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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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Damit habe" wir in kurzen Zügen ein Bild von der umfassenden, von so
zahlreichen Erfolgen gekrönten Thätigkeit des kaum vierzigjährigen Künstlers
entworfen, der in raschem Siegeslaufe zu voll und reif entwickelter Meisterschaft
emporgestiegen ist.


Adolf Rosenberg.


Zwei "illustrirte" Musikgeschichten.

So herzlich haben wir lange nicht gelacht wie neulich, als sich an einem
Tage ", tempo die Ankündigungen von zwei "Jllustrirten Musikgeschichten" ans
unserem Schreibtische einfanden.*) Schadenfreude ist ein schwarzes Laster, aber wir
wollen's nicht verhehlen: es war ein bischen Schadenfreude dabei. Das habt ihr
von euerer Buchmacherei, daß ihr euch hier einmal ihrer zwei mit derselben Machen¬
schaft -- gräuliches Wort, von Johannes Scherr erfunden, aber für diese Sorte
von Büchern das einzig zutreffende -- ins Gehege kommt und euch gegenseitig
das Geschäft verderbt! Das war der erste Gedanke, den jene beiden Prospecte in
uns erregten. Denn ob es nun heißt "Jllustrirte Musikgeschichte" oder "Jllustrirte
Geschichte der deutschen Musik", im Grunde läuft es doch auf eins hinaus.

Es ist eine recht traurige Buchmacherei während der letzten zehn Jahre im
deutschen Buchhandel eingerissen. Anstatt daß der Schriftsteller das Buch ersänne
und sich den Buchhändler dafür suchte, wird immer mehr das Umgekehrte Regel,
daß der Buchhändler das Buch ersinnt und sich den Schriftsteller dazu sucht. Die
Autorenbttcher werden mehr und mehr verdrängt durch Verlegcrbücher. Freilich
sind nun auch die Autoren darnach. An sich braucht ja ein Buch deshalb nicht
schlecht zu sein, weil die Initiative dazu vom Verkäufer ausgegangen ist, Der
Händler kennt die Bedürfnisse des Publikums oft besser als der Fabrikant, und
nicht selten sind epochemachende Werke von unvergänglichein Werth durch intelligente
Verleger angeregt worden. Um solche handelt sich's hier natürlich nicht; jeder
Leser weiß, was wir sür Waare meinen. Die Schaufenster unserer Sortimenter
liegen voll von Büchern, deren Titel man nur zu lesen braucht, um auf der Stelle
zu scheu, wie der Verleger sich das Gehirn zermartert hat, um etwas cmszudifteln,
was es bisher im Buchhandel noch nicht gegeben. Der größte Theil der "illu-



*) Jllustrirte Musikgeschichte. Die Entwicklung der Tonkunst aus frühesten
Ansängen bis auf die Gegenwart. Von Emil Naumann, K. Professor und HofkirchcmnuM
director. Stuttgart, Spemann, 1330. Liefg. 1--2. -- Jllustrirte Geschichte der
deutschen Musik, Von or, Aug. Reiszmann. Mit authentischen Abbildungen und
sacsimilirten Beilagen. Leipzig, Fues, 1880, Lieferung 1.

Damit habe» wir in kurzen Zügen ein Bild von der umfassenden, von so
zahlreichen Erfolgen gekrönten Thätigkeit des kaum vierzigjährigen Künstlers
entworfen, der in raschem Siegeslaufe zu voll und reif entwickelter Meisterschaft
emporgestiegen ist.


Adolf Rosenberg.


Zwei „illustrirte" Musikgeschichten.

So herzlich haben wir lange nicht gelacht wie neulich, als sich an einem
Tage », tempo die Ankündigungen von zwei „Jllustrirten Musikgeschichten" ans
unserem Schreibtische einfanden.*) Schadenfreude ist ein schwarzes Laster, aber wir
wollen's nicht verhehlen: es war ein bischen Schadenfreude dabei. Das habt ihr
von euerer Buchmacherei, daß ihr euch hier einmal ihrer zwei mit derselben Machen¬
schaft — gräuliches Wort, von Johannes Scherr erfunden, aber für diese Sorte
von Büchern das einzig zutreffende — ins Gehege kommt und euch gegenseitig
das Geschäft verderbt! Das war der erste Gedanke, den jene beiden Prospecte in
uns erregten. Denn ob es nun heißt „Jllustrirte Musikgeschichte" oder „Jllustrirte
Geschichte der deutschen Musik", im Grunde läuft es doch auf eins hinaus.

Es ist eine recht traurige Buchmacherei während der letzten zehn Jahre im
deutschen Buchhandel eingerissen. Anstatt daß der Schriftsteller das Buch ersänne
und sich den Buchhändler dafür suchte, wird immer mehr das Umgekehrte Regel,
daß der Buchhändler das Buch ersinnt und sich den Schriftsteller dazu sucht. Die
Autorenbttcher werden mehr und mehr verdrängt durch Verlegcrbücher. Freilich
sind nun auch die Autoren darnach. An sich braucht ja ein Buch deshalb nicht
schlecht zu sein, weil die Initiative dazu vom Verkäufer ausgegangen ist, Der
Händler kennt die Bedürfnisse des Publikums oft besser als der Fabrikant, und
nicht selten sind epochemachende Werke von unvergänglichein Werth durch intelligente
Verleger angeregt worden. Um solche handelt sich's hier natürlich nicht; jeder
Leser weiß, was wir sür Waare meinen. Die Schaufenster unserer Sortimenter
liegen voll von Büchern, deren Titel man nur zu lesen braucht, um auf der Stelle
zu scheu, wie der Verleger sich das Gehirn zermartert hat, um etwas cmszudifteln,
was es bisher im Buchhandel noch nicht gegeben. Der größte Theil der „illu-



*) Jllustrirte Musikgeschichte. Die Entwicklung der Tonkunst aus frühesten
Ansängen bis auf die Gegenwart. Von Emil Naumann, K. Professor und HofkirchcmnuM
director. Stuttgart, Spemann, 1330. Liefg. 1—2. — Jllustrirte Geschichte der
deutschen Musik, Von or, Aug. Reiszmann. Mit authentischen Abbildungen und
sacsimilirten Beilagen. Leipzig, Fues, 1880, Lieferung 1.
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[0387] Damit habe» wir in kurzen Zügen ein Bild von der umfassenden, von so zahlreichen Erfolgen gekrönten Thätigkeit des kaum vierzigjährigen Künstlers entworfen, der in raschem Siegeslaufe zu voll und reif entwickelter Meisterschaft emporgestiegen ist. Adolf Rosenberg. Zwei „illustrirte" Musikgeschichten. So herzlich haben wir lange nicht gelacht wie neulich, als sich an einem Tage », tempo die Ankündigungen von zwei „Jllustrirten Musikgeschichten" ans unserem Schreibtische einfanden.*) Schadenfreude ist ein schwarzes Laster, aber wir wollen's nicht verhehlen: es war ein bischen Schadenfreude dabei. Das habt ihr von euerer Buchmacherei, daß ihr euch hier einmal ihrer zwei mit derselben Machen¬ schaft — gräuliches Wort, von Johannes Scherr erfunden, aber für diese Sorte von Büchern das einzig zutreffende — ins Gehege kommt und euch gegenseitig das Geschäft verderbt! Das war der erste Gedanke, den jene beiden Prospecte in uns erregten. Denn ob es nun heißt „Jllustrirte Musikgeschichte" oder „Jllustrirte Geschichte der deutschen Musik", im Grunde läuft es doch auf eins hinaus. Es ist eine recht traurige Buchmacherei während der letzten zehn Jahre im deutschen Buchhandel eingerissen. Anstatt daß der Schriftsteller das Buch ersänne und sich den Buchhändler dafür suchte, wird immer mehr das Umgekehrte Regel, daß der Buchhändler das Buch ersinnt und sich den Schriftsteller dazu sucht. Die Autorenbttcher werden mehr und mehr verdrängt durch Verlegcrbücher. Freilich sind nun auch die Autoren darnach. An sich braucht ja ein Buch deshalb nicht schlecht zu sein, weil die Initiative dazu vom Verkäufer ausgegangen ist, Der Händler kennt die Bedürfnisse des Publikums oft besser als der Fabrikant, und nicht selten sind epochemachende Werke von unvergänglichein Werth durch intelligente Verleger angeregt worden. Um solche handelt sich's hier natürlich nicht; jeder Leser weiß, was wir sür Waare meinen. Die Schaufenster unserer Sortimenter liegen voll von Büchern, deren Titel man nur zu lesen braucht, um auf der Stelle zu scheu, wie der Verleger sich das Gehirn zermartert hat, um etwas cmszudifteln, was es bisher im Buchhandel noch nicht gegeben. Der größte Theil der „illu- *) Jllustrirte Musikgeschichte. Die Entwicklung der Tonkunst aus frühesten Ansängen bis auf die Gegenwart. Von Emil Naumann, K. Professor und HofkirchcmnuM director. Stuttgart, Spemann, 1330. Liefg. 1—2. — Jllustrirte Geschichte der deutschen Musik, Von or, Aug. Reiszmann. Mit authentischen Abbildungen und sacsimilirten Beilagen. Leipzig, Fues, 1880, Lieferung 1.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/387>, abgerufen am 05.05.2024.