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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Literatur,

die sich ein Jahr vor der 1375 erschienenen ersten Ausgabe ereignete, und vom
Wagnerschen Nibelungenringe wird gesprochen, als wenn die Aufführung noch der
Zukunft angehörte. Auch ist der neuesten Literatur über die vom Verfasser be¬
rührten Gegenstände nirgends gedacht.

Wir können uns diese auffallende Erscheinung nicht anders erklären, als das;
wir annehmen, Rost habe seine sehr verbessernswerthe Schrift für nbsolnt voll¬
kommen und untadelhaft gehalten. Oder sollte es sich um Mobilmachung eines
alten Ladenhüters handeln?


Ans schwäbischen Boden. Vier Erzählungen von Paul Lang. Stuttgart,
Adolf Bonz 6- Comp., 1831.

"Heimo", die erste der vier Erzählungen, führt uns in die Zeit, in welcher
die römische Herrschaft im Decumatenlande zusammenbrach. Der Sueve Heimo stellt
sich beim Angriff der Alemannen gegen das römische Grenzgebiet auf die Seite der
Römer, die durch deu wackern heidnischen Hauptmann Rufinus und den christlichen
Subccntnrio Alexander vertreten sind. Die Liebe zu des Hauptmanns Tochter Tulun,
die deu Sncven zum Gegner der stammverwandten Alemannen macht, findet keine
Erwiederung. Einsam bleibt Heimo in: Decumatenlande zurück, während Rufinus
nach der Zerstörung seiner Burg nud Alexanders Tode mit seiner Tochter das Land
verlassen muß. In der zweiten Erzählung "Rcgiswindis" werden die Schicksale
der Heiligen Regiswindis, eiuer Tochter des Grafen Arnhart und seiner Gattin
Friedeburg, behandelt. Dadurch, daß der Verfasser die Friedeburg, als Schülerin
des Claudius von Turin, dein Bischof Humbert von Wirzburg, dem Vertreter der
Heiligenverehrung und des Bilderdienstes, gegenüberstellt, giebt er der einfachen
Geschichte einen bedeutsamen Hintergrund. Die dritte Erzählung versetzt uns, eine
Reihe trefflich gezeichneter Porträts vorführend, um die Wiege des Philosophen
Schelling, während die vierte sich mit dem unglücklichen Loose eines armen Land¬
geistlichen beschäftigt, den die Begeisterung für die Ideen der französischen Revo¬
lution in den Kerker führte.

In der Schilderung der Personen wie der Begründung ihrer Handlungsweise
ließen sich wohl hier und da Fehler nachweisen. Namentlich dort, wo der Ver¬
fasser die freie Erfindung walten läßt, in "Heimo", vermissen wir die scharfe Zeich¬
nung der Charaktere, und mauches erscheint nicht hinreichend motivirt. Doch wollen
wir diese Ausstellungen neben dem Lobe, welches das Buch verdient, nicht allzu
sehr betonen. Durch das echt historische Colorit, welches alle vier Erzählungen
auszeichnet, durch die schlichte Schreibweise und den warmen patriotischen und reli¬
giösen Sinn, der das Buch durchweht, wird es zu einer edlen Gabe für unser Volk
und unsre Jugend, so daß wir dem Wunsche des Verfassers mit vollem Herzen
zustimmen können, daß seine Erzählungen den Leser anheimeln möchten.






Für die Rcdatticm verantwcMlich- Johannes Grünem in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart i" neutris-Leipzig.
Literatur,

die sich ein Jahr vor der 1375 erschienenen ersten Ausgabe ereignete, und vom
Wagnerschen Nibelungenringe wird gesprochen, als wenn die Aufführung noch der
Zukunft angehörte. Auch ist der neuesten Literatur über die vom Verfasser be¬
rührten Gegenstände nirgends gedacht.

Wir können uns diese auffallende Erscheinung nicht anders erklären, als das;
wir annehmen, Rost habe seine sehr verbessernswerthe Schrift für nbsolnt voll¬
kommen und untadelhaft gehalten. Oder sollte es sich um Mobilmachung eines
alten Ladenhüters handeln?


Ans schwäbischen Boden. Vier Erzählungen von Paul Lang. Stuttgart,
Adolf Bonz 6- Comp., 1831.

„Heimo", die erste der vier Erzählungen, führt uns in die Zeit, in welcher
die römische Herrschaft im Decumatenlande zusammenbrach. Der Sueve Heimo stellt
sich beim Angriff der Alemannen gegen das römische Grenzgebiet auf die Seite der
Römer, die durch deu wackern heidnischen Hauptmann Rufinus und den christlichen
Subccntnrio Alexander vertreten sind. Die Liebe zu des Hauptmanns Tochter Tulun,
die deu Sncven zum Gegner der stammverwandten Alemannen macht, findet keine
Erwiederung. Einsam bleibt Heimo in: Decumatenlande zurück, während Rufinus
nach der Zerstörung seiner Burg nud Alexanders Tode mit seiner Tochter das Land
verlassen muß. In der zweiten Erzählung „Rcgiswindis" werden die Schicksale
der Heiligen Regiswindis, eiuer Tochter des Grafen Arnhart und seiner Gattin
Friedeburg, behandelt. Dadurch, daß der Verfasser die Friedeburg, als Schülerin
des Claudius von Turin, dein Bischof Humbert von Wirzburg, dem Vertreter der
Heiligenverehrung und des Bilderdienstes, gegenüberstellt, giebt er der einfachen
Geschichte einen bedeutsamen Hintergrund. Die dritte Erzählung versetzt uns, eine
Reihe trefflich gezeichneter Porträts vorführend, um die Wiege des Philosophen
Schelling, während die vierte sich mit dem unglücklichen Loose eines armen Land¬
geistlichen beschäftigt, den die Begeisterung für die Ideen der französischen Revo¬
lution in den Kerker führte.

In der Schilderung der Personen wie der Begründung ihrer Handlungsweise
ließen sich wohl hier und da Fehler nachweisen. Namentlich dort, wo der Ver¬
fasser die freie Erfindung walten läßt, in „Heimo", vermissen wir die scharfe Zeich¬
nung der Charaktere, und mauches erscheint nicht hinreichend motivirt. Doch wollen
wir diese Ausstellungen neben dem Lobe, welches das Buch verdient, nicht allzu
sehr betonen. Durch das echt historische Colorit, welches alle vier Erzählungen
auszeichnet, durch die schlichte Schreibweise und den warmen patriotischen und reli¬
giösen Sinn, der das Buch durchweht, wird es zu einer edlen Gabe für unser Volk
und unsre Jugend, so daß wir dem Wunsche des Verfassers mit vollem Herzen
zustimmen können, daß seine Erzählungen den Leser anheimeln möchten.






Für die Rcdatticm verantwcMlich- Johannes Grünem in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Carl Marquart i» neutris-Leipzig.
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[0436] Literatur, die sich ein Jahr vor der 1375 erschienenen ersten Ausgabe ereignete, und vom Wagnerschen Nibelungenringe wird gesprochen, als wenn die Aufführung noch der Zukunft angehörte. Auch ist der neuesten Literatur über die vom Verfasser be¬ rührten Gegenstände nirgends gedacht. Wir können uns diese auffallende Erscheinung nicht anders erklären, als das; wir annehmen, Rost habe seine sehr verbessernswerthe Schrift für nbsolnt voll¬ kommen und untadelhaft gehalten. Oder sollte es sich um Mobilmachung eines alten Ladenhüters handeln? Ans schwäbischen Boden. Vier Erzählungen von Paul Lang. Stuttgart, Adolf Bonz 6- Comp., 1831. „Heimo", die erste der vier Erzählungen, führt uns in die Zeit, in welcher die römische Herrschaft im Decumatenlande zusammenbrach. Der Sueve Heimo stellt sich beim Angriff der Alemannen gegen das römische Grenzgebiet auf die Seite der Römer, die durch deu wackern heidnischen Hauptmann Rufinus und den christlichen Subccntnrio Alexander vertreten sind. Die Liebe zu des Hauptmanns Tochter Tulun, die deu Sncven zum Gegner der stammverwandten Alemannen macht, findet keine Erwiederung. Einsam bleibt Heimo in: Decumatenlande zurück, während Rufinus nach der Zerstörung seiner Burg nud Alexanders Tode mit seiner Tochter das Land verlassen muß. In der zweiten Erzählung „Rcgiswindis" werden die Schicksale der Heiligen Regiswindis, eiuer Tochter des Grafen Arnhart und seiner Gattin Friedeburg, behandelt. Dadurch, daß der Verfasser die Friedeburg, als Schülerin des Claudius von Turin, dein Bischof Humbert von Wirzburg, dem Vertreter der Heiligenverehrung und des Bilderdienstes, gegenüberstellt, giebt er der einfachen Geschichte einen bedeutsamen Hintergrund. Die dritte Erzählung versetzt uns, eine Reihe trefflich gezeichneter Porträts vorführend, um die Wiege des Philosophen Schelling, während die vierte sich mit dem unglücklichen Loose eines armen Land¬ geistlichen beschäftigt, den die Begeisterung für die Ideen der französischen Revo¬ lution in den Kerker führte. In der Schilderung der Personen wie der Begründung ihrer Handlungsweise ließen sich wohl hier und da Fehler nachweisen. Namentlich dort, wo der Ver¬ fasser die freie Erfindung walten läßt, in „Heimo", vermissen wir die scharfe Zeich¬ nung der Charaktere, und mauches erscheint nicht hinreichend motivirt. Doch wollen wir diese Ausstellungen neben dem Lobe, welches das Buch verdient, nicht allzu sehr betonen. Durch das echt historische Colorit, welches alle vier Erzählungen auszeichnet, durch die schlichte Schreibweise und den warmen patriotischen und reli¬ giösen Sinn, der das Buch durchweht, wird es zu einer edlen Gabe für unser Volk und unsre Jugend, so daß wir dem Wunsche des Verfassers mit vollem Herzen zustimmen können, daß seine Erzählungen den Leser anheimeln möchten. Für die Rcdatticm verantwcMlich- Johannes Grünem in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Carl Marquart i» neutris-Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/436>, abgerufen am 06.05.2024.