher Beilage" zur „Leipziger Zeitung", welche den Grenzboten-Artikel wiedergegeben hat,' übergegangen ist. An beiden Stellen heißt es, daß der verstorbene Minister v. Gerstenberg (richtiger Gerstenbergk) „ein Sohn des unter dem Namen v. Gerste nberg ge ad eilen gro߬ herzoglich sächsischen Kanzlers Müller in Weimar", des bekannten Goethe-Freundes, gewesen sei. Diese Angaben sind in doppelter Hinsicht falsch. Der Sachverhalt ist folgender: Der Kanzler v. Müller steht zu der Familie v. Gerstenbergk in keiner verwandtschaftlichen Beziehung. Der verstorbene Altenburger Minister ist ein Sohn des Eisen ach er Kanzlers Georg Friedrich Konrad Ludwig v. Gerstenbergk, genannt Müller, der 1838 den 14. Februar zu Rauten¬ berg bei Altenburg starb und durch Adoptirung in den Adelsstand erhoben worden war, nachdem Konrad Ludwig v. Gerstenbergk, welcher herzoglich sächsischer Hofrath und Kreisamtmann in Camburg war, den späteren Kanzler als Sohn angenommen hatte. Der Vater des Eisenacher Kanzlers war der Justizrath Müller in Ronneburg. Offenbar ist der Verfasser jenes Artikels zu seiner Annahme durch den Umstand verleitet worden, daß der Name Müller beiden Familien eigen ist und es im weimarischen Dienste zu gleicher Zeit zwei Kanzler gab: den Kanzler Friedrich v. Müller, den bekannten Freund Goethes, in Weimar und den Kanzler Georg Friedrich Konrad Ludwig v. Gerstenbergk, genannt Müller, in Eisenach. Natürlich ist es dann ebenso unrichtig, daß der verstorbene Minister v. Gerstenbergk unter dem Namen Zech erst geadelt worden sei. Einer Erhe¬ bung in den Adelsstand bedürfte es unter diesen Verhältnissen nicht. Der Name Zech ist von der Mutter des verstorbenen Ministers angenommen worden. Die Gründe für die Annahme dieses Namens haben für weitere Kreise keine ' C. A. H. Burkhardt. Literaten. Deutsche Liederdichter des zwülftcn bis vierzehnten Jahrhunderts. Eine Aus¬ wahl von Karl Bcirtsch. Zweite Auflage. Stuttgart, Göschen, 1879. Wie oft schon sind wir nach einer guten Auswahl aus dem reichen Schatze der mittelhochdeutschen Lyrik gefragt worden von solchen, die das Bedürfniß hatten, ihre Kenntniß der deutschen Minnesinger über den unvermeidlichen, landesüblichen Walther von der Vogelweide hinaus zu erweitern! Das oben erwähnte Buch, das bereits in zweiter Auflage vorliegt, ist allerdings zunächst für akademische Zwecke berechnet und bestimmt, bei' exegetischen Vorlesungen über die altdeutsche Minnepoesie zu Grunde gelegt zu werden; aber es ist doch zugleich auch ein Buch, das gewiß allen Vorstellungen und Wün¬ schen, die man in den weiteren Kreisen der Gebildeten einer sollen Samm¬ lung gegenüber etwa hegen könnte, entsprechen wird. Der Herausgeber hat, wie wir für diejenige», denen die erste Auflage des Buches (1864) unbekannt geblieben, bemerken wollen, aus nahezu hundert deutschen Minnesingern eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/215>, abgerufen am 06.05.2024.