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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Garfields Tod und seine politischen Folgen.

ach harten, länger als elf Wochen dauernden Leiden, die er mit be-
wundernswerthem Muthe und seltner Geduld ertrug, starb James
A, Garfield in der Nacht vom 19, auf den 20. September dieses
Jahres zu Elberon, einer in der unmittelbaren Nähe des Bade¬
ortes Long Brauch im Staate New-Jersey gelegnen Ortschaft,
Er war der zwanzigste Präsident der Vereinigten Staaten, und das amerikanische
Volk betrauert in ihm einen seiner edelsten und besten Söhne.

Für die nordamerikanische Union sind der 14. April und der 2. Juli zwei
verhängnißvolle Tage, deren Andenken, so lange die große transatlantische Re¬
publik besteht, die amerikanische Nation mit tiefer Trauer erfüllen wird. Am
14. April des Jahres 1865, einem Charfreitag, wurde Abraham Lincoln durch
John Wilkes Booth, einen fanatischen Anhänger der Sclavenhalterpartei, hinter¬
rücks erschossen; am 2, Juli 1881 wurde Garfield durch den Physisch und moralisch
verkommenen Aemterjäger Charles I. Guiteau auf den Tod verwundet. Wenn
Lincoln als ein Opfer des fluchwürdigen Instituts der Negersclaverei fiel, das
durch die siegreiche Beendigung des Bürgerkrieges und die Befreiung von vier
Millionen Sclaven gesühnt wurde, so starb Garfield als ein Opfer des corrupten
Aemterwesens und des demoralisirenden Beutesystems, an dem die Union länger
als ein halbes Jahrhundert leidet. Beide fielen im Kampfe für eine gute Sache;
aber Lincoln war es vergönnt, seine Aufgabe zu lösen, während Garfield nur
die ersten energischen Schritte thun konnte, um das ihm gesteckte Ziel zu erreichen.
Beide hatten sich von der untersten Stufe durch körperliche und geistige Kraft
und Anstrengung bis zu der höchsten Stelle emporgerungen, die ihr Volk ihnen
verleihen konnte; beide standen in Krieg und Frieden treu und fest ein für die
Einheit und Freiheit ihres Vaterlandes, die Schläfe beider ziert für alle Zeit
der unverwelkliche Kranz echten Bürgerthums.

Zur Zeit von Garfields Tode befand sich der Vicepräsident Ehester Allan
Arthur in der Stadt New-Uork; an ihn sandte der Justizminister Wahne Mcic-
Veagh, der sich mit seinen College", dem Finanzminister William Windom, dem
Marineminister W. H. Hunt, dem Generalpostmeister Thomas L. James und
dem Minister des Innern S. I. Kirkwood, in Long Brauch befand, bald nach
Garfields Hinscheiden folgendes Telegramm: "Es ist unsre schmerzliche Pflicht,
Sie von dem Tode des Präsidenten Garfield in Kenntniß zu setzen und Ihnen
zu empfehlen, den Eid als Präsident der Vereinigten Staaten ohne Verzug ab¬
zulegen. Wenn es mit Ihren Ansichten übereinstimmt, wird es uns sehr freuen,


Grenzboten IV. 1381. 17
Garfields Tod und seine politischen Folgen.

ach harten, länger als elf Wochen dauernden Leiden, die er mit be-
wundernswerthem Muthe und seltner Geduld ertrug, starb James
A, Garfield in der Nacht vom 19, auf den 20. September dieses
Jahres zu Elberon, einer in der unmittelbaren Nähe des Bade¬
ortes Long Brauch im Staate New-Jersey gelegnen Ortschaft,
Er war der zwanzigste Präsident der Vereinigten Staaten, und das amerikanische
Volk betrauert in ihm einen seiner edelsten und besten Söhne.

Für die nordamerikanische Union sind der 14. April und der 2. Juli zwei
verhängnißvolle Tage, deren Andenken, so lange die große transatlantische Re¬
publik besteht, die amerikanische Nation mit tiefer Trauer erfüllen wird. Am
14. April des Jahres 1865, einem Charfreitag, wurde Abraham Lincoln durch
John Wilkes Booth, einen fanatischen Anhänger der Sclavenhalterpartei, hinter¬
rücks erschossen; am 2, Juli 1881 wurde Garfield durch den Physisch und moralisch
verkommenen Aemterjäger Charles I. Guiteau auf den Tod verwundet. Wenn
Lincoln als ein Opfer des fluchwürdigen Instituts der Negersclaverei fiel, das
durch die siegreiche Beendigung des Bürgerkrieges und die Befreiung von vier
Millionen Sclaven gesühnt wurde, so starb Garfield als ein Opfer des corrupten
Aemterwesens und des demoralisirenden Beutesystems, an dem die Union länger
als ein halbes Jahrhundert leidet. Beide fielen im Kampfe für eine gute Sache;
aber Lincoln war es vergönnt, seine Aufgabe zu lösen, während Garfield nur
die ersten energischen Schritte thun konnte, um das ihm gesteckte Ziel zu erreichen.
Beide hatten sich von der untersten Stufe durch körperliche und geistige Kraft
und Anstrengung bis zu der höchsten Stelle emporgerungen, die ihr Volk ihnen
verleihen konnte; beide standen in Krieg und Frieden treu und fest ein für die
Einheit und Freiheit ihres Vaterlandes, die Schläfe beider ziert für alle Zeit
der unverwelkliche Kranz echten Bürgerthums.

Zur Zeit von Garfields Tode befand sich der Vicepräsident Ehester Allan
Arthur in der Stadt New-Uork; an ihn sandte der Justizminister Wahne Mcic-
Veagh, der sich mit seinen College«, dem Finanzminister William Windom, dem
Marineminister W. H. Hunt, dem Generalpostmeister Thomas L. James und
dem Minister des Innern S. I. Kirkwood, in Long Brauch befand, bald nach
Garfields Hinscheiden folgendes Telegramm: „Es ist unsre schmerzliche Pflicht,
Sie von dem Tode des Präsidenten Garfield in Kenntniß zu setzen und Ihnen
zu empfehlen, den Eid als Präsident der Vereinigten Staaten ohne Verzug ab¬
zulegen. Wenn es mit Ihren Ansichten übereinstimmt, wird es uns sehr freuen,


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[0135] Garfields Tod und seine politischen Folgen. ach harten, länger als elf Wochen dauernden Leiden, die er mit be- wundernswerthem Muthe und seltner Geduld ertrug, starb James A, Garfield in der Nacht vom 19, auf den 20. September dieses Jahres zu Elberon, einer in der unmittelbaren Nähe des Bade¬ ortes Long Brauch im Staate New-Jersey gelegnen Ortschaft, Er war der zwanzigste Präsident der Vereinigten Staaten, und das amerikanische Volk betrauert in ihm einen seiner edelsten und besten Söhne. Für die nordamerikanische Union sind der 14. April und der 2. Juli zwei verhängnißvolle Tage, deren Andenken, so lange die große transatlantische Re¬ publik besteht, die amerikanische Nation mit tiefer Trauer erfüllen wird. Am 14. April des Jahres 1865, einem Charfreitag, wurde Abraham Lincoln durch John Wilkes Booth, einen fanatischen Anhänger der Sclavenhalterpartei, hinter¬ rücks erschossen; am 2, Juli 1881 wurde Garfield durch den Physisch und moralisch verkommenen Aemterjäger Charles I. Guiteau auf den Tod verwundet. Wenn Lincoln als ein Opfer des fluchwürdigen Instituts der Negersclaverei fiel, das durch die siegreiche Beendigung des Bürgerkrieges und die Befreiung von vier Millionen Sclaven gesühnt wurde, so starb Garfield als ein Opfer des corrupten Aemterwesens und des demoralisirenden Beutesystems, an dem die Union länger als ein halbes Jahrhundert leidet. Beide fielen im Kampfe für eine gute Sache; aber Lincoln war es vergönnt, seine Aufgabe zu lösen, während Garfield nur die ersten energischen Schritte thun konnte, um das ihm gesteckte Ziel zu erreichen. Beide hatten sich von der untersten Stufe durch körperliche und geistige Kraft und Anstrengung bis zu der höchsten Stelle emporgerungen, die ihr Volk ihnen verleihen konnte; beide standen in Krieg und Frieden treu und fest ein für die Einheit und Freiheit ihres Vaterlandes, die Schläfe beider ziert für alle Zeit der unverwelkliche Kranz echten Bürgerthums. Zur Zeit von Garfields Tode befand sich der Vicepräsident Ehester Allan Arthur in der Stadt New-Uork; an ihn sandte der Justizminister Wahne Mcic- Veagh, der sich mit seinen College«, dem Finanzminister William Windom, dem Marineminister W. H. Hunt, dem Generalpostmeister Thomas L. James und dem Minister des Innern S. I. Kirkwood, in Long Brauch befand, bald nach Garfields Hinscheiden folgendes Telegramm: „Es ist unsre schmerzliche Pflicht, Sie von dem Tode des Präsidenten Garfield in Kenntniß zu setzen und Ihnen zu empfehlen, den Eid als Präsident der Vereinigten Staaten ohne Verzug ab¬ zulegen. Wenn es mit Ihren Ansichten übereinstimmt, wird es uns sehr freuen, Grenzboten IV. 1381. 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/135>, abgerufen am 28.04.2024.