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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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über ihn ans. Näheres über ihn geben auch die überaus interessante" Aufzeich-
lumgen Reinharts in seiner Selbstbiographie. Daß noch mehr als die zwei vor¬
liegenden Briefe Goethes an den Prinzen vorhanden gewesen sein müssen, ist mit
Sicherheit anzunehmen.

Was fiir eine Uebersetzung im ersten dieser beiden Schreiben gemeint sei, weis;
ich nicht anzugeben. Die beiliegende Büste wird ein Exemplar der von Klaner zu
verschiedenen Malen angefertigten und stets variirten Goethebüste gewesen sein.

Die Reise nach Erfurt zum Statthalter von Dalberg wird auf den 14. und
15. September anzusetzen sein, Graf Schuwaloff scheint aber erst am 18. Sep¬
tember Weimar verlassen zu haben. Das Maimseript der Schweizerreise war in
den Händen der Frau vou Stein, von ihr erbat es Goethe am 17. September
Morgens zurück.


4.
An Michael Salon.

Auf Ihr gefälliges Schreiben, dem Sie eine Probe der Uebersezung meines
Werthers beyfügten, und welches schon eine ganze Zeit bey mir liegt, Hütte ich
früher antworten sollen. Vergeben Sie diesen Aufschub meiner Laage, die mich
oft hindert, das gegen Auswärtige zu thun, was ich mir sonst für Pflicht achte.

Ihre Uebersetzung habe ich mit Vergnügen gelesen und daraus gar leicht
gesehen, daß Sie meine kleine Schrift und Ihre Absicht wohl verstanden haben,
und ich glaube Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Bemühung nicht besser be¬
zeigen zu können, als wenn ich mich erbiete Ihr Manuskript durchzugehen, über
einzelne Stellen meine Gedanken zu sagen und Ihnen zu überlaßen was Sie
nlsdann davon brauchen wollen. Solches zu thun, würde ich mich, bey meiner
wenigen Kenntniß der italiänischen Sprache, nicht wagen, wenn ich nicht einen
Gelehrten um mich hätte, der selbst in Italien lange gewesen, der, nach seiner
Rückkunft, sich das Studium der Sprache jederzeit angelegen seyn lassen, und
der selbst den Werther zu übersezen einen Versuch gemacht. Wenn Sie selbst
gegenwärtig wären, so brauchte es vielleicht dieses dritten Mannes nicht, ohne
den ich aber in der Entfernung Ihnen nicht nüzlich seyn zu können glaube.
Sobald ich Ihre Uebersezung erhalte, will ich einige freye Stunden, deren mich
der nächste Sommer hoffen läßt, solange dazu widmen biß ich diesem Verspre¬
chen, soviel möglich Genüge thue.

Die Vorliebe die ich für Ihre Sprache habe, macht mir es wünschens¬
wert!), diejenigen Gedanken und Empfindungen, die ich im deutscheu auszudrücken
und zu verbinden gesucht in ihr, in einer für mich neuen und überraschenden
Gestalt wieder zu erblicken. Leben Sie wohl und behalten Sie lange in allen
Ihren Geschäften die Munterkeit und den Muth, die nöthig waren, eine Schrift


über ihn ans. Näheres über ihn geben auch die überaus interessante« Aufzeich-
lumgen Reinharts in seiner Selbstbiographie. Daß noch mehr als die zwei vor¬
liegenden Briefe Goethes an den Prinzen vorhanden gewesen sein müssen, ist mit
Sicherheit anzunehmen.

Was fiir eine Uebersetzung im ersten dieser beiden Schreiben gemeint sei, weis;
ich nicht anzugeben. Die beiliegende Büste wird ein Exemplar der von Klaner zu
verschiedenen Malen angefertigten und stets variirten Goethebüste gewesen sein.

Die Reise nach Erfurt zum Statthalter von Dalberg wird auf den 14. und
15. September anzusetzen sein, Graf Schuwaloff scheint aber erst am 18. Sep¬
tember Weimar verlassen zu haben. Das Maimseript der Schweizerreise war in
den Händen der Frau vou Stein, von ihr erbat es Goethe am 17. September
Morgens zurück.


4.
An Michael Salon.

Auf Ihr gefälliges Schreiben, dem Sie eine Probe der Uebersezung meines
Werthers beyfügten, und welches schon eine ganze Zeit bey mir liegt, Hütte ich
früher antworten sollen. Vergeben Sie diesen Aufschub meiner Laage, die mich
oft hindert, das gegen Auswärtige zu thun, was ich mir sonst für Pflicht achte.

Ihre Uebersetzung habe ich mit Vergnügen gelesen und daraus gar leicht
gesehen, daß Sie meine kleine Schrift und Ihre Absicht wohl verstanden haben,
und ich glaube Ihnen meine Dankbarkeit für Ihre Bemühung nicht besser be¬
zeigen zu können, als wenn ich mich erbiete Ihr Manuskript durchzugehen, über
einzelne Stellen meine Gedanken zu sagen und Ihnen zu überlaßen was Sie
nlsdann davon brauchen wollen. Solches zu thun, würde ich mich, bey meiner
wenigen Kenntniß der italiänischen Sprache, nicht wagen, wenn ich nicht einen
Gelehrten um mich hätte, der selbst in Italien lange gewesen, der, nach seiner
Rückkunft, sich das Studium der Sprache jederzeit angelegen seyn lassen, und
der selbst den Werther zu übersezen einen Versuch gemacht. Wenn Sie selbst
gegenwärtig wären, so brauchte es vielleicht dieses dritten Mannes nicht, ohne
den ich aber in der Entfernung Ihnen nicht nüzlich seyn zu können glaube.
Sobald ich Ihre Uebersezung erhalte, will ich einige freye Stunden, deren mich
der nächste Sommer hoffen läßt, solange dazu widmen biß ich diesem Verspre¬
chen, soviel möglich Genüge thue.

Die Vorliebe die ich für Ihre Sprache habe, macht mir es wünschens¬
wert!), diejenigen Gedanken und Empfindungen, die ich im deutscheu auszudrücken
und zu verbinden gesucht in ihr, in einer für mich neuen und überraschenden
Gestalt wieder zu erblicken. Leben Sie wohl und behalten Sie lange in allen
Ihren Geschäften die Munterkeit und den Muth, die nöthig waren, eine Schrift


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/354>, abgerufen am 30.04.2024.