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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen.
(Fortsetzung.)

l> osef hatte, angezogen von dem Lärm, welchen die Gaukler beim
' Einschlagen der Nägel machten, seine Nase in den Hof gesteckt und
las die lange Litanei von Anfang bis zu Ende.
Hin! sagte er zu Paul; dieser Carajo but garnicht so unrecht,
sich seiner Fechterkuust zu rühmen, sofern der Gaukler, der den
Namen änderte, die ganze Geschicklichkeit jenes Freibeuters Mou-
dejo geerbt hat. Indessen fühle ich mich immer Manns genug, ihm ohne
Furcht die Stirn zu bieten.

Eilte Gruppe von jungen Herren stand in der Nähe und sah der Arbeit
der Gaukler zu, um durch dies Schauspiel eine müßige Stunde auszufüllen.
Unter andern war anch der junge Graf von Valgrande anwesend, welcher,
nachdem er die pompöse Lobeserhebung des großen Meisters Carajo gelesen
hatte, ironisch lachend sagte: Das ist ja ein gewaltiger Degenrassler. Ich habe
beinahe Lust, den Prahlhans abzuführen, wenn es überhaupt der Mühe
verlohnt.

Carajo, zu stolz, um selbst mitzuarbeiten, hatte sich mit dem Zusehen be¬
gnügt und lag nicht weit davon ans einem Strohhaufen ausgestreckt. Er
hörte die Worte des Stutzers, trat auf ihn zu und begrüßte ihn unterwürfig.

Mein Herr, sagte er, ich bin es, der sich Carajo nennt, und stehe jeder¬
zeit Euer Gnaden zu Befehl, so oft Sie es verlangen.

Die jungen Herren sahen einander an. Sie hatten nichts zu thun, und
hier bot sich ihnen eine Gelegenheit, noch eine Stunde totzuschlagen.

Schön! erwiederte Valgrande. Ihr habt Masken und Florette?

Alles, was erforderlich ist.

Also los! Eine kleine Fechtttbung wird mir Appetit zum Mittagessen
machen.

Bei den ersten Ausfällen merkte Valgrande, daß sein Gegner in der That
ein Meister in der Kunst war, und er mußte seine ganze Aufmerksamkeit zu¬
sammennehmen. In demselben Augenblicke stand Paul in Josefs Zimmer und




Die Gngel auf Erden.
Roman von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen.
(Fortsetzung.)

l> osef hatte, angezogen von dem Lärm, welchen die Gaukler beim
' Einschlagen der Nägel machten, seine Nase in den Hof gesteckt und
las die lange Litanei von Anfang bis zu Ende.
Hin! sagte er zu Paul; dieser Carajo but garnicht so unrecht,
sich seiner Fechterkuust zu rühmen, sofern der Gaukler, der den
Namen änderte, die ganze Geschicklichkeit jenes Freibeuters Mou-
dejo geerbt hat. Indessen fühle ich mich immer Manns genug, ihm ohne
Furcht die Stirn zu bieten.

Eilte Gruppe von jungen Herren stand in der Nähe und sah der Arbeit
der Gaukler zu, um durch dies Schauspiel eine müßige Stunde auszufüllen.
Unter andern war anch der junge Graf von Valgrande anwesend, welcher,
nachdem er die pompöse Lobeserhebung des großen Meisters Carajo gelesen
hatte, ironisch lachend sagte: Das ist ja ein gewaltiger Degenrassler. Ich habe
beinahe Lust, den Prahlhans abzuführen, wenn es überhaupt der Mühe
verlohnt.

Carajo, zu stolz, um selbst mitzuarbeiten, hatte sich mit dem Zusehen be¬
gnügt und lag nicht weit davon ans einem Strohhaufen ausgestreckt. Er
hörte die Worte des Stutzers, trat auf ihn zu und begrüßte ihn unterwürfig.

Mein Herr, sagte er, ich bin es, der sich Carajo nennt, und stehe jeder¬
zeit Euer Gnaden zu Befehl, so oft Sie es verlangen.

Die jungen Herren sahen einander an. Sie hatten nichts zu thun, und
hier bot sich ihnen eine Gelegenheit, noch eine Stunde totzuschlagen.

Schön! erwiederte Valgrande. Ihr habt Masken und Florette?

Alles, was erforderlich ist.

Also los! Eine kleine Fechtttbung wird mir Appetit zum Mittagessen
machen.

Bei den ersten Ausfällen merkte Valgrande, daß sein Gegner in der That
ein Meister in der Kunst war, und er mußte seine ganze Aufmerksamkeit zu¬
sammennehmen. In demselben Augenblicke stand Paul in Josefs Zimmer und


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[0436] [Abbildung] Die Gngel auf Erden. Roman von Viktor Bersezio. Aus dem Italienischen. (Fortsetzung.) l> osef hatte, angezogen von dem Lärm, welchen die Gaukler beim ' Einschlagen der Nägel machten, seine Nase in den Hof gesteckt und las die lange Litanei von Anfang bis zu Ende. Hin! sagte er zu Paul; dieser Carajo but garnicht so unrecht, sich seiner Fechterkuust zu rühmen, sofern der Gaukler, der den Namen änderte, die ganze Geschicklichkeit jenes Freibeuters Mou- dejo geerbt hat. Indessen fühle ich mich immer Manns genug, ihm ohne Furcht die Stirn zu bieten. Eilte Gruppe von jungen Herren stand in der Nähe und sah der Arbeit der Gaukler zu, um durch dies Schauspiel eine müßige Stunde auszufüllen. Unter andern war anch der junge Graf von Valgrande anwesend, welcher, nachdem er die pompöse Lobeserhebung des großen Meisters Carajo gelesen hatte, ironisch lachend sagte: Das ist ja ein gewaltiger Degenrassler. Ich habe beinahe Lust, den Prahlhans abzuführen, wenn es überhaupt der Mühe verlohnt. Carajo, zu stolz, um selbst mitzuarbeiten, hatte sich mit dem Zusehen be¬ gnügt und lag nicht weit davon ans einem Strohhaufen ausgestreckt. Er hörte die Worte des Stutzers, trat auf ihn zu und begrüßte ihn unterwürfig. Mein Herr, sagte er, ich bin es, der sich Carajo nennt, und stehe jeder¬ zeit Euer Gnaden zu Befehl, so oft Sie es verlangen. Die jungen Herren sahen einander an. Sie hatten nichts zu thun, und hier bot sich ihnen eine Gelegenheit, noch eine Stunde totzuschlagen. Schön! erwiederte Valgrande. Ihr habt Masken und Florette? Alles, was erforderlich ist. Also los! Eine kleine Fechtttbung wird mir Appetit zum Mittagessen machen. Bei den ersten Ausfällen merkte Valgrande, daß sein Gegner in der That ein Meister in der Kunst war, und er mußte seine ganze Aufmerksamkeit zu¬ sammennehmen. In demselben Augenblicke stand Paul in Josefs Zimmer und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/436>, abgerufen am 02.05.2024.