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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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Gymnasien so in Ordnung sei, daß nicht auch in ihnen, wie in so vielen Dingen
dieser unvollkommenen Welt, hie und da gebessert werden konnte. In der That
kann gewiß durch Vervollkomnung der Methode, durch das Abwerfen manches
Ballastes, der nur in tuwram oklivlonsn gelernt wird, dnrch Strenge bei den
Klassenversetzungen, durch Beschränkung der Schülerzahl in den Klassen und
dergl. manches geschehen, was den Weg, den unsere Ghmnasialjugend geführt
werden muß, wenn sie nicht in einen seichten Dilettantismus oder in eine ein¬
seitige Fachdressur gerathen soll, ebener und bequemer zu gestalten im Stande
sein würde. Es würde sich empfehlen, wenn man, einem schon oft von einsichts¬
vollen Schulmännern gemachten Vorschlage und dem Beispiele süddeutscher
Gymnasien und dem der Stadt Braunschweig folgend, den Anfang des fran¬
zösischen Unterrichts aus der Quinta in die Tertia verlegte; nicht überfflüssig ist
es auch, daß die Directoren beständig darauf achten, daß nicht gut gemeinter
Eifer oder auch Maugel an Einsicht hie und da über das Ziel hinausfahren.
Dies alles betrifft aber nicht den in einer Jahrhunderte langen Entwicklung
und Erfahrung entstandenen und bewährten Organismus dieser Anstalten. Ihr
Knochengerüst, ihre edelsten, Leben und Gedeihen bedingenden Organe sind ge¬
sund; was Anlaß zu begründeten Ausstellungen geben kann, sind nur geringere
Gebrechen, zu deren Heilung es uicht des Messers und Breuueisens bedarf, es
siud Mängel, die bei gutem Willen durch das Zusammenwirken der Behörden,
Lehrer und Eltern, wo sie sich zeigen, ohne große Mühe sich hinwegschaffen
lassen, Mängel jedenfalls nicht von der Art, daß das deutsche Volk die Erzie-
hung der Jugend in seinen Gymnasien als "unnatürlich und ungesund" anzu¬
sehen Ursache hätte. Und weil dies so ist, so hegt der Verfasser dieser Zeilen
die feste Hoffnung, daß trotz aller bereits erfolgten und noch zu erwartende"
Angriffe und Anklagen die humanistischen Gymnasien in ihrer jetzigen Organi¬
sation mit Gottes Hilfe das bleiben sollen, was sie bisher im Großen und
Ganzen gewesen sind: die Zierde unseres Vaterlandes und eine der Hauptstützen
seiner geistigen und sittlichen Gesundheit.


Friedrich Koldewey.


Die Oerjudung des deutschen Theaters.

"Es ist verfault" -- so Hort man deu Polen sagen, wenn er von einer
Geschäftsbräuche oder einem Handwerk spricht, welches sich in Intendanten be-


Gymnasien so in Ordnung sei, daß nicht auch in ihnen, wie in so vielen Dingen
dieser unvollkommenen Welt, hie und da gebessert werden konnte. In der That
kann gewiß durch Vervollkomnung der Methode, durch das Abwerfen manches
Ballastes, der nur in tuwram oklivlonsn gelernt wird, dnrch Strenge bei den
Klassenversetzungen, durch Beschränkung der Schülerzahl in den Klassen und
dergl. manches geschehen, was den Weg, den unsere Ghmnasialjugend geführt
werden muß, wenn sie nicht in einen seichten Dilettantismus oder in eine ein¬
seitige Fachdressur gerathen soll, ebener und bequemer zu gestalten im Stande
sein würde. Es würde sich empfehlen, wenn man, einem schon oft von einsichts¬
vollen Schulmännern gemachten Vorschlage und dem Beispiele süddeutscher
Gymnasien und dem der Stadt Braunschweig folgend, den Anfang des fran¬
zösischen Unterrichts aus der Quinta in die Tertia verlegte; nicht überfflüssig ist
es auch, daß die Directoren beständig darauf achten, daß nicht gut gemeinter
Eifer oder auch Maugel an Einsicht hie und da über das Ziel hinausfahren.
Dies alles betrifft aber nicht den in einer Jahrhunderte langen Entwicklung
und Erfahrung entstandenen und bewährten Organismus dieser Anstalten. Ihr
Knochengerüst, ihre edelsten, Leben und Gedeihen bedingenden Organe sind ge¬
sund; was Anlaß zu begründeten Ausstellungen geben kann, sind nur geringere
Gebrechen, zu deren Heilung es uicht des Messers und Breuueisens bedarf, es
siud Mängel, die bei gutem Willen durch das Zusammenwirken der Behörden,
Lehrer und Eltern, wo sie sich zeigen, ohne große Mühe sich hinwegschaffen
lassen, Mängel jedenfalls nicht von der Art, daß das deutsche Volk die Erzie-
hung der Jugend in seinen Gymnasien als „unnatürlich und ungesund" anzu¬
sehen Ursache hätte. Und weil dies so ist, so hegt der Verfasser dieser Zeilen
die feste Hoffnung, daß trotz aller bereits erfolgten und noch zu erwartende»
Angriffe und Anklagen die humanistischen Gymnasien in ihrer jetzigen Organi¬
sation mit Gottes Hilfe das bleiben sollen, was sie bisher im Großen und
Ganzen gewesen sind: die Zierde unseres Vaterlandes und eine der Hauptstützen
seiner geistigen und sittlichen Gesundheit.


Friedrich Koldewey.


Die Oerjudung des deutschen Theaters.

„Es ist verfault" — so Hort man deu Polen sagen, wenn er von einer
Geschäftsbräuche oder einem Handwerk spricht, welches sich in Intendanten be-


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[0032] Gymnasien so in Ordnung sei, daß nicht auch in ihnen, wie in so vielen Dingen dieser unvollkommenen Welt, hie und da gebessert werden konnte. In der That kann gewiß durch Vervollkomnung der Methode, durch das Abwerfen manches Ballastes, der nur in tuwram oklivlonsn gelernt wird, dnrch Strenge bei den Klassenversetzungen, durch Beschränkung der Schülerzahl in den Klassen und dergl. manches geschehen, was den Weg, den unsere Ghmnasialjugend geführt werden muß, wenn sie nicht in einen seichten Dilettantismus oder in eine ein¬ seitige Fachdressur gerathen soll, ebener und bequemer zu gestalten im Stande sein würde. Es würde sich empfehlen, wenn man, einem schon oft von einsichts¬ vollen Schulmännern gemachten Vorschlage und dem Beispiele süddeutscher Gymnasien und dem der Stadt Braunschweig folgend, den Anfang des fran¬ zösischen Unterrichts aus der Quinta in die Tertia verlegte; nicht überfflüssig ist es auch, daß die Directoren beständig darauf achten, daß nicht gut gemeinter Eifer oder auch Maugel an Einsicht hie und da über das Ziel hinausfahren. Dies alles betrifft aber nicht den in einer Jahrhunderte langen Entwicklung und Erfahrung entstandenen und bewährten Organismus dieser Anstalten. Ihr Knochengerüst, ihre edelsten, Leben und Gedeihen bedingenden Organe sind ge¬ sund; was Anlaß zu begründeten Ausstellungen geben kann, sind nur geringere Gebrechen, zu deren Heilung es uicht des Messers und Breuueisens bedarf, es siud Mängel, die bei gutem Willen durch das Zusammenwirken der Behörden, Lehrer und Eltern, wo sie sich zeigen, ohne große Mühe sich hinwegschaffen lassen, Mängel jedenfalls nicht von der Art, daß das deutsche Volk die Erzie- hung der Jugend in seinen Gymnasien als „unnatürlich und ungesund" anzu¬ sehen Ursache hätte. Und weil dies so ist, so hegt der Verfasser dieser Zeilen die feste Hoffnung, daß trotz aller bereits erfolgten und noch zu erwartende» Angriffe und Anklagen die humanistischen Gymnasien in ihrer jetzigen Organi¬ sation mit Gottes Hilfe das bleiben sollen, was sie bisher im Großen und Ganzen gewesen sind: die Zierde unseres Vaterlandes und eine der Hauptstützen seiner geistigen und sittlichen Gesundheit. Friedrich Koldewey. Die Oerjudung des deutschen Theaters. „Es ist verfault" — so Hort man deu Polen sagen, wenn er von einer Geschäftsbräuche oder einem Handwerk spricht, welches sich in Intendanten be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/32>, abgerufen am 02.05.2024.