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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Polens Zviedergl'lare.

Tnnschmitteln, unter Umständen sicherer Tod. Das nächste Ziel indeß war gesteckt;
bei den Varöze hatte er von dem Versuche eines Missionars gehört, der mit
Lvbvsst wegen Einführung des Christenthums verhandelte. Diesen galt es zu
erreichen und von ihm die Mittel zur Weiterreise zu erlangen. Diese erfolgte
zunächst mit Booten auf dem wasserfallreichen Znmbesi bis nach Einbarirae an
der Einmündung des Cuaudo (oder Lininnti) in den Zambesi, dann zu Lande.
Zuerst stieß er hier auf zwei Engländer, die ihn zwar speisen aber nicht mit
Reisemitteln ausstatten konnten, und schließlich erreichte er das Lager des fran¬
zösischen Missionars Coillard, der sich mit Frau und Nichte in Pasamatenga
aufhielt. Von allem entblößt, aufs äußerste von den unsäglichen Anstrengungen,
Entbehrungen und Fieberanfällen entkräftet nud im Nervensystem durch die fürchter¬
liche Aufregung zerrüttet, verfiel er schließlich in eine schwere Krankheit, die er
ohne die sorgsame Pflege der Frau Coillard wahrscheinlich nicht überstanden hätte.
Er genas und konnte nun mit mehr Hoffnung in die Zukunft sehen. Mit der
Familie Coillard reiste er zunächst nach Schoschvng, wo er diese verließ und von
mien Engländer das nöthige Geld zur Fortsetzung der Reise sowie ein Pferd
erhielt. In Schvschong und später in Pretoria wurden ihm die ersten Hul-
digungen für seiue heldenmüthige Reise zu Theil, und nun waren alle Schwierig¬
keiten beseitigt.

Serpa Pinto tritt uns in seiner Reisebeschreibung als eine sehr sympathische
Persönlichkeit entgegen, voll Energie und Edelmuth, voll Patriotismus und
Humanität, voll Kraft und feiner Empfindung, Eigenschaften, welche dein reichen
und neuen Inhalt und der schlichten Darstellung des Erlebten und Gesehenen
einen eigenartigen Zauber verleihen. Wir konnten in dem Vorstehenden nnr
eine Skizze seiner Reise geben und schließen mit der Versicherung, daß jeder,
der das farbenreiche Gemälde des Verfassers selbst zur Hand nehmen wird,
ebensoviel echten Genuß wie vielseitige Belehrung zu erwarten hat.




Polens Wiedergeburt.

ielleicht über keine politische Frage herrschte früher so viel Unklar¬
heit und ergoß sich so viel sinnloser Enthusiasmus in der liberalen
Welt wie über die polnische, die doch schon vor 1863 kaum noch
den Namen einer Frage verdiente. Welche Thorheiten konnte man
1848 von sonst leidlich verständigen Leuten über sie äußern hören,
"ut wie abgeschmackt urtheilte während des letzten großen Aufstandes der Polen


Polens Zviedergl'lare.

Tnnschmitteln, unter Umständen sicherer Tod. Das nächste Ziel indeß war gesteckt;
bei den Varöze hatte er von dem Versuche eines Missionars gehört, der mit
Lvbvsst wegen Einführung des Christenthums verhandelte. Diesen galt es zu
erreichen und von ihm die Mittel zur Weiterreise zu erlangen. Diese erfolgte
zunächst mit Booten auf dem wasserfallreichen Znmbesi bis nach Einbarirae an
der Einmündung des Cuaudo (oder Lininnti) in den Zambesi, dann zu Lande.
Zuerst stieß er hier auf zwei Engländer, die ihn zwar speisen aber nicht mit
Reisemitteln ausstatten konnten, und schließlich erreichte er das Lager des fran¬
zösischen Missionars Coillard, der sich mit Frau und Nichte in Pasamatenga
aufhielt. Von allem entblößt, aufs äußerste von den unsäglichen Anstrengungen,
Entbehrungen und Fieberanfällen entkräftet nud im Nervensystem durch die fürchter¬
liche Aufregung zerrüttet, verfiel er schließlich in eine schwere Krankheit, die er
ohne die sorgsame Pflege der Frau Coillard wahrscheinlich nicht überstanden hätte.
Er genas und konnte nun mit mehr Hoffnung in die Zukunft sehen. Mit der
Familie Coillard reiste er zunächst nach Schoschvng, wo er diese verließ und von
mien Engländer das nöthige Geld zur Fortsetzung der Reise sowie ein Pferd
erhielt. In Schvschong und später in Pretoria wurden ihm die ersten Hul-
digungen für seiue heldenmüthige Reise zu Theil, und nun waren alle Schwierig¬
keiten beseitigt.

Serpa Pinto tritt uns in seiner Reisebeschreibung als eine sehr sympathische
Persönlichkeit entgegen, voll Energie und Edelmuth, voll Patriotismus und
Humanität, voll Kraft und feiner Empfindung, Eigenschaften, welche dein reichen
und neuen Inhalt und der schlichten Darstellung des Erlebten und Gesehenen
einen eigenartigen Zauber verleihen. Wir konnten in dem Vorstehenden nnr
eine Skizze seiner Reise geben und schließen mit der Versicherung, daß jeder,
der das farbenreiche Gemälde des Verfassers selbst zur Hand nehmen wird,
ebensoviel echten Genuß wie vielseitige Belehrung zu erwarten hat.




Polens Wiedergeburt.

ielleicht über keine politische Frage herrschte früher so viel Unklar¬
heit und ergoß sich so viel sinnloser Enthusiasmus in der liberalen
Welt wie über die polnische, die doch schon vor 1863 kaum noch
den Namen einer Frage verdiente. Welche Thorheiten konnte man
1848 von sonst leidlich verständigen Leuten über sie äußern hören,
»ut wie abgeschmackt urtheilte während des letzten großen Aufstandes der Polen


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[0513] Polens Zviedergl'lare. Tnnschmitteln, unter Umständen sicherer Tod. Das nächste Ziel indeß war gesteckt; bei den Varöze hatte er von dem Versuche eines Missionars gehört, der mit Lvbvsst wegen Einführung des Christenthums verhandelte. Diesen galt es zu erreichen und von ihm die Mittel zur Weiterreise zu erlangen. Diese erfolgte zunächst mit Booten auf dem wasserfallreichen Znmbesi bis nach Einbarirae an der Einmündung des Cuaudo (oder Lininnti) in den Zambesi, dann zu Lande. Zuerst stieß er hier auf zwei Engländer, die ihn zwar speisen aber nicht mit Reisemitteln ausstatten konnten, und schließlich erreichte er das Lager des fran¬ zösischen Missionars Coillard, der sich mit Frau und Nichte in Pasamatenga aufhielt. Von allem entblößt, aufs äußerste von den unsäglichen Anstrengungen, Entbehrungen und Fieberanfällen entkräftet nud im Nervensystem durch die fürchter¬ liche Aufregung zerrüttet, verfiel er schließlich in eine schwere Krankheit, die er ohne die sorgsame Pflege der Frau Coillard wahrscheinlich nicht überstanden hätte. Er genas und konnte nun mit mehr Hoffnung in die Zukunft sehen. Mit der Familie Coillard reiste er zunächst nach Schoschvng, wo er diese verließ und von mien Engländer das nöthige Geld zur Fortsetzung der Reise sowie ein Pferd erhielt. In Schvschong und später in Pretoria wurden ihm die ersten Hul- digungen für seiue heldenmüthige Reise zu Theil, und nun waren alle Schwierig¬ keiten beseitigt. Serpa Pinto tritt uns in seiner Reisebeschreibung als eine sehr sympathische Persönlichkeit entgegen, voll Energie und Edelmuth, voll Patriotismus und Humanität, voll Kraft und feiner Empfindung, Eigenschaften, welche dein reichen und neuen Inhalt und der schlichten Darstellung des Erlebten und Gesehenen einen eigenartigen Zauber verleihen. Wir konnten in dem Vorstehenden nnr eine Skizze seiner Reise geben und schließen mit der Versicherung, daß jeder, der das farbenreiche Gemälde des Verfassers selbst zur Hand nehmen wird, ebensoviel echten Genuß wie vielseitige Belehrung zu erwarten hat. Polens Wiedergeburt. ielleicht über keine politische Frage herrschte früher so viel Unklar¬ heit und ergoß sich so viel sinnloser Enthusiasmus in der liberalen Welt wie über die polnische, die doch schon vor 1863 kaum noch den Namen einer Frage verdiente. Welche Thorheiten konnte man 1848 von sonst leidlich verständigen Leuten über sie äußern hören, »ut wie abgeschmackt urtheilte während des letzten großen Aufstandes der Polen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/513>, abgerufen am 07.05.2024.