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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal.

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Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung.

aber in der wissenschaftlichen Anregung durch die Hinweise auf neuere For¬
schungen, bessere Darstellungsmethoden u. s. w. Nur in einem Punkte war
leider kein Fortschritt zu bemerken, in dem der Anbahnung einer deutschen geo¬
graphischen Gesellschaft; hier muß ein erneutes Vorgehen auf dem nächsten Geo¬
graphentage, welcher 1883 in Frankfurt am Main stattfinden soll, erwartet
werden. Es ist dies umsomehr zu bedauern, als ein jährlicher Geographentag
ohne die Grundlage einer geographischen Gesellschaft sehr bald das erforderliche
allgemeine Interesse verlieren und nur noch für die Fachleute tagen wird. Die
geographischen Ergebnisse der Forschungen und Reisen sind nicht in jedem Jahre
so bedeutend, daß sie für sich allein ausreichen könnten, das Interesse wach zu
erhalten. Sollen Geographentage ohne Gesellschaft bestehen, so wird es sich
bald als notwendig herausstellen, die ersteren seltener, etwa aller zwei Jahre zu
veranstalten, um genügendes Material zum Vortrag und für die Ausstellung
zu habe"; es wurde dies schon jetzt in Halle ausgesprochen.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Geographentage liegt in dem
gegenseitigen persönlichen Verkehr der Teiluehmeuden, der nur durch öftere freie
Zusammenkünfte noch mehr hätte befördert werden sollen. Die kühle Natur
des Norddeutschen machte sich zu sehr geltend; Bekannte kamen zwar bald in
regen Verkehr, Alleinstehenden wurde dagegen der Auschluß an andre schwer.
Dazu kam, daß eine kleine Anzahl der Anwesenden am ersten Tage für sich
allein eine Feier veranstaltet hatte; die übrigen dabei nicht berücksichtigten Teil¬
nehmer fühlten sich als "Geographen zweiter und dritter Ordnung," und dies
erregte hie und da Unzufriedenheit. Daß diese kleinen Unebenheiten bald nach
Möglichkeit ausgeglichen wurden, ein lebhafterer Verkehr eintrat und alle Teil¬
nehmer wohl mit angenehmen Erinnerungen von Halle geschieden sein werden,
ist ein Verdienst des Hallischen Vereins für Erdkunde, insbesondre seines un¬
ermüdlichen, nach allen Seiten hin freundlichen und gefälligen Vorsitzenden, des
Professor Kirchhofs, dem deshalb auch allgemein der wohlverdiente Dank ge¬
zollt wurde.




Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung.
2.

as die österreichischen Beschicker der Ausstellung vermissen lassen,
finden wir reichlich bei den Deutschem offenes Ange für die Welt
und geistvolle Wahl des Stoffs. Die Sittenbilder der berühmten
Meister und ihrer weniger bekannten Nachfolger machen in Wien
denselben erquickenden Eindruck wie vor vier Jahren in Paris.
Aber beherrscht wird der deutsche Saal vou Leubachs Vismarck. Das Por-


Grenzboten II. 18W, 76
Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung.

aber in der wissenschaftlichen Anregung durch die Hinweise auf neuere For¬
schungen, bessere Darstellungsmethoden u. s. w. Nur in einem Punkte war
leider kein Fortschritt zu bemerken, in dem der Anbahnung einer deutschen geo¬
graphischen Gesellschaft; hier muß ein erneutes Vorgehen auf dem nächsten Geo¬
graphentage, welcher 1883 in Frankfurt am Main stattfinden soll, erwartet
werden. Es ist dies umsomehr zu bedauern, als ein jährlicher Geographentag
ohne die Grundlage einer geographischen Gesellschaft sehr bald das erforderliche
allgemeine Interesse verlieren und nur noch für die Fachleute tagen wird. Die
geographischen Ergebnisse der Forschungen und Reisen sind nicht in jedem Jahre
so bedeutend, daß sie für sich allein ausreichen könnten, das Interesse wach zu
erhalten. Sollen Geographentage ohne Gesellschaft bestehen, so wird es sich
bald als notwendig herausstellen, die ersteren seltener, etwa aller zwei Jahre zu
veranstalten, um genügendes Material zum Vortrag und für die Ausstellung
zu habe»; es wurde dies schon jetzt in Halle ausgesprochen.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Geographentage liegt in dem
gegenseitigen persönlichen Verkehr der Teiluehmeuden, der nur durch öftere freie
Zusammenkünfte noch mehr hätte befördert werden sollen. Die kühle Natur
des Norddeutschen machte sich zu sehr geltend; Bekannte kamen zwar bald in
regen Verkehr, Alleinstehenden wurde dagegen der Auschluß an andre schwer.
Dazu kam, daß eine kleine Anzahl der Anwesenden am ersten Tage für sich
allein eine Feier veranstaltet hatte; die übrigen dabei nicht berücksichtigten Teil¬
nehmer fühlten sich als „Geographen zweiter und dritter Ordnung," und dies
erregte hie und da Unzufriedenheit. Daß diese kleinen Unebenheiten bald nach
Möglichkeit ausgeglichen wurden, ein lebhafterer Verkehr eintrat und alle Teil¬
nehmer wohl mit angenehmen Erinnerungen von Halle geschieden sein werden,
ist ein Verdienst des Hallischen Vereins für Erdkunde, insbesondre seines un¬
ermüdlichen, nach allen Seiten hin freundlichen und gefälligen Vorsitzenden, des
Professor Kirchhofs, dem deshalb auch allgemein der wohlverdiente Dank ge¬
zollt wurde.




Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung.
2.

as die österreichischen Beschicker der Ausstellung vermissen lassen,
finden wir reichlich bei den Deutschem offenes Ange für die Welt
und geistvolle Wahl des Stoffs. Die Sittenbilder der berühmten
Meister und ihrer weniger bekannten Nachfolger machen in Wien
denselben erquickenden Eindruck wie vor vier Jahren in Paris.
Aber beherrscht wird der deutsche Saal vou Leubachs Vismarck. Das Por-


Grenzboten II. 18W, 76
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[0601] Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung. aber in der wissenschaftlichen Anregung durch die Hinweise auf neuere For¬ schungen, bessere Darstellungsmethoden u. s. w. Nur in einem Punkte war leider kein Fortschritt zu bemerken, in dem der Anbahnung einer deutschen geo¬ graphischen Gesellschaft; hier muß ein erneutes Vorgehen auf dem nächsten Geo¬ graphentage, welcher 1883 in Frankfurt am Main stattfinden soll, erwartet werden. Es ist dies umsomehr zu bedauern, als ein jährlicher Geographentag ohne die Grundlage einer geographischen Gesellschaft sehr bald das erforderliche allgemeine Interesse verlieren und nur noch für die Fachleute tagen wird. Die geographischen Ergebnisse der Forschungen und Reisen sind nicht in jedem Jahre so bedeutend, daß sie für sich allein ausreichen könnten, das Interesse wach zu erhalten. Sollen Geographentage ohne Gesellschaft bestehen, so wird es sich bald als notwendig herausstellen, die ersteren seltener, etwa aller zwei Jahre zu veranstalten, um genügendes Material zum Vortrag und für die Ausstellung zu habe»; es wurde dies schon jetzt in Halle ausgesprochen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Geographentage liegt in dem gegenseitigen persönlichen Verkehr der Teiluehmeuden, der nur durch öftere freie Zusammenkünfte noch mehr hätte befördert werden sollen. Die kühle Natur des Norddeutschen machte sich zu sehr geltend; Bekannte kamen zwar bald in regen Verkehr, Alleinstehenden wurde dagegen der Auschluß an andre schwer. Dazu kam, daß eine kleine Anzahl der Anwesenden am ersten Tage für sich allein eine Feier veranstaltet hatte; die übrigen dabei nicht berücksichtigten Teil¬ nehmer fühlten sich als „Geographen zweiter und dritter Ordnung," und dies erregte hie und da Unzufriedenheit. Daß diese kleinen Unebenheiten bald nach Möglichkeit ausgeglichen wurden, ein lebhafterer Verkehr eintrat und alle Teil¬ nehmer wohl mit angenehmen Erinnerungen von Halle geschieden sein werden, ist ein Verdienst des Hallischen Vereins für Erdkunde, insbesondre seines un¬ ermüdlichen, nach allen Seiten hin freundlichen und gefälligen Vorsitzenden, des Professor Kirchhofs, dem deshalb auch allgemein der wohlverdiente Dank ge¬ zollt wurde. Laienbriefe von der Internationalen Kunstausstellung. 2. as die österreichischen Beschicker der Ausstellung vermissen lassen, finden wir reichlich bei den Deutschem offenes Ange für die Welt und geistvolle Wahl des Stoffs. Die Sittenbilder der berühmten Meister und ihrer weniger bekannten Nachfolger machen in Wien denselben erquickenden Eindruck wie vor vier Jahren in Paris. Aber beherrscht wird der deutsche Saal vou Leubachs Vismarck. Das Por- Grenzboten II. 18W, 76

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89806/601>, abgerufen am 02.05.2024.