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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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schaftlich ihm ein Denkmal gründen wollen in einer "Krausestiftmig", nicht für
ihn -- er hat sich selbst ein Denkmal in seinen Schriften gesetzt -- sondern sür
seine Wahrheit suchende Nachwelt zur Erhebung und Stärkung.*)




Die Hauptströmungen in der bildenden Kunst der
Gegenwart.
Z. Der Realismus in der Historienmalerei. -- Rarl piloty.

Als Cornelius im Frühjahr 1841 München verließ, um nach Berlin über¬
zusiedeln, war bereits die Strömung im Gange, welche die classisch-romantische
Richtung, die in Cornelius und Schmorr von Carolsfeld ihre bedeutendsten
Vertreter gefunden, überfluthen sollte. Sie kam von Belgien her, wo die Kunst,
insbesondere die Malerei, durch die politische Katastrophe des Jahres 1830
einen neuen, nationalen Inhalt gewonnen hatte. In Deutschland waren die
herrlichen Siegesthaten der Freiheitskriege für die Kunst so gut wie unfruchtbar
geblieben. Die reactionäre, jeder nationalen Regung feindliche Politik eines
Metternich, welche damals ihre unheilvolle Herrschaft über die deutschen Cabinette
gewann, die sie Jahrzehnte lang zum Schaden alles geistigen Fortschritts in
Deutschland behaupten sollte, senkte sich wie ein giftiger Mehlthau auf die glor¬
reichen Erinnerungen aus den Jahren 1813, 1814 und 1815 herab. Die Kriegs¬
und Freiheitspoesie, die einzige, weil unmittelbarste künstlerische Frucht jener
ruhmvollen Jahre, wurde als staatsfeindlich und aufrührerisch verpönt, und
unter dem lähmenden Eindruck der Demagogen-Verfolgungen und des durch sie
großgezogenen Denuncianteuthums flüchteten sich die edelsten und tüchtigstell
Geister der Nation aus der unerquicklichen und ungemüthlichen Gegenwart in
die romantische Vergangenheit, eine unschuldige Schwärmerei, welche den Macht¬
habern politisch ungefährlich dünkte. Und doch sind gerade mit ihrer Hilfe die
schärfsten Waffen geschmiedet worden, die nachmals im Kampfe mit der geistigen
Tyrannei so gute Dienste thun sollten. Gleich jener Kraft, die "stets das Böse
will und stets das Gute schafft", hat die Unterdrückung der Geister, indem sie
dieselben auf die Vergangenheit hindrängte, den historischen Sinn gleichsam



*) Der Verfasser der hiermit beendeten Mittheilungen über Krause, Professor A. Procksch,
Rector des Gymnasiums in Eisenberg, hat im Verein mit einer großen Anzahl namhafter
Gelehrten Deutschlands und des Auslandes vor kurzem einen Aufruf zu einer Krause-
Stiftung erlassen, deren Zweck die Herausgabe der nachgelassenen Schriften Krauses
und die Gründung eines Stipendiums für das Gymnasium seiner Vaterstadt Eisenberg ist.
Indem wir dieses Unternehmen unsern Lesern freundlich empfehlen, erklären wir uns zugleich
zur Annahme von Beiträgen für die Stiftung, welche an Krauses 100jährigem Geburtstage
Die Red. d. Grenzboten. (ki. Mai 1831) ins Leben trete" soll, bereit.

schaftlich ihm ein Denkmal gründen wollen in einer „Krausestiftmig", nicht für
ihn — er hat sich selbst ein Denkmal in seinen Schriften gesetzt — sondern sür
seine Wahrheit suchende Nachwelt zur Erhebung und Stärkung.*)




Die Hauptströmungen in der bildenden Kunst der
Gegenwart.
Z. Der Realismus in der Historienmalerei. — Rarl piloty.

Als Cornelius im Frühjahr 1841 München verließ, um nach Berlin über¬
zusiedeln, war bereits die Strömung im Gange, welche die classisch-romantische
Richtung, die in Cornelius und Schmorr von Carolsfeld ihre bedeutendsten
Vertreter gefunden, überfluthen sollte. Sie kam von Belgien her, wo die Kunst,
insbesondere die Malerei, durch die politische Katastrophe des Jahres 1830
einen neuen, nationalen Inhalt gewonnen hatte. In Deutschland waren die
herrlichen Siegesthaten der Freiheitskriege für die Kunst so gut wie unfruchtbar
geblieben. Die reactionäre, jeder nationalen Regung feindliche Politik eines
Metternich, welche damals ihre unheilvolle Herrschaft über die deutschen Cabinette
gewann, die sie Jahrzehnte lang zum Schaden alles geistigen Fortschritts in
Deutschland behaupten sollte, senkte sich wie ein giftiger Mehlthau auf die glor¬
reichen Erinnerungen aus den Jahren 1813, 1814 und 1815 herab. Die Kriegs¬
und Freiheitspoesie, die einzige, weil unmittelbarste künstlerische Frucht jener
ruhmvollen Jahre, wurde als staatsfeindlich und aufrührerisch verpönt, und
unter dem lähmenden Eindruck der Demagogen-Verfolgungen und des durch sie
großgezogenen Denuncianteuthums flüchteten sich die edelsten und tüchtigstell
Geister der Nation aus der unerquicklichen und ungemüthlichen Gegenwart in
die romantische Vergangenheit, eine unschuldige Schwärmerei, welche den Macht¬
habern politisch ungefährlich dünkte. Und doch sind gerade mit ihrer Hilfe die
schärfsten Waffen geschmiedet worden, die nachmals im Kampfe mit der geistigen
Tyrannei so gute Dienste thun sollten. Gleich jener Kraft, die „stets das Böse
will und stets das Gute schafft", hat die Unterdrückung der Geister, indem sie
dieselben auf die Vergangenheit hindrängte, den historischen Sinn gleichsam



*) Der Verfasser der hiermit beendeten Mittheilungen über Krause, Professor A. Procksch,
Rector des Gymnasiums in Eisenberg, hat im Verein mit einer großen Anzahl namhafter
Gelehrten Deutschlands und des Auslandes vor kurzem einen Aufruf zu einer Krause-
Stiftung erlassen, deren Zweck die Herausgabe der nachgelassenen Schriften Krauses
und die Gründung eines Stipendiums für das Gymnasium seiner Vaterstadt Eisenberg ist.
Indem wir dieses Unternehmen unsern Lesern freundlich empfehlen, erklären wir uns zugleich
zur Annahme von Beiträgen für die Stiftung, welche an Krauses 100jährigem Geburtstage
Die Red. d. Grenzboten. (ki. Mai 1831) ins Leben trete» soll, bereit.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/340>, abgerufen am 06.05.2024.