Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Bakchen und Thyrsosträger.
R August Niemann (Gotha). oman von
Das Recht der Übersetzung vorbe-
halten. Nachdruck verboten. (Fortschunq )
Viertes Aapitel.
Line gefährliche Liebe.

Es liegt um uns herum
Gar mancher Abgrund, den das Schicksal grub)
Doch hier in unserm Herzen ist der tiefste,
Und reizend ist es, sich hinabzustürzen.

oktor Irrwisch war nuf dem gewohnten Wege zu seiner blassen,
leidenschaftlichen Freundin, welche seit wenig Tagen nach mehr¬
wöchentlicher Abwesenheit aus dem Bade zurückgekehrt war, als
ihm unvermntetcrweise deren Mann, Herr von Blankendvrff selbst,
die Glasthür zum Vorplatz öffnete. Die beiden Herren hatten
sich nach der Badereise noch nicht wiedergesehen.

Herr von Blankendvrff vermied es in der Regel, ihm zu begegnen, da er
der Meinung sein mochte, daß nicht alle Leute, welche vou der Frau entzückt
sind, darum auch deu Gatten zu schätzen wissen. Er ging auf seinen Wegen
und ließ seine Frau die ihrigen wandeln. Deshalb war es dem Finanzmann
auffallend, sich heute von ihm begrüßt zu sehen. '

Herr von Blankendvrff aber nötigte ihn sehr artig in sein Zimmer, bot
ihm eine gute Cigarre an und sprach vom Wetter und von der Oper. Der
Finanzmnnn vermutete, Herr von Blankendvrff wolle Geld von ihm leihen und
überlegte bei sich, wie viel es wohl sein würde.

Aber diesmal hatte er sich getauscht.

Kennen Sie den Prinzen von Parolignac? fragte Herr von Blankendvrff.

Persönlich nicht.

Wenn es Ihnen Vergnügen macht, stelle ich Sie vor. Er ist drüben bei
meiner Frau. Ein sehr liebenswürdiger und geistreicher Herr. Wir lernten ihn




Bakchen und Thyrsosträger.
R August Niemann (Gotha). oman von
Das Recht der Übersetzung vorbe-
halten. Nachdruck verboten. (Fortschunq )
Viertes Aapitel.
Line gefährliche Liebe.

Es liegt um uns herum
Gar mancher Abgrund, den das Schicksal grub)
Doch hier in unserm Herzen ist der tiefste,
Und reizend ist es, sich hinabzustürzen.

oktor Irrwisch war nuf dem gewohnten Wege zu seiner blassen,
leidenschaftlichen Freundin, welche seit wenig Tagen nach mehr¬
wöchentlicher Abwesenheit aus dem Bade zurückgekehrt war, als
ihm unvermntetcrweise deren Mann, Herr von Blankendvrff selbst,
die Glasthür zum Vorplatz öffnete. Die beiden Herren hatten
sich nach der Badereise noch nicht wiedergesehen.

Herr von Blankendvrff vermied es in der Regel, ihm zu begegnen, da er
der Meinung sein mochte, daß nicht alle Leute, welche vou der Frau entzückt
sind, darum auch deu Gatten zu schätzen wissen. Er ging auf seinen Wegen
und ließ seine Frau die ihrigen wandeln. Deshalb war es dem Finanzmann
auffallend, sich heute von ihm begrüßt zu sehen. '

Herr von Blankendvrff aber nötigte ihn sehr artig in sein Zimmer, bot
ihm eine gute Cigarre an und sprach vom Wetter und von der Oper. Der
Finanzmnnn vermutete, Herr von Blankendvrff wolle Geld von ihm leihen und
überlegte bei sich, wie viel es wohl sein würde.

Aber diesmal hatte er sich getauscht.

Kennen Sie den Prinzen von Parolignac? fragte Herr von Blankendvrff.

Persönlich nicht.

Wenn es Ihnen Vergnügen macht, stelle ich Sie vor. Er ist drüben bei
meiner Frau. Ein sehr liebenswürdiger und geistreicher Herr. Wir lernten ihn


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86944"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341835_89806/figures/grenzboten_341835_89806_86944_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Bakchen und Thyrsosträger.<lb/>
R<note type="byline"> August Niemann (Gotha).</note> oman von<milestone rendition="#hr" unit="section"/> Das Recht der Übersetzung vorbe-<lb/>
halten. Nachdruck verboten. (Fortschunq )<lb/>
Viertes Aapitel.<lb/>
Line gefährliche Liebe. </head><lb/>
          <quote type="epigraph"> Es liegt um uns herum<lb/>
Gar mancher Abgrund, den das Schicksal grub)<lb/>
Doch hier in unserm Herzen ist der tiefste,<lb/>
Und reizend ist es, sich hinabzustürzen.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_537"> oktor Irrwisch war nuf dem gewohnten Wege zu seiner blassen,<lb/>
leidenschaftlichen Freundin, welche seit wenig Tagen nach mehr¬<lb/>
wöchentlicher Abwesenheit aus dem Bade zurückgekehrt war, als<lb/>
ihm unvermntetcrweise deren Mann, Herr von Blankendvrff selbst,<lb/>
die Glasthür zum Vorplatz öffnete. Die beiden Herren hatten<lb/>
sich nach der Badereise noch nicht wiedergesehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_538"> Herr von Blankendvrff vermied es in der Regel, ihm zu begegnen, da er<lb/>
der Meinung sein mochte, daß nicht alle Leute, welche vou der Frau entzückt<lb/>
sind, darum auch deu Gatten zu schätzen wissen. Er ging auf seinen Wegen<lb/>
und ließ seine Frau die ihrigen wandeln. Deshalb war es dem Finanzmann<lb/>
auffallend, sich heute von ihm begrüßt zu sehen. '</p><lb/>
          <p xml:id="ID_539"> Herr von Blankendvrff aber nötigte ihn sehr artig in sein Zimmer, bot<lb/>
ihm eine gute Cigarre an und sprach vom Wetter und von der Oper. Der<lb/>
Finanzmnnn vermutete, Herr von Blankendvrff wolle Geld von ihm leihen und<lb/>
überlegte bei sich, wie viel es wohl sein würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_540"> Aber diesmal hatte er sich getauscht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_541"> Kennen Sie den Prinzen von Parolignac? fragte Herr von Blankendvrff.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_542"> Persönlich nicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_543" next="#ID_544"> Wenn es Ihnen Vergnügen macht, stelle ich Sie vor. Er ist drüben bei<lb/>
meiner Frau. Ein sehr liebenswürdiger und geistreicher Herr. Wir lernten ihn</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0143] [Abbildung] Bakchen und Thyrsosträger. R August Niemann (Gotha). oman von Das Recht der Übersetzung vorbe- halten. Nachdruck verboten. (Fortschunq ) Viertes Aapitel. Line gefährliche Liebe. Es liegt um uns herum Gar mancher Abgrund, den das Schicksal grub) Doch hier in unserm Herzen ist der tiefste, Und reizend ist es, sich hinabzustürzen. oktor Irrwisch war nuf dem gewohnten Wege zu seiner blassen, leidenschaftlichen Freundin, welche seit wenig Tagen nach mehr¬ wöchentlicher Abwesenheit aus dem Bade zurückgekehrt war, als ihm unvermntetcrweise deren Mann, Herr von Blankendvrff selbst, die Glasthür zum Vorplatz öffnete. Die beiden Herren hatten sich nach der Badereise noch nicht wiedergesehen. Herr von Blankendvrff vermied es in der Regel, ihm zu begegnen, da er der Meinung sein mochte, daß nicht alle Leute, welche vou der Frau entzückt sind, darum auch deu Gatten zu schätzen wissen. Er ging auf seinen Wegen und ließ seine Frau die ihrigen wandeln. Deshalb war es dem Finanzmann auffallend, sich heute von ihm begrüßt zu sehen. ' Herr von Blankendvrff aber nötigte ihn sehr artig in sein Zimmer, bot ihm eine gute Cigarre an und sprach vom Wetter und von der Oper. Der Finanzmnnn vermutete, Herr von Blankendvrff wolle Geld von ihm leihen und überlegte bei sich, wie viel es wohl sein würde. Aber diesmal hatte er sich getauscht. Kennen Sie den Prinzen von Parolignac? fragte Herr von Blankendvrff. Persönlich nicht. Wenn es Ihnen Vergnügen macht, stelle ich Sie vor. Er ist drüben bei meiner Frau. Ein sehr liebenswürdiger und geistreicher Herr. Wir lernten ihn

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89806/143
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89806/143>, abgerufen am 02.05.2024.