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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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bersten Seiten tritt uns Goethe in ihnen entgegegen -- aber auch hier zeigt
er sich als der, den wir schon so lange kennen, der Große und Gute, der Mensch
und der Kämpfer!

1.*)
An Lavater.

Der Rath Bertuch der des Herzogs Privat Kasse führt, wird mit heutiger
Post an dich wegen der tausend Thaler schreiben, Wie, wann und wo dn sie
erheben kannst. Mache mit ihm alles aus, du wirst eine Handschrifft ausstellen,
weitere Sicherheit kannst du wohl nicht machen. Sey höflich gegen den Mann
doch nicht zu gut.

Die überschvne Brcmckoni ist so artig gewesen und ist auf ihrem Rückwecg
über Weimar gegangen. Ich habe sie anderthalb Tage bewirthet und herum¬
geführt, u. f. w. Sie grüßt dich herzlich und ist liebenswürdig wie immer.

Adieu lieber Mensch. Die 60 Ldr für Knebeln lass ich oontrs wa-neurer,
er hat sie in Basel erhoben. ,


Grus alles. Adieu. W. an meinem 31ten Geburtstag d. 28 Aug 80
G.

Ein Qncirtblatt, ganz eigenhändig von Goethe beschrieben. -- Es ist bekannt,
wie mangelhaft die Ausgabe der Goethischen Briefe an Lavater ist. Nicht nur
Auslassungen in Menge sind in ihr zu verzeichnen, bedenklicher ist es, daß bisweilen
aus mehreren Briefen einer künstlich fabricirt worden ist. So ist es auch mit vor¬
stehendem Briefe ergangen, aus welchem, sowie aus einem vom 28. Juni desselben
Jahres, der auf S. 105 der erwähnten Ausgabe abgedruckte zusamnmigestoppclt
ist. Selbst in der Datumangabe hat sich dort ein Fehler eingeschlichen.

Die im ersten Absätze erwähnte Privatanleihe Lavaters vom Herzog wird
noch in einem späteren Briefe Goethes (ungedruckt) besprochen. -- Die Marchesa
Branconi -- die schone und geistvolle Geliebte des Herzogs Karl von Braun¬
schweig -- hatte Goethe bereits auf seiner Schweizerreise im Jahre 1779 kennen
gelernt und über sie an Frau von Stein geschrieben: "sie kommt mir so schön und
angenehm vor, daß ich mich etlichemale in ihrer Gegenwart stille fragte obs auch
wahr sein möchte, daß sie so schön sei. Einen Geist! ein Leben! einen Offcmnuth!
daß man eben nicht weiß woran man ist." Am 26. August 1780 kam, nach Aus-



*) Von den folgenden Briefen sind die Nummern 1, 4, 3--12 der im Besitz der Leip¬
ziger Universitätsbibliothek befindlichen Hirzclschen Gocthcbibliothck entnommen; von 2 und A
sind mir die Originale aus der Herzogl. Bibliothek zu Gotha in entgegenkommendster Weise
mitgetheilt worden; Ur. L verdanke ich meinem lieben Freunde, Herrn Senator Culemann
zu Hannover, dem eifrigen Pfleger und Förderer jedes wissenschaftlichen Strebens, Ur. 6
und 7 Herrn Rath und Oberbibliothekar Bodemann in Hannover, der von den im Besitz
des Herrn Oberstabsarztes Dr. Haase befindlichen Originalen Abschrift genommen und mir
dieselbe freundlichst zur Herausgabe liberlnsscn hat.

bersten Seiten tritt uns Goethe in ihnen entgegegen — aber auch hier zeigt
er sich als der, den wir schon so lange kennen, der Große und Gute, der Mensch
und der Kämpfer!

1.*)
An Lavater.

Der Rath Bertuch der des Herzogs Privat Kasse führt, wird mit heutiger
Post an dich wegen der tausend Thaler schreiben, Wie, wann und wo dn sie
erheben kannst. Mache mit ihm alles aus, du wirst eine Handschrifft ausstellen,
weitere Sicherheit kannst du wohl nicht machen. Sey höflich gegen den Mann
doch nicht zu gut.

Die überschvne Brcmckoni ist so artig gewesen und ist auf ihrem Rückwecg
über Weimar gegangen. Ich habe sie anderthalb Tage bewirthet und herum¬
geführt, u. f. w. Sie grüßt dich herzlich und ist liebenswürdig wie immer.

Adieu lieber Mensch. Die 60 Ldr für Knebeln lass ich oontrs wa-neurer,
er hat sie in Basel erhoben. ,


Grus alles. Adieu. W. an meinem 31ten Geburtstag d. 28 Aug 80
G.

Ein Qncirtblatt, ganz eigenhändig von Goethe beschrieben. — Es ist bekannt,
wie mangelhaft die Ausgabe der Goethischen Briefe an Lavater ist. Nicht nur
Auslassungen in Menge sind in ihr zu verzeichnen, bedenklicher ist es, daß bisweilen
aus mehreren Briefen einer künstlich fabricirt worden ist. So ist es auch mit vor¬
stehendem Briefe ergangen, aus welchem, sowie aus einem vom 28. Juni desselben
Jahres, der auf S. 105 der erwähnten Ausgabe abgedruckte zusamnmigestoppclt
ist. Selbst in der Datumangabe hat sich dort ein Fehler eingeschlichen.

Die im ersten Absätze erwähnte Privatanleihe Lavaters vom Herzog wird
noch in einem späteren Briefe Goethes (ungedruckt) besprochen. — Die Marchesa
Branconi — die schone und geistvolle Geliebte des Herzogs Karl von Braun¬
schweig — hatte Goethe bereits auf seiner Schweizerreise im Jahre 1779 kennen
gelernt und über sie an Frau von Stein geschrieben: „sie kommt mir so schön und
angenehm vor, daß ich mich etlichemale in ihrer Gegenwart stille fragte obs auch
wahr sein möchte, daß sie so schön sei. Einen Geist! ein Leben! einen Offcmnuth!
daß man eben nicht weiß woran man ist." Am 26. August 1780 kam, nach Aus-



*) Von den folgenden Briefen sind die Nummern 1, 4, 3—12 der im Besitz der Leip¬
ziger Universitätsbibliothek befindlichen Hirzclschen Gocthcbibliothck entnommen; von 2 und A
sind mir die Originale aus der Herzogl. Bibliothek zu Gotha in entgegenkommendster Weise
mitgetheilt worden; Ur. L verdanke ich meinem lieben Freunde, Herrn Senator Culemann
zu Hannover, dem eifrigen Pfleger und Förderer jedes wissenschaftlichen Strebens, Ur. 6
und 7 Herrn Rath und Oberbibliothekar Bodemann in Hannover, der von den im Besitz
des Herrn Oberstabsarztes Dr. Haase befindlichen Originalen Abschrift genommen und mir
dieselbe freundlichst zur Herausgabe liberlnsscn hat.
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[0351] bersten Seiten tritt uns Goethe in ihnen entgegegen — aber auch hier zeigt er sich als der, den wir schon so lange kennen, der Große und Gute, der Mensch und der Kämpfer! 1.*) An Lavater. Der Rath Bertuch der des Herzogs Privat Kasse führt, wird mit heutiger Post an dich wegen der tausend Thaler schreiben, Wie, wann und wo dn sie erheben kannst. Mache mit ihm alles aus, du wirst eine Handschrifft ausstellen, weitere Sicherheit kannst du wohl nicht machen. Sey höflich gegen den Mann doch nicht zu gut. Die überschvne Brcmckoni ist so artig gewesen und ist auf ihrem Rückwecg über Weimar gegangen. Ich habe sie anderthalb Tage bewirthet und herum¬ geführt, u. f. w. Sie grüßt dich herzlich und ist liebenswürdig wie immer. Adieu lieber Mensch. Die 60 Ldr für Knebeln lass ich oontrs wa-neurer, er hat sie in Basel erhoben. , Grus alles. Adieu. W. an meinem 31ten Geburtstag d. 28 Aug 80 G. Ein Qncirtblatt, ganz eigenhändig von Goethe beschrieben. — Es ist bekannt, wie mangelhaft die Ausgabe der Goethischen Briefe an Lavater ist. Nicht nur Auslassungen in Menge sind in ihr zu verzeichnen, bedenklicher ist es, daß bisweilen aus mehreren Briefen einer künstlich fabricirt worden ist. So ist es auch mit vor¬ stehendem Briefe ergangen, aus welchem, sowie aus einem vom 28. Juni desselben Jahres, der auf S. 105 der erwähnten Ausgabe abgedruckte zusamnmigestoppclt ist. Selbst in der Datumangabe hat sich dort ein Fehler eingeschlichen. Die im ersten Absätze erwähnte Privatanleihe Lavaters vom Herzog wird noch in einem späteren Briefe Goethes (ungedruckt) besprochen. — Die Marchesa Branconi — die schone und geistvolle Geliebte des Herzogs Karl von Braun¬ schweig — hatte Goethe bereits auf seiner Schweizerreise im Jahre 1779 kennen gelernt und über sie an Frau von Stein geschrieben: „sie kommt mir so schön und angenehm vor, daß ich mich etlichemale in ihrer Gegenwart stille fragte obs auch wahr sein möchte, daß sie so schön sei. Einen Geist! ein Leben! einen Offcmnuth! daß man eben nicht weiß woran man ist." Am 26. August 1780 kam, nach Aus- *) Von den folgenden Briefen sind die Nummern 1, 4, 3—12 der im Besitz der Leip¬ ziger Universitätsbibliothek befindlichen Hirzclschen Gocthcbibliothck entnommen; von 2 und A sind mir die Originale aus der Herzogl. Bibliothek zu Gotha in entgegenkommendster Weise mitgetheilt worden; Ur. L verdanke ich meinem lieben Freunde, Herrn Senator Culemann zu Hannover, dem eifrigen Pfleger und Förderer jedes wissenschaftlichen Strebens, Ur. 6 und 7 Herrn Rath und Oberbibliothekar Bodemann in Hannover, der von den im Besitz des Herrn Oberstabsarztes Dr. Haase befindlichen Originalen Abschrift genommen und mir dieselbe freundlichst zur Herausgabe liberlnsscn hat.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/351>, abgerufen am 30.04.2024.