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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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die Sache noch besonders erleichterte. Die Alliteration hat sicher auch die Ver¬
bindungen Peter Paul und Johann Jacob (Jean Jacques) als Taufnamen so ge¬
läufig gemacht; ich erinnere nur an Peter Paul Rubens, Johan Jacob Bodmer,
Johann Jacob Breitinger. Und sollte nicht auch das oft citirte Wort des Abge¬
ordneten von Veckerath im preußischen Landtage: "Meine Wiege stand am Web¬
stuhl meines Vaters" der in den beiden Hauptwörtern sich findenden, diese selbst
kräftig hervorhebenden Alliteration zum guten Theile seine Popularität danken?


Hermann Schnees.


Die akademische Kunstausstellung in Berlin.
2.

Der Director unserer Kunstakademie, Anton von Werner, hat auch auf
der gegenwärtigen Kunstausstellung ein umfassendes Zeugniß für die leidige,
schon oft genug beklagte Thatsache abgelegt, daß ihm das Gefühl für den monu¬
mentalen Stil, ja sogar das Verständniß für die einfachsten Forderungen des¬
selben vollkommen abgeht. An und für sich wäre dieser Mangel schon zu er¬
tragen. Aber ein beklagenswerthes Fatum wirft diesem Maler einen monumen¬
talen Auftrag nach den: anderen in den Schooß, und nicht immer wacht, wie
bei den Gemälden für die Aula der Kieler Universität, eine höhere Instanz
darüber, daß die Würde des monumentalen Stils gewahrt wird und seine Gesetze
respectirt werden. Ein Auftrag, den A. v. Werner für das Rathhaus in Saar¬
brücken ausgeführt, hat leider einer solchen Censur nicht unterlegen. Der Maler
ist seinem eigenen Impuls gefolgt und hat, statt eines Monumentalgemäldes,
eine colossale, mattgefärbte Illustration zu Stande gebracht, welche einen Mo¬
ment aus dem Sturm auf den Spicherer Berg festhält, ungefähr wie es wäh¬
rend des Krieges die Zeichner für die illustrirten Blätter zu thun pflegten. Ein
derartiges Gemälde, welches zum ewigen Gedächtniß an eine kühne Heldenthat des
Krieges dienen soll, hätte unter allen Umständen auf die Wand gemalt werden
müssen statt auf Leinwand, die in ein Rahmenwerk eingelassen wird. Es scheint
überhaupt, als hätte unser Akademiedirector trotz seiner Vorliebe für monumen¬
tale Arbeiten keine allzu lebhafte Neigung für die Wandmalerei. Man erzählt
sich, daß ihm die Absicht der Commission, die vier großen Wandgemälde für
den Kuppelsaal des Zeughauses, von denen ihm die Kaiserproclamation in Ver¬
sailles übertragen worden ist, in Caseüimalerei ausführen zu lassen, keine son-


die Sache noch besonders erleichterte. Die Alliteration hat sicher auch die Ver¬
bindungen Peter Paul und Johann Jacob (Jean Jacques) als Taufnamen so ge¬
läufig gemacht; ich erinnere nur an Peter Paul Rubens, Johan Jacob Bodmer,
Johann Jacob Breitinger. Und sollte nicht auch das oft citirte Wort des Abge¬
ordneten von Veckerath im preußischen Landtage: „Meine Wiege stand am Web¬
stuhl meines Vaters" der in den beiden Hauptwörtern sich findenden, diese selbst
kräftig hervorhebenden Alliteration zum guten Theile seine Popularität danken?


Hermann Schnees.


Die akademische Kunstausstellung in Berlin.
2.

Der Director unserer Kunstakademie, Anton von Werner, hat auch auf
der gegenwärtigen Kunstausstellung ein umfassendes Zeugniß für die leidige,
schon oft genug beklagte Thatsache abgelegt, daß ihm das Gefühl für den monu¬
mentalen Stil, ja sogar das Verständniß für die einfachsten Forderungen des¬
selben vollkommen abgeht. An und für sich wäre dieser Mangel schon zu er¬
tragen. Aber ein beklagenswerthes Fatum wirft diesem Maler einen monumen¬
talen Auftrag nach den: anderen in den Schooß, und nicht immer wacht, wie
bei den Gemälden für die Aula der Kieler Universität, eine höhere Instanz
darüber, daß die Würde des monumentalen Stils gewahrt wird und seine Gesetze
respectirt werden. Ein Auftrag, den A. v. Werner für das Rathhaus in Saar¬
brücken ausgeführt, hat leider einer solchen Censur nicht unterlegen. Der Maler
ist seinem eigenen Impuls gefolgt und hat, statt eines Monumentalgemäldes,
eine colossale, mattgefärbte Illustration zu Stande gebracht, welche einen Mo¬
ment aus dem Sturm auf den Spicherer Berg festhält, ungefähr wie es wäh¬
rend des Krieges die Zeichner für die illustrirten Blätter zu thun pflegten. Ein
derartiges Gemälde, welches zum ewigen Gedächtniß an eine kühne Heldenthat des
Krieges dienen soll, hätte unter allen Umständen auf die Wand gemalt werden
müssen statt auf Leinwand, die in ein Rahmenwerk eingelassen wird. Es scheint
überhaupt, als hätte unser Akademiedirector trotz seiner Vorliebe für monumen¬
tale Arbeiten keine allzu lebhafte Neigung für die Wandmalerei. Man erzählt
sich, daß ihm die Absicht der Commission, die vier großen Wandgemälde für
den Kuppelsaal des Zeughauses, von denen ihm die Kaiserproclamation in Ver¬
sailles übertragen worden ist, in Caseüimalerei ausführen zu lassen, keine son-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/537>, abgerufen am 30.04.2024.