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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Der Unterscheidungszoll.

Wiederholt schon ist in den letzten Monaten in der Presse die Rede davon
gewesen, daß es wünschenswert!) sei, durch Erhebung eines sogenannten "Unter¬
scheidungszolles" (hart-ixo ä'ontroxgy die Einfuhr außereuropäischer Producte
direct ans dem überseeischen Erzeugungslande vor der indirecten Einfuhr über
nichtdeutsche europäische Handelsplätze zu begünstigen, weil dadurch der natio¬
nalen Nhederei, Seefahrt und Schiffbauerei ein Gebiet wieder erobert werden
könne, welches sie durch gleiche Maßregeln unserer Nachbarn in früheren Zeiten
verloren hat. Das Streben nach einem solchen Zolle ist in diesen Tagen be¬
sonders in Bremen und hier wieder vor allem durch den Reichstagsabgeord¬
neten Mosle laut geworden. Derselbe hat in Folge dessen allerhand Anfech¬
tungen zu erleiden gehabt, sich aber von Verfolgung seines Zieles nicht ab¬
schrecken lassen. Jetzt vertritt er seine Ansichten in einer ausführlichen Darlegung
unter dem Titel: "Der Unterscheidungszoll von A. G. Mosle, Mit¬
glied des Reichstags" (Bremen, Kühtmann, 1880).

Der von Mosle angeregte Gedanke ist, wie er selbst sagt, kein neuer. Aehn-
liches wurde schon vor mehr als drei Jahrzehnten (1844) von dem Bremer
Bürgermeister Dnckwitz lebhaft befürwortet und (1845) in einer Denkschrift des
Preußischen Handelsamtes begründet. Die letztere veranlaßte den Zusammen¬
tritt einer Commission hamburgischer Kaufleute und Juristen, die 1847 über
das Ergebniß ihrer Berathung dahin berichtete, daß die Idee der preußischen
Denkschrift ausführbar sei und eine wohlthätige Wirkung auf Handel und Schiff-
fahrt ausüben werde. Ein 1847 erschienenes Promemoria anderer Hamburger
bekämpfte diese Ansicht von einseitigem Standpunkte und mit schwachen Gründen.
1848 empfahl Duckwitz, damals Reichshaudelsminister, die Einführung des
Unterscheidungszolls von neuem, und in jüngster Zeit (im Januar v. I.) er¬
klärte einer der bedeutendsten Makler der Börse zu Hamburg der dortigen
Handelskammer, daß "Hamburgs oder vielmehr Deutschlands überseeischer Proper-
Hcmdel auf irgend eine Weise begünstigt werden muß, indem der directe über-


Grenzbvten III, 1S80. Lo
Der Unterscheidungszoll.

Wiederholt schon ist in den letzten Monaten in der Presse die Rede davon
gewesen, daß es wünschenswert!) sei, durch Erhebung eines sogenannten „Unter¬
scheidungszolles" (hart-ixo ä'ontroxgy die Einfuhr außereuropäischer Producte
direct ans dem überseeischen Erzeugungslande vor der indirecten Einfuhr über
nichtdeutsche europäische Handelsplätze zu begünstigen, weil dadurch der natio¬
nalen Nhederei, Seefahrt und Schiffbauerei ein Gebiet wieder erobert werden
könne, welches sie durch gleiche Maßregeln unserer Nachbarn in früheren Zeiten
verloren hat. Das Streben nach einem solchen Zolle ist in diesen Tagen be¬
sonders in Bremen und hier wieder vor allem durch den Reichstagsabgeord¬
neten Mosle laut geworden. Derselbe hat in Folge dessen allerhand Anfech¬
tungen zu erleiden gehabt, sich aber von Verfolgung seines Zieles nicht ab¬
schrecken lassen. Jetzt vertritt er seine Ansichten in einer ausführlichen Darlegung
unter dem Titel: „Der Unterscheidungszoll von A. G. Mosle, Mit¬
glied des Reichstags" (Bremen, Kühtmann, 1880).

Der von Mosle angeregte Gedanke ist, wie er selbst sagt, kein neuer. Aehn-
liches wurde schon vor mehr als drei Jahrzehnten (1844) von dem Bremer
Bürgermeister Dnckwitz lebhaft befürwortet und (1845) in einer Denkschrift des
Preußischen Handelsamtes begründet. Die letztere veranlaßte den Zusammen¬
tritt einer Commission hamburgischer Kaufleute und Juristen, die 1847 über
das Ergebniß ihrer Berathung dahin berichtete, daß die Idee der preußischen
Denkschrift ausführbar sei und eine wohlthätige Wirkung auf Handel und Schiff-
fahrt ausüben werde. Ein 1847 erschienenes Promemoria anderer Hamburger
bekämpfte diese Ansicht von einseitigem Standpunkte und mit schwachen Gründen.
1848 empfahl Duckwitz, damals Reichshaudelsminister, die Einführung des
Unterscheidungszolls von neuem, und in jüngster Zeit (im Januar v. I.) er¬
klärte einer der bedeutendsten Makler der Börse zu Hamburg der dortigen
Handelskammer, daß „Hamburgs oder vielmehr Deutschlands überseeischer Proper-
Hcmdel auf irgend eine Weise begünstigt werden muß, indem der directe über-


Grenzbvten III, 1S80. Lo
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[0302] Der Unterscheidungszoll. Wiederholt schon ist in den letzten Monaten in der Presse die Rede davon gewesen, daß es wünschenswert!) sei, durch Erhebung eines sogenannten „Unter¬ scheidungszolles" (hart-ixo ä'ontroxgy die Einfuhr außereuropäischer Producte direct ans dem überseeischen Erzeugungslande vor der indirecten Einfuhr über nichtdeutsche europäische Handelsplätze zu begünstigen, weil dadurch der natio¬ nalen Nhederei, Seefahrt und Schiffbauerei ein Gebiet wieder erobert werden könne, welches sie durch gleiche Maßregeln unserer Nachbarn in früheren Zeiten verloren hat. Das Streben nach einem solchen Zolle ist in diesen Tagen be¬ sonders in Bremen und hier wieder vor allem durch den Reichstagsabgeord¬ neten Mosle laut geworden. Derselbe hat in Folge dessen allerhand Anfech¬ tungen zu erleiden gehabt, sich aber von Verfolgung seines Zieles nicht ab¬ schrecken lassen. Jetzt vertritt er seine Ansichten in einer ausführlichen Darlegung unter dem Titel: „Der Unterscheidungszoll von A. G. Mosle, Mit¬ glied des Reichstags" (Bremen, Kühtmann, 1880). Der von Mosle angeregte Gedanke ist, wie er selbst sagt, kein neuer. Aehn- liches wurde schon vor mehr als drei Jahrzehnten (1844) von dem Bremer Bürgermeister Dnckwitz lebhaft befürwortet und (1845) in einer Denkschrift des Preußischen Handelsamtes begründet. Die letztere veranlaßte den Zusammen¬ tritt einer Commission hamburgischer Kaufleute und Juristen, die 1847 über das Ergebniß ihrer Berathung dahin berichtete, daß die Idee der preußischen Denkschrift ausführbar sei und eine wohlthätige Wirkung auf Handel und Schiff- fahrt ausüben werde. Ein 1847 erschienenes Promemoria anderer Hamburger bekämpfte diese Ansicht von einseitigem Standpunkte und mit schwachen Gründen. 1848 empfahl Duckwitz, damals Reichshaudelsminister, die Einführung des Unterscheidungszolls von neuem, und in jüngster Zeit (im Januar v. I.) er¬ klärte einer der bedeutendsten Makler der Börse zu Hamburg der dortigen Handelskammer, daß „Hamburgs oder vielmehr Deutschlands überseeischer Proper- Hcmdel auf irgend eine Weise begünstigt werden muß, indem der directe über- Grenzbvten III, 1S80. Lo

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/302>, abgerufen am 30.04.2024.