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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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nicht zur Gleichgiltigkeit gegen feste und sichere Zeichnung. So wie er sich zur
Zeit darstellt, verdient dieser Schweizer Novellist ganz gewiß zu den Erschei¬
nungen der gegenwärtigen Literatur gerechnet zu werden, von denen man gern
ein Buch zur Hand nehmen mag und deren künftigen Leistungen man mit Antheil
und Erwartung entgegensieht.




Wasserwirthschaft.
Eduard Braun. Von
3. Die deutsche Wasserwirthschaft.

In unseren vorigen beiden Artikeln über Wasserwirthschaft haben wir klar
zu machen versucht, wie die Natur mit dem Wasser auf Erden wirthschaftet'
Im vorliegenden wollen wir versuchen damit in Vergleich zu stellen, wie die
Deutschen mit dem Wasser wirthschaften, und zu zeigen, ob und wie ein hoch-
cultivirtes Volk die ewigen Gesetze und die weisen Lehren der Natur zu erkennen
und dem entsprechend zu handeln gelernt hat. Wir haben gesehen, daß die
Natur für die Erreichung ihrer wasserwirtschaftlichen Zwecke sich immer nur
eines einzigen einfachen Mittels bedient: Sie verzögert die Geschwindig¬
keit des niederfließenden Wassers. Wir werden bald erkennen, wie Recht
Schopenhauer hat, wenn er sagt : "Der Mensch versteht die Sprache der Natur
uicht, weil sie zu einfach ist." Denn wir thun das gerade Gegentheil von dem,
was die Natur will und uns lehrt: Wir beschleunigen die Geschwindig¬
keit des niederfließenden Wassers.

Alle wasserwirtschaftlichen Zwecke der Natur konnten wir in die beiden
Hauptaufgaben zusammenfassen: der organischen Welt ihre Nahrungsmittel zu
bereiten und dem Menschen mechanische Arbeit zu leisten. Im Nachfolgenden
werden wir sehen, wie der Mensch sich bemüht, beide Aufgaben geflissentlich zu
vereiteln.

1. Der Mensch hindert das Wasser, der organischen Welt ihre
Nahrungsmittel zu bereiten.

Die Pflanzendecke, namentlich in Form der Wälder, ist die sichere Vor¬
rathskammer, welche den Wasserüberfluß des Winters und des Frühjahrs sorg¬
sam in ihrem Schoße birgt und für den Sommer und Herbst haushälterisch
zurücklegt. Das in den weichen, laubbedeckten Waldboden allmählich eingesickerte


nicht zur Gleichgiltigkeit gegen feste und sichere Zeichnung. So wie er sich zur
Zeit darstellt, verdient dieser Schweizer Novellist ganz gewiß zu den Erschei¬
nungen der gegenwärtigen Literatur gerechnet zu werden, von denen man gern
ein Buch zur Hand nehmen mag und deren künftigen Leistungen man mit Antheil
und Erwartung entgegensieht.




Wasserwirthschaft.
Eduard Braun. Von
3. Die deutsche Wasserwirthschaft.

In unseren vorigen beiden Artikeln über Wasserwirthschaft haben wir klar
zu machen versucht, wie die Natur mit dem Wasser auf Erden wirthschaftet'
Im vorliegenden wollen wir versuchen damit in Vergleich zu stellen, wie die
Deutschen mit dem Wasser wirthschaften, und zu zeigen, ob und wie ein hoch-
cultivirtes Volk die ewigen Gesetze und die weisen Lehren der Natur zu erkennen
und dem entsprechend zu handeln gelernt hat. Wir haben gesehen, daß die
Natur für die Erreichung ihrer wasserwirtschaftlichen Zwecke sich immer nur
eines einzigen einfachen Mittels bedient: Sie verzögert die Geschwindig¬
keit des niederfließenden Wassers. Wir werden bald erkennen, wie Recht
Schopenhauer hat, wenn er sagt : „Der Mensch versteht die Sprache der Natur
uicht, weil sie zu einfach ist." Denn wir thun das gerade Gegentheil von dem,
was die Natur will und uns lehrt: Wir beschleunigen die Geschwindig¬
keit des niederfließenden Wassers.

Alle wasserwirtschaftlichen Zwecke der Natur konnten wir in die beiden
Hauptaufgaben zusammenfassen: der organischen Welt ihre Nahrungsmittel zu
bereiten und dem Menschen mechanische Arbeit zu leisten. Im Nachfolgenden
werden wir sehen, wie der Mensch sich bemüht, beide Aufgaben geflissentlich zu
vereiteln.

1. Der Mensch hindert das Wasser, der organischen Welt ihre
Nahrungsmittel zu bereiten.

Die Pflanzendecke, namentlich in Form der Wälder, ist die sichere Vor¬
rathskammer, welche den Wasserüberfluß des Winters und des Frühjahrs sorg¬
sam in ihrem Schoße birgt und für den Sommer und Herbst haushälterisch
zurücklegt. Das in den weichen, laubbedeckten Waldboden allmählich eingesickerte


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[0156] nicht zur Gleichgiltigkeit gegen feste und sichere Zeichnung. So wie er sich zur Zeit darstellt, verdient dieser Schweizer Novellist ganz gewiß zu den Erschei¬ nungen der gegenwärtigen Literatur gerechnet zu werden, von denen man gern ein Buch zur Hand nehmen mag und deren künftigen Leistungen man mit Antheil und Erwartung entgegensieht. Wasserwirthschaft. Eduard Braun. Von 3. Die deutsche Wasserwirthschaft. In unseren vorigen beiden Artikeln über Wasserwirthschaft haben wir klar zu machen versucht, wie die Natur mit dem Wasser auf Erden wirthschaftet' Im vorliegenden wollen wir versuchen damit in Vergleich zu stellen, wie die Deutschen mit dem Wasser wirthschaften, und zu zeigen, ob und wie ein hoch- cultivirtes Volk die ewigen Gesetze und die weisen Lehren der Natur zu erkennen und dem entsprechend zu handeln gelernt hat. Wir haben gesehen, daß die Natur für die Erreichung ihrer wasserwirtschaftlichen Zwecke sich immer nur eines einzigen einfachen Mittels bedient: Sie verzögert die Geschwindig¬ keit des niederfließenden Wassers. Wir werden bald erkennen, wie Recht Schopenhauer hat, wenn er sagt : „Der Mensch versteht die Sprache der Natur uicht, weil sie zu einfach ist." Denn wir thun das gerade Gegentheil von dem, was die Natur will und uns lehrt: Wir beschleunigen die Geschwindig¬ keit des niederfließenden Wassers. Alle wasserwirtschaftlichen Zwecke der Natur konnten wir in die beiden Hauptaufgaben zusammenfassen: der organischen Welt ihre Nahrungsmittel zu bereiten und dem Menschen mechanische Arbeit zu leisten. Im Nachfolgenden werden wir sehen, wie der Mensch sich bemüht, beide Aufgaben geflissentlich zu vereiteln. 1. Der Mensch hindert das Wasser, der organischen Welt ihre Nahrungsmittel zu bereiten. Die Pflanzendecke, namentlich in Form der Wälder, ist die sichere Vor¬ rathskammer, welche den Wasserüberfluß des Winters und des Frühjahrs sorg¬ sam in ihrem Schoße birgt und für den Sommer und Herbst haushälterisch zurücklegt. Das in den weichen, laubbedeckten Waldboden allmählich eingesickerte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/156>, abgerufen am 30.04.2024.