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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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zu übersezen, der ich einen so großen Werth wünschte, als Schwierigkeiten bei
dieser Arbeit sind. Weimar d. 20 Febr. 1782.


Goethe.

(Adresse:) Herrn
Michael Salon
nach
Padua.

Dictirt, nur die Namensunterschrift von Goethes Hand.

Bereits am 12. December 1781 hatte Goethe die Zusendung Salons erhalten
denn er schreibt an diesem Tage an Frau von Stein: "Man bat mir eine italiä¬
nische Uebersetzung des Werther zugeschickt. Was hat das Irrlicht für ein Aufsehn
gemacht! Auch dieser Mann hat ihn Wohl verstanden; seine Uebersetzung ist fast
immer Umschreibung; aber der glühende Ausdruck von Schmerz und Freude, die
sich unaufhaltsam in sich selbst verzehren, ist ganz verschwunden und darüber weis
man nicht was der Mensch will. Auch meinen vielgeliebten Namen hat er in
Annetta verwandelt. Du sollst es sehen und selbst urtheilen." An: 17. December
übersendet er der Freundin den italienischen Werther, "wir wollen die Briefe zu¬
sammen durchgehen". Am :;0. desselben Monats erbittet er ihn wieder zurück und
zugleich das im Besitz derselben befindliche deutsche Exemplar; er selbst scheint also
damals kein eigenes besessen zu habe", ein Umstand, der es auch erklärlich macht,
daß er nach Jahren, als er die Umarbeitung dieses seines Jugendwerkes vornahm,
sich nicht des Originaldruckes, sondern der entstellten Himburgscheu dritten Ausgabe
bediente. -- Unter dem Gelehrten, auf dessen Beihilfe Goethe bei der Revision der
Uebersetzung rechnet, wird der Kammerherr Sigismund vou Seckendorff zu verstehen
sein, der früher als Obriftlieutcncmt in sardinischen Diensten gestanden. Ob Goethe
später vou Salon das ganze Manuscript zugesandt erhalten und dasselbe wirklich
revidirt hat, wissen wir nicht, wie denn die Übersetzung Salons nie gedruckt worden
ist. Wahrscheinlich war und blieb sie ein Torso.


5.
An den Buchhändler Göschen.

Rom d. 20 Febr. 87.

Die vier ersten Bände sind nun bey Ihnen und ich wünsche zu dem Unter¬
nehmen Glück. Wie ich Iphigenien ungeschrieben habe, um sie einer guten
Aufnahme würdiger zu machen; so bin ich nun beschäfftigt auch den vier letzte"
Bänden eine andre Gestalt zu geben. H. G. S. Herder wird Ihnen ein Blätt-
chen schicken, wodurch Sie das Publikum von meinem Vorsatze benachrichtigen
können. Gegenwärtig arbeite ich an Tasso, dann soll Egmont folgen. Wenn
ich es nur irgend zwingen kann sollen Sie auf Michael wieder zwey Bünde
haben. Das Publikum wird gerne warten. Wenigstens habe ich von allen
Enden her Zuruf daß ich die Stücke endigen soll.


zu übersezen, der ich einen so großen Werth wünschte, als Schwierigkeiten bei
dieser Arbeit sind. Weimar d. 20 Febr. 1782.


Goethe.

(Adresse:) Herrn
Michael Salon
nach
Padua.

Dictirt, nur die Namensunterschrift von Goethes Hand.

Bereits am 12. December 1781 hatte Goethe die Zusendung Salons erhalten
denn er schreibt an diesem Tage an Frau von Stein: „Man bat mir eine italiä¬
nische Uebersetzung des Werther zugeschickt. Was hat das Irrlicht für ein Aufsehn
gemacht! Auch dieser Mann hat ihn Wohl verstanden; seine Uebersetzung ist fast
immer Umschreibung; aber der glühende Ausdruck von Schmerz und Freude, die
sich unaufhaltsam in sich selbst verzehren, ist ganz verschwunden und darüber weis
man nicht was der Mensch will. Auch meinen vielgeliebten Namen hat er in
Annetta verwandelt. Du sollst es sehen und selbst urtheilen." An: 17. December
übersendet er der Freundin den italienischen Werther, „wir wollen die Briefe zu¬
sammen durchgehen". Am :;0. desselben Monats erbittet er ihn wieder zurück und
zugleich das im Besitz derselben befindliche deutsche Exemplar; er selbst scheint also
damals kein eigenes besessen zu habe», ein Umstand, der es auch erklärlich macht,
daß er nach Jahren, als er die Umarbeitung dieses seines Jugendwerkes vornahm,
sich nicht des Originaldruckes, sondern der entstellten Himburgscheu dritten Ausgabe
bediente. — Unter dem Gelehrten, auf dessen Beihilfe Goethe bei der Revision der
Uebersetzung rechnet, wird der Kammerherr Sigismund vou Seckendorff zu verstehen
sein, der früher als Obriftlieutcncmt in sardinischen Diensten gestanden. Ob Goethe
später vou Salon das ganze Manuscript zugesandt erhalten und dasselbe wirklich
revidirt hat, wissen wir nicht, wie denn die Übersetzung Salons nie gedruckt worden
ist. Wahrscheinlich war und blieb sie ein Torso.


5.
An den Buchhändler Göschen.

Rom d. 20 Febr. 87.

Die vier ersten Bände sind nun bey Ihnen und ich wünsche zu dem Unter¬
nehmen Glück. Wie ich Iphigenien ungeschrieben habe, um sie einer guten
Aufnahme würdiger zu machen; so bin ich nun beschäfftigt auch den vier letzte»
Bänden eine andre Gestalt zu geben. H. G. S. Herder wird Ihnen ein Blätt-
chen schicken, wodurch Sie das Publikum von meinem Vorsatze benachrichtigen
können. Gegenwärtig arbeite ich an Tasso, dann soll Egmont folgen. Wenn
ich es nur irgend zwingen kann sollen Sie auf Michael wieder zwey Bünde
haben. Das Publikum wird gerne warten. Wenigstens habe ich von allen
Enden her Zuruf daß ich die Stücke endigen soll.


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[0355] zu übersezen, der ich einen so großen Werth wünschte, als Schwierigkeiten bei dieser Arbeit sind. Weimar d. 20 Febr. 1782. Goethe. (Adresse:) Herrn Michael Salon nach Padua. Dictirt, nur die Namensunterschrift von Goethes Hand. Bereits am 12. December 1781 hatte Goethe die Zusendung Salons erhalten denn er schreibt an diesem Tage an Frau von Stein: „Man bat mir eine italiä¬ nische Uebersetzung des Werther zugeschickt. Was hat das Irrlicht für ein Aufsehn gemacht! Auch dieser Mann hat ihn Wohl verstanden; seine Uebersetzung ist fast immer Umschreibung; aber der glühende Ausdruck von Schmerz und Freude, die sich unaufhaltsam in sich selbst verzehren, ist ganz verschwunden und darüber weis man nicht was der Mensch will. Auch meinen vielgeliebten Namen hat er in Annetta verwandelt. Du sollst es sehen und selbst urtheilen." An: 17. December übersendet er der Freundin den italienischen Werther, „wir wollen die Briefe zu¬ sammen durchgehen". Am :;0. desselben Monats erbittet er ihn wieder zurück und zugleich das im Besitz derselben befindliche deutsche Exemplar; er selbst scheint also damals kein eigenes besessen zu habe», ein Umstand, der es auch erklärlich macht, daß er nach Jahren, als er die Umarbeitung dieses seines Jugendwerkes vornahm, sich nicht des Originaldruckes, sondern der entstellten Himburgscheu dritten Ausgabe bediente. — Unter dem Gelehrten, auf dessen Beihilfe Goethe bei der Revision der Uebersetzung rechnet, wird der Kammerherr Sigismund vou Seckendorff zu verstehen sein, der früher als Obriftlieutcncmt in sardinischen Diensten gestanden. Ob Goethe später vou Salon das ganze Manuscript zugesandt erhalten und dasselbe wirklich revidirt hat, wissen wir nicht, wie denn die Übersetzung Salons nie gedruckt worden ist. Wahrscheinlich war und blieb sie ein Torso. 5. An den Buchhändler Göschen. Rom d. 20 Febr. 87. Die vier ersten Bände sind nun bey Ihnen und ich wünsche zu dem Unter¬ nehmen Glück. Wie ich Iphigenien ungeschrieben habe, um sie einer guten Aufnahme würdiger zu machen; so bin ich nun beschäfftigt auch den vier letzte» Bänden eine andre Gestalt zu geben. H. G. S. Herder wird Ihnen ein Blätt- chen schicken, wodurch Sie das Publikum von meinem Vorsatze benachrichtigen können. Gegenwärtig arbeite ich an Tasso, dann soll Egmont folgen. Wenn ich es nur irgend zwingen kann sollen Sie auf Michael wieder zwey Bünde haben. Das Publikum wird gerne warten. Wenigstens habe ich von allen Enden her Zuruf daß ich die Stücke endigen soll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/355>, abgerufen am 30.04.2024.