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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Notiz.
Den Scelenverbrechen
Verrucht und verhaßt ist den ewigen Göttern,
Nicht Reue versöhnt ihn, der Himmlischen Haß.
Es strafte Apoll,
Es strafte Diana
Der Niobe Hochmut.
Es sanken in Reihe die blühenden Kinder,
Von Göttergeschossen getroffen, dahin.
Nicht eines verblieb,
Es folgte der Tochter
Der stattliche Sohn.
Zögernd erreicht den Greis der ersehnte,
Von allen den letzten hilflos, der Tod.




Notiz.

Schülerwerkstättcn. An den Straßenecken Leipzigs und an den Schau¬
fenstern seiner Buchhandlungen war in den letzte" Wochen, folgender Aufruf zu lesen,
der gleichzeitig auch in Hunderten von Exemplaren in den Leipziger Schulen an die
Schulknnbcn verteilt wurde:

An Leipzigs Schüler!

Paßt auf, was hier gesagt wird; es geht jeden richtigen Jungen an.

Jeder von euch, der einmal ein ganzer Mann werden will, schaut nicht nnr
gern dem fleißigen Handwerker auf die Finger, sondern mochte selbst mit Hammer
und Zange, mit Hobel und Säge, mit Feile und LötlMben, mit dem Mvdcllir-
holz und dem Schnitzmesser brilliren. Dazu findet ihr nun gute Gelegenheit in
der Schülerwerkstatt.

Nicht zu Handwerkern sollt ihr hier vorgebildet werden, denn dazu würden
die kurzen Mußestunden nicht hinreiche", sondern geschickter sollt ihr werden und
anstelliger, als ihr zumeist seid. Wieviele von euch können einen Nagel gerade in
die Wand schlagen, ohne sich dabei auf die Finger zu klopfen? wieviele können
einen Drachen bauen, der Gleichgewicht hat und hoch in der Luft steht? wieviele
können sich, wenn am Schlittschuh das Eisen locker geworden ist, selbst helfen und
müssen nicht zum Zeugschmied laufen? Ja die meisten können nicht einmal einen
Bleistift ordentlich spitzen oder ein Buch richtig einschlagen.

Da laßt ihr euch zu Weihnachten einen Werkzeugkasten schenken und stellt ihn
nach ein Paar verunglückten Versuchen in die Ecke zum Verrosten und Verstaube".
Oder ihr probiert es mit Laubsägearbeiten. Da werden ein Paar Dutzend Säge¬
blätter zerbrochen, und dann, wenn das geschmacklose Muster herausgequält ist aus
dem Cigarrenkistendeckel, dann schafft ihr die zerbrochenen Stücke zum Tischler, daß
er sie wieder keine und das wichtigste an der ganzen Arbeit thue: das Zusammen¬
setzen. Das verschenkt ihr nachher als euer Werk!

Es ist nicht anders, ihr Knaben; die meisten von euch können ihre Hände
nicht ordentlich brauchen. Statt sich zu tummeln und anch einmal zuzugreifen,
hocken sie zu Haus und peitschen ein Buch uach dem ander" durch. Gilt es aber
einmal, Hand anzulegen, so wissen sie sich nicht aus drei Bäumen hcrnnszufinden.


Notiz.
Den Scelenverbrechen
Verrucht und verhaßt ist den ewigen Göttern,
Nicht Reue versöhnt ihn, der Himmlischen Haß.
Es strafte Apoll,
Es strafte Diana
Der Niobe Hochmut.
Es sanken in Reihe die blühenden Kinder,
Von Göttergeschossen getroffen, dahin.
Nicht eines verblieb,
Es folgte der Tochter
Der stattliche Sohn.
Zögernd erreicht den Greis der ersehnte,
Von allen den letzten hilflos, der Tod.




Notiz.

Schülerwerkstättcn. An den Straßenecken Leipzigs und an den Schau¬
fenstern seiner Buchhandlungen war in den letzte« Wochen, folgender Aufruf zu lesen,
der gleichzeitig auch in Hunderten von Exemplaren in den Leipziger Schulen an die
Schulknnbcn verteilt wurde:

An Leipzigs Schüler!

Paßt auf, was hier gesagt wird; es geht jeden richtigen Jungen an.

Jeder von euch, der einmal ein ganzer Mann werden will, schaut nicht nnr
gern dem fleißigen Handwerker auf die Finger, sondern mochte selbst mit Hammer
und Zange, mit Hobel und Säge, mit Feile und LötlMben, mit dem Mvdcllir-
holz und dem Schnitzmesser brilliren. Dazu findet ihr nun gute Gelegenheit in
der Schülerwerkstatt.

Nicht zu Handwerkern sollt ihr hier vorgebildet werden, denn dazu würden
die kurzen Mußestunden nicht hinreiche», sondern geschickter sollt ihr werden und
anstelliger, als ihr zumeist seid. Wieviele von euch können einen Nagel gerade in
die Wand schlagen, ohne sich dabei auf die Finger zu klopfen? wieviele können
einen Drachen bauen, der Gleichgewicht hat und hoch in der Luft steht? wieviele
können sich, wenn am Schlittschuh das Eisen locker geworden ist, selbst helfen und
müssen nicht zum Zeugschmied laufen? Ja die meisten können nicht einmal einen
Bleistift ordentlich spitzen oder ein Buch richtig einschlagen.

Da laßt ihr euch zu Weihnachten einen Werkzeugkasten schenken und stellt ihn
nach ein Paar verunglückten Versuchen in die Ecke zum Verrosten und Verstaube».
Oder ihr probiert es mit Laubsägearbeiten. Da werden ein Paar Dutzend Säge¬
blätter zerbrochen, und dann, wenn das geschmacklose Muster herausgequält ist aus
dem Cigarrenkistendeckel, dann schafft ihr die zerbrochenen Stücke zum Tischler, daß
er sie wieder keine und das wichtigste an der ganzen Arbeit thue: das Zusammen¬
setzen. Das verschenkt ihr nachher als euer Werk!

Es ist nicht anders, ihr Knaben; die meisten von euch können ihre Hände
nicht ordentlich brauchen. Statt sich zu tummeln und anch einmal zuzugreifen,
hocken sie zu Haus und peitschen ein Buch uach dem ander» durch. Gilt es aber
einmal, Hand anzulegen, so wissen sie sich nicht aus drei Bäumen hcrnnszufinden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/336>, abgerufen am 03.05.2024.