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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Briefe des Grafen Friedrich Leopold ^tolberg
an
Johann Heinrich voß
aus den Jahren 1.786 und 5?87.
(Schluß.)
11.

Reuend, d, 23sten Febr. 1787.

Wiewohl sich unsre lezten Briefe haben begegnen müssen, so kann ich doch nicht
unterlassen Ihnen heut gleich ans Ihren Vorwurf zu antworten.

Es thut mir weh Ihnen sagen zu müssen daß ich Sie im ki. Aufsatze nicht
gemeint habe. Mit keinem Getrunken fielen Sie mir ein, sondern die Berliner, die
ich mit ihrem Eifer für den Protestantismus allezeit für Heuchler u. hämische Ver¬
leumder gehalten habe, halte u. halten werde, äixi.

Sie sind der einzige unter meinen Freunden der ize über die Berliner anders
deuckt, aber Sie sind kein Freund der Berliner, u. man kann diesen die Warheit
sagen ohne Sie zu beleidigen. Thut es nun gar einer Ihrer liebsten Freunde so
haben Sie doppelt Unrecht es auf sich zu deuten. Voss ausgenommen kann es
keinem Menschen eingefallen sehn daß ich hieben an Vosscn dachte. Mir am wenigsten.
Ihr Vorwurf könnte sehr kränkend seyn, ich will mich aber uicht träncken lassen.
Eine Grille wie die war kann nicht lange in Ihrem Kopf n. Herzen geblieben seyn.

Es thut uns allen sehr leid daß Sie in Flensburg den Brunnen trincken wollen.
Stade ist uur 12 Meilen von uns, wie weit es von Ihnen ist das werden Sie wissen.
Sie könnten zugleich Boie besuchen. Von Mcldorf ist Neuenburg Wohl uicht viel
weiter als Flensburg von Eutin. Ernestine müste bey Leibe nicht zurückbleiben.

Mein Bruder soll Ihnen, sobald er es gelesen n. beeommeutirt hat, mein
Mskt Die Insel schicken. Ich habe ihm nur deu ersten Theil gesandt. Dieser
ist Prosa. Der andre Poesie, ist aber nicht fertig. Meine Schwester die Bernstorf
soll Ihnen mein Apollons Hain senden. Ueber beides werden mir Ihre Anmercknngcn
sehr lieb seyn. Sie senden die Insel an meine Schwester Bernstorf.

Unsrer lieben Ernestine viel Liebes! Agnes grüsset herzlich. Sie ist wohl.
Kätchen schreibt glaube ich an Sie. Vielleicht lassen wir die Kinder bald inoculiren,
denn in der Nähe sind die Pocken.

Aus dem griechischen Briefe sehen Sie daß ein Exempl. des griechischen Virgils
Ihnen bestimmt ist. Lassen Sie es mir zu Wasser nach Lübeck schicken. Um der
Seltenheit der Sache willen bitte ich mir den gr. Brief wieder aus u. weil ich
dem Manne antworten muß, ich teilete auf französisch. Seinen Namen habe ich
vergessen, mich deucht S^lunari. Schreibt Nicolai deu Namen nicht? Leben Sie
wohl u. verkennen Sie nie wieder Ihren treuen Freund. Ich kann Unrecht haben,
unedel handeln kann ich nicht. s^c-xw. F. L. Se.

N. S. Neulich erhielt ich einen Brief von Bürger, er wünschte hier in Dienste
zu kommen. Ich würde mich herzlich freuen, eine Beamtenstelle wäre recht gut;
er soll ein grosser Jurist seyn. Ich habe ihn gebeten mir einen Brief zu schreiben
den ich zeigen könnte; hoffe aber wenig. Hellem schreibt mir man trüge B. ize


Briefe des Grafen Friedrich Leopold ^tolberg
an
Johann Heinrich voß
aus den Jahren 1.786 und 5?87.
(Schluß.)
11.

Reuend, d, 23sten Febr. 1787.

Wiewohl sich unsre lezten Briefe haben begegnen müssen, so kann ich doch nicht
unterlassen Ihnen heut gleich ans Ihren Vorwurf zu antworten.

Es thut mir weh Ihnen sagen zu müssen daß ich Sie im ki. Aufsatze nicht
gemeint habe. Mit keinem Getrunken fielen Sie mir ein, sondern die Berliner, die
ich mit ihrem Eifer für den Protestantismus allezeit für Heuchler u. hämische Ver¬
leumder gehalten habe, halte u. halten werde, äixi.

Sie sind der einzige unter meinen Freunden der ize über die Berliner anders
deuckt, aber Sie sind kein Freund der Berliner, u. man kann diesen die Warheit
sagen ohne Sie zu beleidigen. Thut es nun gar einer Ihrer liebsten Freunde so
haben Sie doppelt Unrecht es auf sich zu deuten. Voss ausgenommen kann es
keinem Menschen eingefallen sehn daß ich hieben an Vosscn dachte. Mir am wenigsten.
Ihr Vorwurf könnte sehr kränkend seyn, ich will mich aber uicht träncken lassen.
Eine Grille wie die war kann nicht lange in Ihrem Kopf n. Herzen geblieben seyn.

Es thut uns allen sehr leid daß Sie in Flensburg den Brunnen trincken wollen.
Stade ist uur 12 Meilen von uns, wie weit es von Ihnen ist das werden Sie wissen.
Sie könnten zugleich Boie besuchen. Von Mcldorf ist Neuenburg Wohl uicht viel
weiter als Flensburg von Eutin. Ernestine müste bey Leibe nicht zurückbleiben.

Mein Bruder soll Ihnen, sobald er es gelesen n. beeommeutirt hat, mein
Mskt Die Insel schicken. Ich habe ihm nur deu ersten Theil gesandt. Dieser
ist Prosa. Der andre Poesie, ist aber nicht fertig. Meine Schwester die Bernstorf
soll Ihnen mein Apollons Hain senden. Ueber beides werden mir Ihre Anmercknngcn
sehr lieb seyn. Sie senden die Insel an meine Schwester Bernstorf.

Unsrer lieben Ernestine viel Liebes! Agnes grüsset herzlich. Sie ist wohl.
Kätchen schreibt glaube ich an Sie. Vielleicht lassen wir die Kinder bald inoculiren,
denn in der Nähe sind die Pocken.

Aus dem griechischen Briefe sehen Sie daß ein Exempl. des griechischen Virgils
Ihnen bestimmt ist. Lassen Sie es mir zu Wasser nach Lübeck schicken. Um der
Seltenheit der Sache willen bitte ich mir den gr. Brief wieder aus u. weil ich
dem Manne antworten muß, ich teilete auf französisch. Seinen Namen habe ich
vergessen, mich deucht S^lunari. Schreibt Nicolai deu Namen nicht? Leben Sie
wohl u. verkennen Sie nie wieder Ihren treuen Freund. Ich kann Unrecht haben,
unedel handeln kann ich nicht. s^c-xw. F. L. Se.

N. S. Neulich erhielt ich einen Brief von Bürger, er wünschte hier in Dienste
zu kommen. Ich würde mich herzlich freuen, eine Beamtenstelle wäre recht gut;
er soll ein grosser Jurist seyn. Ich habe ihn gebeten mir einen Brief zu schreiben
den ich zeigen könnte; hoffe aber wenig. Hellem schreibt mir man trüge B. ize


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/200>, abgerufen am 06.05.2024.