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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die vcrlagshandlung kündigt hierdurch den Lesern an, daß die "Grenzboten" in dem
bevorstehenden neuen Jahrgange, mit welchem sie in das fünfte Jahrzehnt ihres Bestehens
eintreten, insofern eine Erweiterung und Bereicherung ihres Inhaltes erfahren werden,
als den bisherigen politischen und wissenschaftlichen Theilen derselben sich von setzt an ein
rein belletristischer anschließen wird. Zie freut sich, zunächst einen Roman von besonders
hervorragenden! Werth und Interesse in Aussicht stellen zu können, der von Ur. i des
neuen Jahrganges an zum Abdrucke gelangen wird:
Valtchen und MnrsoMMer
August Oiemautt.

Freiherr vom 5dem und Herr Eugen Richter"

on dem Führer der Fortschrittspartei ist wiederholt im Reichs¬
tage die Behauptung aufgestellt worden, er und seine Anhänger
stünde" wirthschaftlich auf dem Standpunkte Steins und Harden-
bergs, einem Standpunkte oder einer Politik, "die man heute als
fortschrittlichen Republikanismus oder als manchesterliche Theorie
zu brandmarken" suche. Also der Geist Steins wird angerufen, um die Grund¬
sätze der heutigen Fortschrittspartei mit seinem Adlerfluge zu beschatten!

Von der Tribüne des Reichstages herab vermag vielleicht ein geschicktes
Plciidoher rein persönlichen Meinungen und Illusionen vorübergehend den An¬
strich objectiver Wahrheit zu geben; vor der Geschichte aber müssen alle
solche Meinungen und Illusionen sehr bald verwehen, weil ihnen mir eine
persönliche, leine sachliche Wahrheit innewohnt. Im folgenden werden wir nicht
der Meinung die Meinung entgegenstellen, sondern den Staatskanzler Stein
mit seinen eignen Worten sich wehren lassen gegen die ihm angethane unsach¬
liche Bundcsbrüderschnft der Fortschrittspartei, Steins volkswirtschaftliche An¬
sichten -- sagt Röscher in seiner Geschichte der Natioualökonomik (S. 704 ff,) --
lassen sich am kürzesten so charakterisiren, daß man als Regel seine Ueberein¬
stimmung mit Adam Smith voraussetzt und die Abweichungen von dieser
Regel besonders hervorhebt. Alle diese Abweichungen aber können auf drei
Grundverschiedensten der beiden großen Männer zurückgeführt werden: Stein
war kein Gelehrter, sondern Staatsmann, kein Schotte, sondern Deutscher,
kein Mann des 18,, sondern des 19, Jahrhunderts, welches in langer Ent¬
wicklung und in schweren Kämpfen so manche Anschauung der Väter lückenhaft,
so manche Voraussetzung illusorisch befunden hatte. Vor allem war Stein ganz
frei von jenem Mammonismus, jener Überschätzung der materiellen Güter, die


Gu'nzlwwu IV. 1881, (12


Die vcrlagshandlung kündigt hierdurch den Lesern an, daß die „Grenzboten" in dem
bevorstehenden neuen Jahrgange, mit welchem sie in das fünfte Jahrzehnt ihres Bestehens
eintreten, insofern eine Erweiterung und Bereicherung ihres Inhaltes erfahren werden,
als den bisherigen politischen und wissenschaftlichen Theilen derselben sich von setzt an ein
rein belletristischer anschließen wird. Zie freut sich, zunächst einen Roman von besonders
hervorragenden! Werth und Interesse in Aussicht stellen zu können, der von Ur. i des
neuen Jahrganges an zum Abdrucke gelangen wird:
Valtchen und MnrsoMMer
August Oiemautt.

Freiherr vom 5dem und Herr Eugen Richter»

on dem Führer der Fortschrittspartei ist wiederholt im Reichs¬
tage die Behauptung aufgestellt worden, er und seine Anhänger
stünde» wirthschaftlich auf dem Standpunkte Steins und Harden-
bergs, einem Standpunkte oder einer Politik, „die man heute als
fortschrittlichen Republikanismus oder als manchesterliche Theorie
zu brandmarken" suche. Also der Geist Steins wird angerufen, um die Grund¬
sätze der heutigen Fortschrittspartei mit seinem Adlerfluge zu beschatten!

Von der Tribüne des Reichstages herab vermag vielleicht ein geschicktes
Plciidoher rein persönlichen Meinungen und Illusionen vorübergehend den An¬
strich objectiver Wahrheit zu geben; vor der Geschichte aber müssen alle
solche Meinungen und Illusionen sehr bald verwehen, weil ihnen mir eine
persönliche, leine sachliche Wahrheit innewohnt. Im folgenden werden wir nicht
der Meinung die Meinung entgegenstellen, sondern den Staatskanzler Stein
mit seinen eignen Worten sich wehren lassen gegen die ihm angethane unsach¬
liche Bundcsbrüderschnft der Fortschrittspartei, Steins volkswirtschaftliche An¬
sichten — sagt Röscher in seiner Geschichte der Natioualökonomik (S. 704 ff,) —
lassen sich am kürzesten so charakterisiren, daß man als Regel seine Ueberein¬
stimmung mit Adam Smith voraussetzt und die Abweichungen von dieser
Regel besonders hervorhebt. Alle diese Abweichungen aber können auf drei
Grundverschiedensten der beiden großen Männer zurückgeführt werden: Stein
war kein Gelehrter, sondern Staatsmann, kein Schotte, sondern Deutscher,
kein Mann des 18,, sondern des 19, Jahrhunderts, welches in langer Ent¬
wicklung und in schweren Kämpfen so manche Anschauung der Väter lückenhaft,
so manche Voraussetzung illusorisch befunden hatte. Vor allem war Stein ganz
frei von jenem Mammonismus, jener Überschätzung der materiellen Güter, die


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[0491] [Abbildung] Die vcrlagshandlung kündigt hierdurch den Lesern an, daß die „Grenzboten" in dem bevorstehenden neuen Jahrgange, mit welchem sie in das fünfte Jahrzehnt ihres Bestehens eintreten, insofern eine Erweiterung und Bereicherung ihres Inhaltes erfahren werden, als den bisherigen politischen und wissenschaftlichen Theilen derselben sich von setzt an ein rein belletristischer anschließen wird. Zie freut sich, zunächst einen Roman von besonders hervorragenden! Werth und Interesse in Aussicht stellen zu können, der von Ur. i des neuen Jahrganges an zum Abdrucke gelangen wird: Valtchen und MnrsoMMer August Oiemautt. Freiherr vom 5dem und Herr Eugen Richter» on dem Führer der Fortschrittspartei ist wiederholt im Reichs¬ tage die Behauptung aufgestellt worden, er und seine Anhänger stünde» wirthschaftlich auf dem Standpunkte Steins und Harden- bergs, einem Standpunkte oder einer Politik, „die man heute als fortschrittlichen Republikanismus oder als manchesterliche Theorie zu brandmarken" suche. Also der Geist Steins wird angerufen, um die Grund¬ sätze der heutigen Fortschrittspartei mit seinem Adlerfluge zu beschatten! Von der Tribüne des Reichstages herab vermag vielleicht ein geschicktes Plciidoher rein persönlichen Meinungen und Illusionen vorübergehend den An¬ strich objectiver Wahrheit zu geben; vor der Geschichte aber müssen alle solche Meinungen und Illusionen sehr bald verwehen, weil ihnen mir eine persönliche, leine sachliche Wahrheit innewohnt. Im folgenden werden wir nicht der Meinung die Meinung entgegenstellen, sondern den Staatskanzler Stein mit seinen eignen Worten sich wehren lassen gegen die ihm angethane unsach¬ liche Bundcsbrüderschnft der Fortschrittspartei, Steins volkswirtschaftliche An¬ sichten — sagt Röscher in seiner Geschichte der Natioualökonomik (S. 704 ff,) — lassen sich am kürzesten so charakterisiren, daß man als Regel seine Ueberein¬ stimmung mit Adam Smith voraussetzt und die Abweichungen von dieser Regel besonders hervorhebt. Alle diese Abweichungen aber können auf drei Grundverschiedensten der beiden großen Männer zurückgeführt werden: Stein war kein Gelehrter, sondern Staatsmann, kein Schotte, sondern Deutscher, kein Mann des 18,, sondern des 19, Jahrhunderts, welches in langer Ent¬ wicklung und in schweren Kämpfen so manche Anschauung der Väter lückenhaft, so manche Voraussetzung illusorisch befunden hatte. Vor allem war Stein ganz frei von jenem Mammonismus, jener Überschätzung der materiellen Güter, die Gu'nzlwwu IV. 1881, (12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/491>, abgerufen am 29.04.2024.