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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Grafen von Altenschwerdt.
Roman von August Nie manu (Gotha). (Fortsetzung.)

er Baron sah seinen neuen Bekannten näher an, richtete sich
höher auf und sagte mit zufriedenen Tone: Es ist eine
Freude, solch eine Äußerung zu vernehmen, mein Herr. Sie
haben ganz Recht. Es ist eine böse Zeit. Verfassung und altes
Herkommen sind nicht mehr lebendig in den Gemütern, darum
gelingt es den Revolutionären, die besten Bollwerke des Staates so nach und
nach gemächlich abzutragen. Diejenigen aber, welche seine Schützer sein sollten,
gehen womöglich in der Zerstörung voran und bilden sich ein, Ehre dadurch
zu erlangen, während sie doch ihre Ehre in sich selber haben müßten. Doch
genug davon, es ist nicht erfreulich, davon zu reden. Sie haben gedient, wie
mir scheint. Andre Haltung als das Zivil, andrer Gaug, andre Schultern. Habe
ich Recht?

Ich habe den Krieg gegen Frankreich mitgemacht, sagte Eberhardt.

Ah, ah! sagte der Baron. Das sah ich gleich. Bei welcher Waffe? In¬
fanterie? Kavallerie?

Ich trat als Freiwilliger beim sechsten Dragonerregiment ein und brachte
es bis zum Leutnant der Reserve.

Ah, ah! rief der Baron, dessen Gesicht immer Heller wurde, freut mich
sehr, das zu hören.

Damit vertiefte er sich mit Eberhardt in ein Gespräch über die großen
Ereignisse der letzten Zeit, welches er, an den Rückweg denkend, mit den Worten
schloß: Sie müssen uns noch erzählen, meiner Tochter und mir, von Ihren
Kriegserlebnissen. Wir leben hier recht einsam, kennen nur wenig Leute, es
haben sich zu viel Parvenus in der Gegend angesiedelt, die den anständigen
Leuten den Grundbesitz abschwindeln. Wollen Sie uns heute Abend in unsrer
Einsiedelei besuchen? Ich werde Ihnen einen Wagen schicken.




Die Grafen von Altenschwerdt.
Roman von August Nie manu (Gotha). (Fortsetzung.)

er Baron sah seinen neuen Bekannten näher an, richtete sich
höher auf und sagte mit zufriedenen Tone: Es ist eine
Freude, solch eine Äußerung zu vernehmen, mein Herr. Sie
haben ganz Recht. Es ist eine böse Zeit. Verfassung und altes
Herkommen sind nicht mehr lebendig in den Gemütern, darum
gelingt es den Revolutionären, die besten Bollwerke des Staates so nach und
nach gemächlich abzutragen. Diejenigen aber, welche seine Schützer sein sollten,
gehen womöglich in der Zerstörung voran und bilden sich ein, Ehre dadurch
zu erlangen, während sie doch ihre Ehre in sich selber haben müßten. Doch
genug davon, es ist nicht erfreulich, davon zu reden. Sie haben gedient, wie
mir scheint. Andre Haltung als das Zivil, andrer Gaug, andre Schultern. Habe
ich Recht?

Ich habe den Krieg gegen Frankreich mitgemacht, sagte Eberhardt.

Ah, ah! sagte der Baron. Das sah ich gleich. Bei welcher Waffe? In¬
fanterie? Kavallerie?

Ich trat als Freiwilliger beim sechsten Dragonerregiment ein und brachte
es bis zum Leutnant der Reserve.

Ah, ah! rief der Baron, dessen Gesicht immer Heller wurde, freut mich
sehr, das zu hören.

Damit vertiefte er sich mit Eberhardt in ein Gespräch über die großen
Ereignisse der letzten Zeit, welches er, an den Rückweg denkend, mit den Worten
schloß: Sie müssen uns noch erzählen, meiner Tochter und mir, von Ihren
Kriegserlebnissen. Wir leben hier recht einsam, kennen nur wenig Leute, es
haben sich zu viel Parvenus in der Gegend angesiedelt, die den anständigen
Leuten den Grundbesitz abschwindeln. Wollen Sie uns heute Abend in unsrer
Einsiedelei besuchen? Ich werde Ihnen einen Wagen schicken.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/159>, abgerufen am 06.05.2024.