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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Briefe des Grafen Friedrich Leopold Stolberg an Johann Heinrich voß.

Nach Jahren hat Sie der Brautkranz in der Muhme Hand mit Dornen gerizt.
Dann werfen Sie mir die vielen Herzensfreunde vor. Auch Freunde sind
Axe-)^ ^emise" 6c^" die man nicht als eine Schmach vorwerfen muß. Ihnen
hat keiner in meinem Herzen Schaden gethan, keiner wird es thun. Und ich fühlte
mich nie reicher an Freunden als wenn ich des Abends in der Wasserstraße Sie
aufsuchte, oder im Rathhause, oder wenn Sie mich in unserm Hanse besuchten,
oder wir am kleinen See irrten.

Fort mit des Teufels Auskehricht! Wir müssen um einmal Freunde seyn, da
hilft nichts vor. Ich will daß Sie es sollen, u. in diesem Fall ist hinreissende
Starcke immer im Arm des Wollenden.

Diesen Sommer will ich Ihr Gast seyn, n. ein freundliches Gesicht finden.

Und um noch eins, alter Grübler!

Werden Sie auch wegen einiger launigter Stellen meine Rührung, n. den
Ernst dieser Rührung verkennen? So wären Sie noch im ^..L. 0. der Keutniß
Ihres Sie von ganzer Seele liebenden Freundes!


F. L. Stolberg.

Tausend u. 1000 Grüße an die liebe Ernestine, die mich lieb haben muß sie
wolle oder nicht.


15.

Neuenb. d. 11t. Mny 87.

Mit herzlicher Zuversicht u. doch mit einigem Herzklopfen, öfnete ich heut früh
Ihren lieben Brief, bester Voß, u. schämte mich bald des Herzklopfens! Es fielen
mir gleich die Verse in die Angeln
'


?" c^o^tssAs? pp.

und frappirten mich desto mehr da ich eben diese neulich im Sinne hatte u. nur
vergaß Ihnen zu schreiben.

Wir freuen uns herzlich wie Ihr aufs Wiederse.hu. Anfang Jury reisen wir.
Aber die ersten 4 Wochen wird Gustchcn uns nicht von sich lassen. Also liebster
Voß trincken n. baden Sie in Flensburg in Ruhe. Auch sind wir freier wenn der
Hof nicht mehr in Eutin ist.

Ach zu schnell werden uns bey Euch Ihr Geliebten, die Tage verfliessen, aber
wir haben es uns fest in den Kopf gesezt daß Ihr künftiges Frühjahr einige Wochen
bey uns seyn solt. Neuenburg ist kein Eutin, aber auch wir haben Wasser, Wald
u. Nachtigallen, haben ungestörtere Einsamkeit, u. keine Tanten welche Agnes in
Eutin umspinnen.

Bey uns soll Ihnen der Pyrmonter treflich bekommen, es kommt mehr darauf
an, wo als was man trinckt.

Ja wohl waren wir Kinder, liebster Voß, kleine Rozbübchen, jeder stand in
seine", Winkel n. mantle.

Ich bauete wir haben uns ein für allemal abgewischt. Gott sey mit Euch
Ihr Juniggeliebtcn die ich mit der zärtlichsten Liebe umarme.


F. L. Se.

Ist Ihnen nie eingefallen wie ich einmal darauf pochte daß wir uns noch nie
gezänelt hätten? Die Ala belauschte mich! Hol der Teufel die Adel!

Agnes kränckelt heute. Nächstens wird sie Eruestiuens lieben Brief beantworten.




Grenzboten II- 1881.26
Briefe des Grafen Friedrich Leopold Stolberg an Johann Heinrich voß.

Nach Jahren hat Sie der Brautkranz in der Muhme Hand mit Dornen gerizt.
Dann werfen Sie mir die vielen Herzensfreunde vor. Auch Freunde sind
Axe-)^ ^emise« 6c^« die man nicht als eine Schmach vorwerfen muß. Ihnen
hat keiner in meinem Herzen Schaden gethan, keiner wird es thun. Und ich fühlte
mich nie reicher an Freunden als wenn ich des Abends in der Wasserstraße Sie
aufsuchte, oder im Rathhause, oder wenn Sie mich in unserm Hanse besuchten,
oder wir am kleinen See irrten.

Fort mit des Teufels Auskehricht! Wir müssen um einmal Freunde seyn, da
hilft nichts vor. Ich will daß Sie es sollen, u. in diesem Fall ist hinreissende
Starcke immer im Arm des Wollenden.

Diesen Sommer will ich Ihr Gast seyn, n. ein freundliches Gesicht finden.

Und um noch eins, alter Grübler!

Werden Sie auch wegen einiger launigter Stellen meine Rührung, n. den
Ernst dieser Rührung verkennen? So wären Sie noch im ^..L. 0. der Keutniß
Ihres Sie von ganzer Seele liebenden Freundes!


F. L. Stolberg.

Tausend u. 1000 Grüße an die liebe Ernestine, die mich lieb haben muß sie
wolle oder nicht.


15.

Neuenb. d. 11t. Mny 87.

Mit herzlicher Zuversicht u. doch mit einigem Herzklopfen, öfnete ich heut früh
Ihren lieben Brief, bester Voß, u. schämte mich bald des Herzklopfens! Es fielen
mir gleich die Verse in die Angeln
'


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und frappirten mich desto mehr da ich eben diese neulich im Sinne hatte u. nur
vergaß Ihnen zu schreiben.

Wir freuen uns herzlich wie Ihr aufs Wiederse.hu. Anfang Jury reisen wir.
Aber die ersten 4 Wochen wird Gustchcn uns nicht von sich lassen. Also liebster
Voß trincken n. baden Sie in Flensburg in Ruhe. Auch sind wir freier wenn der
Hof nicht mehr in Eutin ist.

Ach zu schnell werden uns bey Euch Ihr Geliebten, die Tage verfliessen, aber
wir haben es uns fest in den Kopf gesezt daß Ihr künftiges Frühjahr einige Wochen
bey uns seyn solt. Neuenburg ist kein Eutin, aber auch wir haben Wasser, Wald
u. Nachtigallen, haben ungestörtere Einsamkeit, u. keine Tanten welche Agnes in
Eutin umspinnen.

Bey uns soll Ihnen der Pyrmonter treflich bekommen, es kommt mehr darauf
an, wo als was man trinckt.

Ja wohl waren wir Kinder, liebster Voß, kleine Rozbübchen, jeder stand in
seine», Winkel n. mantle.

Ich bauete wir haben uns ein für allemal abgewischt. Gott sey mit Euch
Ihr Juniggeliebtcn die ich mit der zärtlichsten Liebe umarme.


F. L. Se.

Ist Ihnen nie eingefallen wie ich einmal darauf pochte daß wir uns noch nie
gezänelt hätten? Die Ala belauschte mich! Hol der Teufel die Adel!

Agnes kränckelt heute. Nächstens wird sie Eruestiuens lieben Brief beantworten.




Grenzboten II- 1881.26
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[0205] Briefe des Grafen Friedrich Leopold Stolberg an Johann Heinrich voß. Nach Jahren hat Sie der Brautkranz in der Muhme Hand mit Dornen gerizt. Dann werfen Sie mir die vielen Herzensfreunde vor. Auch Freunde sind Axe-)^ ^emise« 6c^« die man nicht als eine Schmach vorwerfen muß. Ihnen hat keiner in meinem Herzen Schaden gethan, keiner wird es thun. Und ich fühlte mich nie reicher an Freunden als wenn ich des Abends in der Wasserstraße Sie aufsuchte, oder im Rathhause, oder wenn Sie mich in unserm Hanse besuchten, oder wir am kleinen See irrten. Fort mit des Teufels Auskehricht! Wir müssen um einmal Freunde seyn, da hilft nichts vor. Ich will daß Sie es sollen, u. in diesem Fall ist hinreissende Starcke immer im Arm des Wollenden. Diesen Sommer will ich Ihr Gast seyn, n. ein freundliches Gesicht finden. Und um noch eins, alter Grübler! Werden Sie auch wegen einiger launigter Stellen meine Rührung, n. den Ernst dieser Rührung verkennen? So wären Sie noch im ^..L. 0. der Keutniß Ihres Sie von ganzer Seele liebenden Freundes! F. L. Stolberg. Tausend u. 1000 Grüße an die liebe Ernestine, die mich lieb haben muß sie wolle oder nicht. 15. Neuenb. d. 11t. Mny 87. Mit herzlicher Zuversicht u. doch mit einigem Herzklopfen, öfnete ich heut früh Ihren lieben Brief, bester Voß, u. schämte mich bald des Herzklopfens! Es fielen mir gleich die Verse in die Angeln ' ?« c^o^tssAs? pp. und frappirten mich desto mehr da ich eben diese neulich im Sinne hatte u. nur vergaß Ihnen zu schreiben. Wir freuen uns herzlich wie Ihr aufs Wiederse.hu. Anfang Jury reisen wir. Aber die ersten 4 Wochen wird Gustchcn uns nicht von sich lassen. Also liebster Voß trincken n. baden Sie in Flensburg in Ruhe. Auch sind wir freier wenn der Hof nicht mehr in Eutin ist. Ach zu schnell werden uns bey Euch Ihr Geliebten, die Tage verfliessen, aber wir haben es uns fest in den Kopf gesezt daß Ihr künftiges Frühjahr einige Wochen bey uns seyn solt. Neuenburg ist kein Eutin, aber auch wir haben Wasser, Wald u. Nachtigallen, haben ungestörtere Einsamkeit, u. keine Tanten welche Agnes in Eutin umspinnen. Bey uns soll Ihnen der Pyrmonter treflich bekommen, es kommt mehr darauf an, wo als was man trinckt. Ja wohl waren wir Kinder, liebster Voß, kleine Rozbübchen, jeder stand in seine», Winkel n. mantle. Ich bauete wir haben uns ein für allemal abgewischt. Gott sey mit Euch Ihr Juniggeliebtcn die ich mit der zärtlichsten Liebe umarme. F. L. Se. Ist Ihnen nie eingefallen wie ich einmal darauf pochte daß wir uns noch nie gezänelt hätten? Die Ala belauschte mich! Hol der Teufel die Adel! Agnes kränckelt heute. Nächstens wird sie Eruestiuens lieben Brief beantworten. Grenzboten II- 1881.26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/205>, abgerufen am 06.05.2024.