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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal.

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Briefe von Peter "Lornelins,

fünf Jahre jünger als Cornelius, war ein Düsseldorfer und, wie er, Schüler der
dortigen Akademie. 1808 war er seinem Meister Langer nach München gefolgt
und 1814 Direktor der Kunstschule in Augsburg geworden. Zwei Jahre später
ging er nach Rom, und hier muß er ein lebhaftes Interesse für Cornelius' Ar¬
beiten an den Tag gelegt haben, da dieser ihn demnächst, jedoch erst in der
Zeit nach diesem Briefe, zu seinem Hauptmitarbeiter an seinen Fresken in der
Münchener Glyptothek auserkor. In dieser Zwischenstellung zwischen dem alten
Lehrer und dem alten ihm nun so viel näher gerückten Akndemiegenvsscn, die
nun in eiuer Stadt zusammen wirken sollten, mußte er das Bedürfnis empfinden,
beide mit einander zu verständigen und zu versöhnen.

Die "mythologischen Schwielen," deren Cornelius gedenkt, sind eben die Bor
arbeiten für die Glyptothek. Nachdem er im April 1818 mit dem Kronprinzen
Ludwig abgeschlossen, hatte er sogleich den Dante und die biblischen Stoffe liegen
lassei? und sich an das Studium der Alte" gemacht, und da hierin eine, ihm
von seinen romantischen Freunden verdachte, Abschwenkung von dem bisher ver¬
folgten Pfade lag, so gebraucht er scherzhaft jenen burschikosen Ausdruck, der
ein solches Verhältnis bezeichnet. Übrigens anch ein gewisses fröhliches Hoch¬
gefühl in der Extravaganz. Es war im Sommer 1818, wo er mit Niebuhr
zu einem Hoch auf den alten Jupiter angestoßen hatte. Das Ölbildchen, das
er zur Zeit dieses Briefes malte, war dann freilich eine sehr willkommene Ab¬
wechslung; es war die Grablegung, die sich im Thorwaldsenmuseum zu Kopen-
Hagen befindet.

Der Bildhauer, an dessen Werken Cornelius ein solches Gefallen findet,
ist der noch kaum genugsam gewürdigte, im Jahre 1708 geborene Konrad Eber¬
hard. Cornelius mochte sich wohl gerade jetzt besonders gern mit ihm beschüf-
tigen, weil er mit ähnlichen allgemeinen Anlagen und feinstem Kunstsinn begabt,
sich in zartester katholischer Gläubigkeit zuerst ganz an religiöse Stoffe hingegeben
hatte, um dann heitern und freien Geistes auch die Mythologie in den Bereich
seiner Darstellungen zu ziehen. Das Schnorrschc Bild, welches Cornelius er¬
wähnt, ist die Hochzeit zu Cana, die der Künstler unvollendet mit nach Rom
gebracht hatte. Der l797 geborene Weimaraner Franz Horny, der sich 1817
zu Joseph Koch in die Lehre begeben, aber von diesem wieder getrennt hatte,
zeichnete die teilenden Festons zu Cornelius' Dantegemälden für die Villa
Mcissimi. Er starb schon ini folgenden Jahre zu Olevano, wo er in der Kirche
einige Gemälde hinterlassen hat.


7.
^Cornelius an Friedrich Rückert in Coburg.^

Da meine Zeit und meine Kräften auf eine übermcissige Weise in Anspruch
genommen sind so wirst du mein theuerster Freund! verzeihen, wenn ich dir nur
aufs dürftigste andwort und Auskunft auf alles das gebe was du mich befragst. --
Zuerst also was das Taschenbuch anbctrift so habe ich hier zwey wackere junge


Briefe von Peter «Lornelins,

fünf Jahre jünger als Cornelius, war ein Düsseldorfer und, wie er, Schüler der
dortigen Akademie. 1808 war er seinem Meister Langer nach München gefolgt
und 1814 Direktor der Kunstschule in Augsburg geworden. Zwei Jahre später
ging er nach Rom, und hier muß er ein lebhaftes Interesse für Cornelius' Ar¬
beiten an den Tag gelegt haben, da dieser ihn demnächst, jedoch erst in der
Zeit nach diesem Briefe, zu seinem Hauptmitarbeiter an seinen Fresken in der
Münchener Glyptothek auserkor. In dieser Zwischenstellung zwischen dem alten
Lehrer und dem alten ihm nun so viel näher gerückten Akndemiegenvsscn, die
nun in eiuer Stadt zusammen wirken sollten, mußte er das Bedürfnis empfinden,
beide mit einander zu verständigen und zu versöhnen.

Die „mythologischen Schwielen," deren Cornelius gedenkt, sind eben die Bor
arbeiten für die Glyptothek. Nachdem er im April 1818 mit dem Kronprinzen
Ludwig abgeschlossen, hatte er sogleich den Dante und die biblischen Stoffe liegen
lassei? und sich an das Studium der Alte» gemacht, und da hierin eine, ihm
von seinen romantischen Freunden verdachte, Abschwenkung von dem bisher ver¬
folgten Pfade lag, so gebraucht er scherzhaft jenen burschikosen Ausdruck, der
ein solches Verhältnis bezeichnet. Übrigens anch ein gewisses fröhliches Hoch¬
gefühl in der Extravaganz. Es war im Sommer 1818, wo er mit Niebuhr
zu einem Hoch auf den alten Jupiter angestoßen hatte. Das Ölbildchen, das
er zur Zeit dieses Briefes malte, war dann freilich eine sehr willkommene Ab¬
wechslung; es war die Grablegung, die sich im Thorwaldsenmuseum zu Kopen-
Hagen befindet.

Der Bildhauer, an dessen Werken Cornelius ein solches Gefallen findet,
ist der noch kaum genugsam gewürdigte, im Jahre 1708 geborene Konrad Eber¬
hard. Cornelius mochte sich wohl gerade jetzt besonders gern mit ihm beschüf-
tigen, weil er mit ähnlichen allgemeinen Anlagen und feinstem Kunstsinn begabt,
sich in zartester katholischer Gläubigkeit zuerst ganz an religiöse Stoffe hingegeben
hatte, um dann heitern und freien Geistes auch die Mythologie in den Bereich
seiner Darstellungen zu ziehen. Das Schnorrschc Bild, welches Cornelius er¬
wähnt, ist die Hochzeit zu Cana, die der Künstler unvollendet mit nach Rom
gebracht hatte. Der l797 geborene Weimaraner Franz Horny, der sich 1817
zu Joseph Koch in die Lehre begeben, aber von diesem wieder getrennt hatte,
zeichnete die teilenden Festons zu Cornelius' Dantegemälden für die Villa
Mcissimi. Er starb schon ini folgenden Jahre zu Olevano, wo er in der Kirche
einige Gemälde hinterlassen hat.


7.
^Cornelius an Friedrich Rückert in Coburg.^

Da meine Zeit und meine Kräften auf eine übermcissige Weise in Anspruch
genommen sind so wirst du mein theuerster Freund! verzeihen, wenn ich dir nur
aufs dürftigste andwort und Auskunft auf alles das gebe was du mich befragst. —
Zuerst also was das Taschenbuch anbctrift so habe ich hier zwey wackere junge


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[0134] Briefe von Peter «Lornelins, fünf Jahre jünger als Cornelius, war ein Düsseldorfer und, wie er, Schüler der dortigen Akademie. 1808 war er seinem Meister Langer nach München gefolgt und 1814 Direktor der Kunstschule in Augsburg geworden. Zwei Jahre später ging er nach Rom, und hier muß er ein lebhaftes Interesse für Cornelius' Ar¬ beiten an den Tag gelegt haben, da dieser ihn demnächst, jedoch erst in der Zeit nach diesem Briefe, zu seinem Hauptmitarbeiter an seinen Fresken in der Münchener Glyptothek auserkor. In dieser Zwischenstellung zwischen dem alten Lehrer und dem alten ihm nun so viel näher gerückten Akndemiegenvsscn, die nun in eiuer Stadt zusammen wirken sollten, mußte er das Bedürfnis empfinden, beide mit einander zu verständigen und zu versöhnen. Die „mythologischen Schwielen," deren Cornelius gedenkt, sind eben die Bor arbeiten für die Glyptothek. Nachdem er im April 1818 mit dem Kronprinzen Ludwig abgeschlossen, hatte er sogleich den Dante und die biblischen Stoffe liegen lassei? und sich an das Studium der Alte» gemacht, und da hierin eine, ihm von seinen romantischen Freunden verdachte, Abschwenkung von dem bisher ver¬ folgten Pfade lag, so gebraucht er scherzhaft jenen burschikosen Ausdruck, der ein solches Verhältnis bezeichnet. Übrigens anch ein gewisses fröhliches Hoch¬ gefühl in der Extravaganz. Es war im Sommer 1818, wo er mit Niebuhr zu einem Hoch auf den alten Jupiter angestoßen hatte. Das Ölbildchen, das er zur Zeit dieses Briefes malte, war dann freilich eine sehr willkommene Ab¬ wechslung; es war die Grablegung, die sich im Thorwaldsenmuseum zu Kopen- Hagen befindet. Der Bildhauer, an dessen Werken Cornelius ein solches Gefallen findet, ist der noch kaum genugsam gewürdigte, im Jahre 1708 geborene Konrad Eber¬ hard. Cornelius mochte sich wohl gerade jetzt besonders gern mit ihm beschüf- tigen, weil er mit ähnlichen allgemeinen Anlagen und feinstem Kunstsinn begabt, sich in zartester katholischer Gläubigkeit zuerst ganz an religiöse Stoffe hingegeben hatte, um dann heitern und freien Geistes auch die Mythologie in den Bereich seiner Darstellungen zu ziehen. Das Schnorrschc Bild, welches Cornelius er¬ wähnt, ist die Hochzeit zu Cana, die der Künstler unvollendet mit nach Rom gebracht hatte. Der l797 geborene Weimaraner Franz Horny, der sich 1817 zu Joseph Koch in die Lehre begeben, aber von diesem wieder getrennt hatte, zeichnete die teilenden Festons zu Cornelius' Dantegemälden für die Villa Mcissimi. Er starb schon ini folgenden Jahre zu Olevano, wo er in der Kirche einige Gemälde hinterlassen hat. 7. ^Cornelius an Friedrich Rückert in Coburg.^ Da meine Zeit und meine Kräften auf eine übermcissige Weise in Anspruch genommen sind so wirst du mein theuerster Freund! verzeihen, wenn ich dir nur aufs dürftigste andwort und Auskunft auf alles das gebe was du mich befragst. — Zuerst also was das Taschenbuch anbctrift so habe ich hier zwey wackere junge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89806/134>, abgerufen am 02.05.2024.