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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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festzusetzen und allmählich anwachsen zu lassen; ebenso kann das Eigenthumsrecht
an den einzelnen Linien allmählich und vorerst mit Vorbehalten den Provinzen
überwiesen werden.

Wir sind uns bewußt, daß der vorstehende Aufsatz in hohem Grade einer
nachsichtigen Beurtheilung bedarf, glauben aber, daß in der von uns bezeich¬
neten Richtung in der That eine glückliche Lösung der großen Frage zu suchen
sein wird.




Das deutsche archäologische Institut in Rom.
Reinhold Schöner. von

Im vorigen Jahre hat das deutsche archäologische Institut in Rom das
fünfzigjährige Jubiläum seines Bestehens gefeiert. Fünfzig Jahre deutscher
Arbeit und deutscher Wissenschaft lagen hinter ihm, ein halbes Jahrhundert der
anregendsten und fruchtbarsten Thätigkeit auf einen: Gebiete, das während dieser
fünfzig Jahre eigentlich erst geschaffen, aber zugleich in einer fast unvergleichlichen
Weise nutzbar gemacht worden ist. Zwar gab es seit Winckelmann wissenschaft¬
liche Alterthnmskenner und -Forscher; aber es gab noch keine archäologische
Wissenschaft. Daß sie aus einzelnen zerstreuten Keimen als ein lebensfähiger
Baum hervorwachsen, daß sie systematisch gepflegt und zu der Bedeutung ent¬
wickelt werden konnte, welche sie heute besitzt, ist wesentlich das Verdienst des
im Jahre 1829 mit Unterstützung der preußischen Regierung in Rom gegründeten
"Archäologischen Instituts". Durch dieses wurde es möglich, auf die Regelung
der Entdeckuugs- und Forschungsarbeiten in Italien einzuwirken, von den unauf¬
hörlich dem classischen Boden entsteigenden Resten des Alterthums eine regel¬
mäßige Kenntniß zu empfangen und zu verbreiten, die Alterthumsstudien in
Zusammenhang zu bringen und die zerstreuten Kräfte auf bestimmte Ziele
hinzulenken. Die Thätigkeit des Instituts wurde ein Vorbild und ein Anstoß
für alle nachfolgenden Unternehmungen dieser Art, und ihre Resultate bildete,:
in kurzer Zeit eine Wissenschaft, die sich kühn den älteren Schwestern an die
Seite stellen konnte; und wenn heute jeder Gebildete davon überzeugt ist, daß
ohne die ausgedehnten archäologischen Forschungen in allen Theilen der antiken
Culturländer unsere geschichtliche Kenntniß eine unendlich viel lückenhaftere sein
würde, und daß die Ausgrabungen von Ninivee, Samothrake, Olympia, Pompeji
u. s. w. die lohnendsten Bereicherungen menschlicher Erkenntniß herbeigeführt


festzusetzen und allmählich anwachsen zu lassen; ebenso kann das Eigenthumsrecht
an den einzelnen Linien allmählich und vorerst mit Vorbehalten den Provinzen
überwiesen werden.

Wir sind uns bewußt, daß der vorstehende Aufsatz in hohem Grade einer
nachsichtigen Beurtheilung bedarf, glauben aber, daß in der von uns bezeich¬
neten Richtung in der That eine glückliche Lösung der großen Frage zu suchen
sein wird.




Das deutsche archäologische Institut in Rom.
Reinhold Schöner. von

Im vorigen Jahre hat das deutsche archäologische Institut in Rom das
fünfzigjährige Jubiläum seines Bestehens gefeiert. Fünfzig Jahre deutscher
Arbeit und deutscher Wissenschaft lagen hinter ihm, ein halbes Jahrhundert der
anregendsten und fruchtbarsten Thätigkeit auf einen: Gebiete, das während dieser
fünfzig Jahre eigentlich erst geschaffen, aber zugleich in einer fast unvergleichlichen
Weise nutzbar gemacht worden ist. Zwar gab es seit Winckelmann wissenschaft¬
liche Alterthnmskenner und -Forscher; aber es gab noch keine archäologische
Wissenschaft. Daß sie aus einzelnen zerstreuten Keimen als ein lebensfähiger
Baum hervorwachsen, daß sie systematisch gepflegt und zu der Bedeutung ent¬
wickelt werden konnte, welche sie heute besitzt, ist wesentlich das Verdienst des
im Jahre 1829 mit Unterstützung der preußischen Regierung in Rom gegründeten
„Archäologischen Instituts". Durch dieses wurde es möglich, auf die Regelung
der Entdeckuugs- und Forschungsarbeiten in Italien einzuwirken, von den unauf¬
hörlich dem classischen Boden entsteigenden Resten des Alterthums eine regel¬
mäßige Kenntniß zu empfangen und zu verbreiten, die Alterthumsstudien in
Zusammenhang zu bringen und die zerstreuten Kräfte auf bestimmte Ziele
hinzulenken. Die Thätigkeit des Instituts wurde ein Vorbild und ein Anstoß
für alle nachfolgenden Unternehmungen dieser Art, und ihre Resultate bildete,:
in kurzer Zeit eine Wissenschaft, die sich kühn den älteren Schwestern an die
Seite stellen konnte; und wenn heute jeder Gebildete davon überzeugt ist, daß
ohne die ausgedehnten archäologischen Forschungen in allen Theilen der antiken
Culturländer unsere geschichtliche Kenntniß eine unendlich viel lückenhaftere sein
würde, und daß die Ausgrabungen von Ninivee, Samothrake, Olympia, Pompeji
u. s. w. die lohnendsten Bereicherungen menschlicher Erkenntniß herbeigeführt


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[0419] festzusetzen und allmählich anwachsen zu lassen; ebenso kann das Eigenthumsrecht an den einzelnen Linien allmählich und vorerst mit Vorbehalten den Provinzen überwiesen werden. Wir sind uns bewußt, daß der vorstehende Aufsatz in hohem Grade einer nachsichtigen Beurtheilung bedarf, glauben aber, daß in der von uns bezeich¬ neten Richtung in der That eine glückliche Lösung der großen Frage zu suchen sein wird. Das deutsche archäologische Institut in Rom. Reinhold Schöner. von Im vorigen Jahre hat das deutsche archäologische Institut in Rom das fünfzigjährige Jubiläum seines Bestehens gefeiert. Fünfzig Jahre deutscher Arbeit und deutscher Wissenschaft lagen hinter ihm, ein halbes Jahrhundert der anregendsten und fruchtbarsten Thätigkeit auf einen: Gebiete, das während dieser fünfzig Jahre eigentlich erst geschaffen, aber zugleich in einer fast unvergleichlichen Weise nutzbar gemacht worden ist. Zwar gab es seit Winckelmann wissenschaft¬ liche Alterthnmskenner und -Forscher; aber es gab noch keine archäologische Wissenschaft. Daß sie aus einzelnen zerstreuten Keimen als ein lebensfähiger Baum hervorwachsen, daß sie systematisch gepflegt und zu der Bedeutung ent¬ wickelt werden konnte, welche sie heute besitzt, ist wesentlich das Verdienst des im Jahre 1829 mit Unterstützung der preußischen Regierung in Rom gegründeten „Archäologischen Instituts". Durch dieses wurde es möglich, auf die Regelung der Entdeckuugs- und Forschungsarbeiten in Italien einzuwirken, von den unauf¬ hörlich dem classischen Boden entsteigenden Resten des Alterthums eine regel¬ mäßige Kenntniß zu empfangen und zu verbreiten, die Alterthumsstudien in Zusammenhang zu bringen und die zerstreuten Kräfte auf bestimmte Ziele hinzulenken. Die Thätigkeit des Instituts wurde ein Vorbild und ein Anstoß für alle nachfolgenden Unternehmungen dieser Art, und ihre Resultate bildete,: in kurzer Zeit eine Wissenschaft, die sich kühn den älteren Schwestern an die Seite stellen konnte; und wenn heute jeder Gebildete davon überzeugt ist, daß ohne die ausgedehnten archäologischen Forschungen in allen Theilen der antiken Culturländer unsere geschichtliche Kenntniß eine unendlich viel lückenhaftere sein würde, und daß die Ausgrabungen von Ninivee, Samothrake, Olympia, Pompeji u. s. w. die lohnendsten Bereicherungen menschlicher Erkenntniß herbeigeführt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/419>, abgerufen am 06.05.2024.