Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die moderne Geschütz-Industrie.
(Schluß.)

M^Mi^V"M^.^
M.^"^> wer mit dem Erwähnte" im Zusammenhange stehenden heimischen
Industrie haben wir nach besonders zu gedenken. Durch die Steige¬
rung der Widerstandsfähigkeit der Deckungen waren für die Her¬
stellung der Artilleriegeschosse neue Probleme gegeben. Die ge¬
wöhnlichen gußeisernen Geschosse zerschellen beim Aufschlagen
auf Panzerplatten. Die Firma Gruson in Buckau bei Magdeburg' hat sich
durch die Ausbildung eines besondern Gußverfahrens in Eisen ein großes
Verdienst erworben, indem die auf diesem Wege gewonnenen Hartgußgranaten
beim Beschießen von Panzerungen einen hohen Grad von Leistungsfähigkeit ge¬
zeigt und sich als ein bedeutend besseres Fabrikat erwiesen haben, als die um
etwa die gleiche Zeit in England entstandenen ähnlichen Palliser-Granaten. Das
Maß ihrer Qualität wird auch durch die großen Aufträge dargethan, welche
diese Fabrik namentlich für Frankreich, aber auch für Rußland und andre Staate"
erhalten hat. Allerdings haben die zunehmenden Geschvßgeschwindigkeitcn und
auch der Umstand, daß ein Aufschlagen unter spitzem Winkel der Haltbarkeit
der Hartgußgranaten bedrohlich wird, zu der Nothwendigkeit geführt, an ge¬
schmiedete Stahlgranaten zu gehen, wie solche bei den neuerlichen Schießversuchen
der Kruppschen Fabrik mit günstigen Ergebnissen zur Verwendung gekommen
sind. Diese Geschosse haben beim Durchschlagen der Panzerungen eine fast ab¬
solute Unveränderlichkeit der äußern Form gezeigt, wodurch mau die Ueber¬
zeugung gewann, daß man dem bis dahin gesuchten Ziel nahe stehe. -- Schließlich
sei uoch erwähnt, daß auch die Lciffetirung der Geschützrohre die Privatindustrie
berührt, wenn auch nicht in dem Maße wie die Fabrikation der Rohre und der
Geschosse besondrer Art

Wenden wir uns nun zu der wichtigern Seite unsres Gegenstandes, zu
den Constructionen. In England traten sowohl Whitworth wie Armstrong,
als sie die Herstellung von gezogenen Geschützen unternahmen, selbständig mit
eignen Constructionen auf. Zur Zeit des Krimkrieges war bei den Englü"der"
vor Sebastopvl viel die Rede von Lancaster-Kanonen. Es waren das Geschütze
mit elliptischen Querschnitt der Seele für ähnlich geformte Langgeschosse; ste
sollten diesen letztern eine Rotation um ihre Längenachse ertheilen. Die Schie߬
ergebnisse waren nicht befriedigend, aber es scheint, als ob Whitworth seiner
Geschoßführung diese Idee zu Grunde gelegt habe. Der Querschnitt der Seele
wird nämlich bei den Whitworth-Geschützen durch ein regelmäßiges Sechseck
mit stark ausgerundeten Ecken und gekrümmten Seiten gebildet. Die Seele
mit ihren so geordneten Wandungen hat in der Richtung der Längenachse eine


Die moderne Geschütz-Industrie.
(Schluß.)

M^Mi^V»M^.^
M.^«^> wer mit dem Erwähnte» im Zusammenhange stehenden heimischen
Industrie haben wir nach besonders zu gedenken. Durch die Steige¬
rung der Widerstandsfähigkeit der Deckungen waren für die Her¬
stellung der Artilleriegeschosse neue Probleme gegeben. Die ge¬
wöhnlichen gußeisernen Geschosse zerschellen beim Aufschlagen
auf Panzerplatten. Die Firma Gruson in Buckau bei Magdeburg' hat sich
durch die Ausbildung eines besondern Gußverfahrens in Eisen ein großes
Verdienst erworben, indem die auf diesem Wege gewonnenen Hartgußgranaten
beim Beschießen von Panzerungen einen hohen Grad von Leistungsfähigkeit ge¬
zeigt und sich als ein bedeutend besseres Fabrikat erwiesen haben, als die um
etwa die gleiche Zeit in England entstandenen ähnlichen Palliser-Granaten. Das
Maß ihrer Qualität wird auch durch die großen Aufträge dargethan, welche
diese Fabrik namentlich für Frankreich, aber auch für Rußland und andre Staate»
erhalten hat. Allerdings haben die zunehmenden Geschvßgeschwindigkeitcn und
auch der Umstand, daß ein Aufschlagen unter spitzem Winkel der Haltbarkeit
der Hartgußgranaten bedrohlich wird, zu der Nothwendigkeit geführt, an ge¬
schmiedete Stahlgranaten zu gehen, wie solche bei den neuerlichen Schießversuchen
der Kruppschen Fabrik mit günstigen Ergebnissen zur Verwendung gekommen
sind. Diese Geschosse haben beim Durchschlagen der Panzerungen eine fast ab¬
solute Unveränderlichkeit der äußern Form gezeigt, wodurch mau die Ueber¬
zeugung gewann, daß man dem bis dahin gesuchten Ziel nahe stehe. — Schließlich
sei uoch erwähnt, daß auch die Lciffetirung der Geschützrohre die Privatindustrie
berührt, wenn auch nicht in dem Maße wie die Fabrikation der Rohre und der
Geschosse besondrer Art

Wenden wir uns nun zu der wichtigern Seite unsres Gegenstandes, zu
den Constructionen. In England traten sowohl Whitworth wie Armstrong,
als sie die Herstellung von gezogenen Geschützen unternahmen, selbständig mit
eignen Constructionen auf. Zur Zeit des Krimkrieges war bei den Englü»der»
vor Sebastopvl viel die Rede von Lancaster-Kanonen. Es waren das Geschütze
mit elliptischen Querschnitt der Seele für ähnlich geformte Langgeschosse; ste
sollten diesen letztern eine Rotation um ihre Längenachse ertheilen. Die Schie߬
ergebnisse waren nicht befriedigend, aber es scheint, als ob Whitworth seiner
Geschoßführung diese Idee zu Grunde gelegt habe. Der Querschnitt der Seele
wird nämlich bei den Whitworth-Geschützen durch ein regelmäßiges Sechseck
mit stark ausgerundeten Ecken und gekrümmten Seiten gebildet. Die Seele
mit ihren so geordneten Wandungen hat in der Richtung der Längenachse eine


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0542" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150692"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die moderne Geschütz-Industrie.<lb/>
(Schluß.) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_1732"> M^Mi^V»M^.^<lb/>
M.^«^&gt; wer mit dem Erwähnte» im Zusammenhange stehenden heimischen<lb/>
Industrie haben wir nach besonders zu gedenken. Durch die Steige¬<lb/>
rung der Widerstandsfähigkeit der Deckungen waren für die Her¬<lb/>
stellung der Artilleriegeschosse neue Probleme gegeben. Die ge¬<lb/>
wöhnlichen gußeisernen Geschosse zerschellen beim Aufschlagen<lb/>
auf Panzerplatten. Die Firma Gruson in Buckau bei Magdeburg' hat sich<lb/>
durch die Ausbildung eines besondern Gußverfahrens in Eisen ein großes<lb/>
Verdienst erworben, indem die auf diesem Wege gewonnenen Hartgußgranaten<lb/>
beim Beschießen von Panzerungen einen hohen Grad von Leistungsfähigkeit ge¬<lb/>
zeigt und sich als ein bedeutend besseres Fabrikat erwiesen haben, als die um<lb/>
etwa die gleiche Zeit in England entstandenen ähnlichen Palliser-Granaten. Das<lb/>
Maß ihrer Qualität wird auch durch die großen Aufträge dargethan, welche<lb/>
diese Fabrik namentlich für Frankreich, aber auch für Rußland und andre Staate»<lb/>
erhalten hat. Allerdings haben die zunehmenden Geschvßgeschwindigkeitcn und<lb/>
auch der Umstand, daß ein Aufschlagen unter spitzem Winkel der Haltbarkeit<lb/>
der Hartgußgranaten bedrohlich wird, zu der Nothwendigkeit geführt, an ge¬<lb/>
schmiedete Stahlgranaten zu gehen, wie solche bei den neuerlichen Schießversuchen<lb/>
der Kruppschen Fabrik mit günstigen Ergebnissen zur Verwendung gekommen<lb/>
sind. Diese Geschosse haben beim Durchschlagen der Panzerungen eine fast ab¬<lb/>
solute Unveränderlichkeit der äußern Form gezeigt, wodurch mau die Ueber¬<lb/>
zeugung gewann, daß man dem bis dahin gesuchten Ziel nahe stehe. &#x2014; Schließlich<lb/>
sei uoch erwähnt, daß auch die Lciffetirung der Geschützrohre die Privatindustrie<lb/>
berührt, wenn auch nicht in dem Maße wie die Fabrikation der Rohre und der<lb/>
Geschosse besondrer Art</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1733" next="#ID_1734"> Wenden wir uns nun zu der wichtigern Seite unsres Gegenstandes, zu<lb/>
den Constructionen. In England traten sowohl Whitworth wie Armstrong,<lb/>
als sie die Herstellung von gezogenen Geschützen unternahmen, selbständig mit<lb/>
eignen Constructionen auf. Zur Zeit des Krimkrieges war bei den Englü»der»<lb/>
vor Sebastopvl viel die Rede von Lancaster-Kanonen. Es waren das Geschütze<lb/>
mit elliptischen Querschnitt der Seele für ähnlich geformte Langgeschosse; ste<lb/>
sollten diesen letztern eine Rotation um ihre Längenachse ertheilen. Die Schie߬<lb/>
ergebnisse waren nicht befriedigend, aber es scheint, als ob Whitworth seiner<lb/>
Geschoßführung diese Idee zu Grunde gelegt habe. Der Querschnitt der Seele<lb/>
wird nämlich bei den Whitworth-Geschützen durch ein regelmäßiges Sechseck<lb/>
mit stark ausgerundeten Ecken und gekrümmten Seiten gebildet. Die Seele<lb/>
mit ihren so geordneten Wandungen hat in der Richtung der Längenachse eine</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0542] Die moderne Geschütz-Industrie. (Schluß.) M^Mi^V»M^.^ M.^«^> wer mit dem Erwähnte» im Zusammenhange stehenden heimischen Industrie haben wir nach besonders zu gedenken. Durch die Steige¬ rung der Widerstandsfähigkeit der Deckungen waren für die Her¬ stellung der Artilleriegeschosse neue Probleme gegeben. Die ge¬ wöhnlichen gußeisernen Geschosse zerschellen beim Aufschlagen auf Panzerplatten. Die Firma Gruson in Buckau bei Magdeburg' hat sich durch die Ausbildung eines besondern Gußverfahrens in Eisen ein großes Verdienst erworben, indem die auf diesem Wege gewonnenen Hartgußgranaten beim Beschießen von Panzerungen einen hohen Grad von Leistungsfähigkeit ge¬ zeigt und sich als ein bedeutend besseres Fabrikat erwiesen haben, als die um etwa die gleiche Zeit in England entstandenen ähnlichen Palliser-Granaten. Das Maß ihrer Qualität wird auch durch die großen Aufträge dargethan, welche diese Fabrik namentlich für Frankreich, aber auch für Rußland und andre Staate» erhalten hat. Allerdings haben die zunehmenden Geschvßgeschwindigkeitcn und auch der Umstand, daß ein Aufschlagen unter spitzem Winkel der Haltbarkeit der Hartgußgranaten bedrohlich wird, zu der Nothwendigkeit geführt, an ge¬ schmiedete Stahlgranaten zu gehen, wie solche bei den neuerlichen Schießversuchen der Kruppschen Fabrik mit günstigen Ergebnissen zur Verwendung gekommen sind. Diese Geschosse haben beim Durchschlagen der Panzerungen eine fast ab¬ solute Unveränderlichkeit der äußern Form gezeigt, wodurch mau die Ueber¬ zeugung gewann, daß man dem bis dahin gesuchten Ziel nahe stehe. — Schließlich sei uoch erwähnt, daß auch die Lciffetirung der Geschützrohre die Privatindustrie berührt, wenn auch nicht in dem Maße wie die Fabrikation der Rohre und der Geschosse besondrer Art Wenden wir uns nun zu der wichtigern Seite unsres Gegenstandes, zu den Constructionen. In England traten sowohl Whitworth wie Armstrong, als sie die Herstellung von gezogenen Geschützen unternahmen, selbständig mit eignen Constructionen auf. Zur Zeit des Krimkrieges war bei den Englü»der» vor Sebastopvl viel die Rede von Lancaster-Kanonen. Es waren das Geschütze mit elliptischen Querschnitt der Seele für ähnlich geformte Langgeschosse; ste sollten diesen letztern eine Rotation um ihre Längenachse ertheilen. Die Schie߬ ergebnisse waren nicht befriedigend, aber es scheint, als ob Whitworth seiner Geschoßführung diese Idee zu Grunde gelegt habe. Der Querschnitt der Seele wird nämlich bei den Whitworth-Geschützen durch ein regelmäßiges Sechseck mit stark ausgerundeten Ecken und gekrümmten Seiten gebildet. Die Seele mit ihren so geordneten Wandungen hat in der Richtung der Längenachse eine

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/542
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/542>, abgerufen am 09.06.2024.