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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lauchstädt.

.Heranwachsen des Conflicts zwischen Hadrian und deur Jünglinge mit inner¬
licher, die tragische Wirkung erhöhender Ironie die trügerische Geschäftigkeit des
Jsispriesters Sonchis dargestellt, welchem alle Leiden und Zweifel des Gebieters
mir zum Sporn werden, den Gebrochnen, Hilflosen endlich doch zu umgarnen.
Man begreift sehr gut, daß diese Dichtung nicht populär werden kann, aber
wenn es sich um letzte Wägung des innersten Vermögens unsers Dichters und
seines Werthes für die deutsche Literatur handelt, so wird dieselbe immer schwer
ins Gewicht fallen.

Ob es dem Dichter gegönnt sein wird, die Vorzüge, die wir an "Hans
Lange" und an "Hadrian" rühmen, jemals in einem seiner Natur gemäßen und
dem Verständniß der Massen näherstehenden Stoff vereint zu erproben, müssen
wir dahingestellt sein lassen. Jedenfalls reicht das hier gesagte aus, um die
Meinung derer, welche Heyse auf die Speeiälitüt der Novelle einschränken möchten,
für den wirklich Antheil nehmenden völlig zu widerlegen. Denn wie man auch
über den endgiltigen dramatischen oder gar den theatralischen Werth der Heysischcn
Dramen denken möge, es bleibt eben gewiß, daß der Dichter in ihnen ein bedeutendes
Stück seines Empfindens und seiner Weltcrfassung gegeben hat, welche in der Form
der Novelle in Prosa und in Versen nicht darzustellen gewesen wären. Und so
mag er in Bezug auf sein Verhältniß zur Bühne mit Jansen, dem Helden des
Romans "Im Paradiese" gedacht haben: "Ob wir eine Zeit erleben, in welcher
die Künste, die bisher wie Wucherblume" auf Ruinen geblüht, nun auch die ge¬
regelten, wohnlichen und gesunden Mauern der neuen Staatengebäude mit ihrem
immergrünen Laube schmücken? Wer kann es sagen! Die Menschheit lebt rasch
in diesen Tagen. Einstweilen thue Jeder das Seine!"




Lauchstädt. Sir Modebad vor hundert Jahren.

anchstädt? Lauchstädt? - Wo hab' ich, fragst du. den Namen
doch gehört? Ist mir doch, als schwirrte mir ein altes Lied im
Ohre: -- ^ -- . -- aus Lauch- I Stadt hab' ich getroffen auch --
schon recht, uicht bloß gehört, gesungen habe ich den Namen, vor
dreißig oder mehr Jahren als Student an der Commerstcifel in
dein ausgelassenen Vummelliede, das dnrch seine kölnischen "Binnenreime" sich
auszeichnete und mit den Worten begann:


Lauchstädt.

.Heranwachsen des Conflicts zwischen Hadrian und deur Jünglinge mit inner¬
licher, die tragische Wirkung erhöhender Ironie die trügerische Geschäftigkeit des
Jsispriesters Sonchis dargestellt, welchem alle Leiden und Zweifel des Gebieters
mir zum Sporn werden, den Gebrochnen, Hilflosen endlich doch zu umgarnen.
Man begreift sehr gut, daß diese Dichtung nicht populär werden kann, aber
wenn es sich um letzte Wägung des innersten Vermögens unsers Dichters und
seines Werthes für die deutsche Literatur handelt, so wird dieselbe immer schwer
ins Gewicht fallen.

Ob es dem Dichter gegönnt sein wird, die Vorzüge, die wir an „Hans
Lange" und an „Hadrian" rühmen, jemals in einem seiner Natur gemäßen und
dem Verständniß der Massen näherstehenden Stoff vereint zu erproben, müssen
wir dahingestellt sein lassen. Jedenfalls reicht das hier gesagte aus, um die
Meinung derer, welche Heyse auf die Speeiälitüt der Novelle einschränken möchten,
für den wirklich Antheil nehmenden völlig zu widerlegen. Denn wie man auch
über den endgiltigen dramatischen oder gar den theatralischen Werth der Heysischcn
Dramen denken möge, es bleibt eben gewiß, daß der Dichter in ihnen ein bedeutendes
Stück seines Empfindens und seiner Weltcrfassung gegeben hat, welche in der Form
der Novelle in Prosa und in Versen nicht darzustellen gewesen wären. Und so
mag er in Bezug auf sein Verhältniß zur Bühne mit Jansen, dem Helden des
Romans „Im Paradiese" gedacht haben: „Ob wir eine Zeit erleben, in welcher
die Künste, die bisher wie Wucherblume» auf Ruinen geblüht, nun auch die ge¬
regelten, wohnlichen und gesunden Mauern der neuen Staatengebäude mit ihrem
immergrünen Laube schmücken? Wer kann es sagen! Die Menschheit lebt rasch
in diesen Tagen. Einstweilen thue Jeder das Seine!"




Lauchstädt. Sir Modebad vor hundert Jahren.

anchstädt? Lauchstädt? - Wo hab' ich, fragst du. den Namen
doch gehört? Ist mir doch, als schwirrte mir ein altes Lied im
Ohre: — ^ — . — aus Lauch- I Stadt hab' ich getroffen auch —
schon recht, uicht bloß gehört, gesungen habe ich den Namen, vor
dreißig oder mehr Jahren als Student an der Commerstcifel in
dein ausgelassenen Vummelliede, das dnrch seine kölnischen „Binnenreime" sich
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[0489] Lauchstädt. .Heranwachsen des Conflicts zwischen Hadrian und deur Jünglinge mit inner¬ licher, die tragische Wirkung erhöhender Ironie die trügerische Geschäftigkeit des Jsispriesters Sonchis dargestellt, welchem alle Leiden und Zweifel des Gebieters mir zum Sporn werden, den Gebrochnen, Hilflosen endlich doch zu umgarnen. Man begreift sehr gut, daß diese Dichtung nicht populär werden kann, aber wenn es sich um letzte Wägung des innersten Vermögens unsers Dichters und seines Werthes für die deutsche Literatur handelt, so wird dieselbe immer schwer ins Gewicht fallen. Ob es dem Dichter gegönnt sein wird, die Vorzüge, die wir an „Hans Lange" und an „Hadrian" rühmen, jemals in einem seiner Natur gemäßen und dem Verständniß der Massen näherstehenden Stoff vereint zu erproben, müssen wir dahingestellt sein lassen. Jedenfalls reicht das hier gesagte aus, um die Meinung derer, welche Heyse auf die Speeiälitüt der Novelle einschränken möchten, für den wirklich Antheil nehmenden völlig zu widerlegen. Denn wie man auch über den endgiltigen dramatischen oder gar den theatralischen Werth der Heysischcn Dramen denken möge, es bleibt eben gewiß, daß der Dichter in ihnen ein bedeutendes Stück seines Empfindens und seiner Weltcrfassung gegeben hat, welche in der Form der Novelle in Prosa und in Versen nicht darzustellen gewesen wären. Und so mag er in Bezug auf sein Verhältniß zur Bühne mit Jansen, dem Helden des Romans „Im Paradiese" gedacht haben: „Ob wir eine Zeit erleben, in welcher die Künste, die bisher wie Wucherblume» auf Ruinen geblüht, nun auch die ge¬ regelten, wohnlichen und gesunden Mauern der neuen Staatengebäude mit ihrem immergrünen Laube schmücken? Wer kann es sagen! Die Menschheit lebt rasch in diesen Tagen. Einstweilen thue Jeder das Seine!" Lauchstädt. Sir Modebad vor hundert Jahren. anchstädt? Lauchstädt? - Wo hab' ich, fragst du. den Namen doch gehört? Ist mir doch, als schwirrte mir ein altes Lied im Ohre: — ^ — . — aus Lauch- I Stadt hab' ich getroffen auch — schon recht, uicht bloß gehört, gesungen habe ich den Namen, vor dreißig oder mehr Jahren als Student an der Commerstcifel in dein ausgelassenen Vummelliede, das dnrch seine kölnischen „Binnenreime" sich auszeichnete und mit den Worten begann:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/489>, abgerufen am 06.05.2024.