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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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pfisters Mühle.
Li Wilhelm Raabe. n Sommerferienheft von
(Fortsetzung.)

>ann meinte Doktor A. A. Asche:
El" Mensch, der die feste Absicht hat, selber einen sprudelnden
Quell, einen Krystallbach, einen majestätischen Fluß, kurz, irgend¬
einen Wasserlauf im idyllischen grünen deutschen Reich so infam
als möglich zu verunreinigen, kann nicht mehr sagen, als daß er
sein Herzblut hingeben würde, um dem guten alten Manne dort seinen Mühl¬
bach rein zu erhalten. Ich bin, wie du weißt und nicht weißt, seit ich dir im
Hinterstübchen von Pfisters Mühle die Anfangsgründe nicht nur des Lateinischen,
sondern auch der Menschenkenntnis beibrachte, unter den Menschen viel und an
vielen Orten gewesen; aber einen zweiten seinesgleichen habe ich nicht unter
unsersgleichen gefunden. Da ist kein Wunsch, den ich dem nicht zum heiligen
Christ erfüllen möchte, aber leider Gottes werde ich ihm nur in Einem zu Willen
sein können. Erfahren soll er, wer ihm seinen Bach trübt. Wissenschaftlich soll
ers haben bis zur letzten Batterie! Schriftlich soll ers haben -- zu Gericht
soll er damit gehen können! Ich werde ihm sein Wasser beschauen, und kein
andrer Doktor wird ihm die Diagnose so sicher stellen, wie sein alter verlungerter
Schützling und Günstling Adam Asche.

Du bist doch ein guter Mensch, Asche! rief ich.

Das bin ich garnicht, schnarrte mir der chemische Vagabund und Aben¬
teurer zu. Komm nach Hause, junger Mensch! Wende du deine Windeln
auf dem Zaune um, das heißt, setze dich an deine Bücher. Mich verlangts
jetzt dringlich zu der Wäsche zurück, die mir, wie du vorhin bemerken konntest,
auf der Leine hängt. Ich habe viel zu thun die nächsten Wochen hindurch,
und du auch einiges; also beschränke deine Erkundigungen nach meinem Ergehen
auf das geringste Maß der Höflichkeit. Am liebsten ist mirs, du kommst am




pfisters Mühle.
Li Wilhelm Raabe. n Sommerferienheft von
(Fortsetzung.)

>ann meinte Doktor A. A. Asche:
El» Mensch, der die feste Absicht hat, selber einen sprudelnden
Quell, einen Krystallbach, einen majestätischen Fluß, kurz, irgend¬
einen Wasserlauf im idyllischen grünen deutschen Reich so infam
als möglich zu verunreinigen, kann nicht mehr sagen, als daß er
sein Herzblut hingeben würde, um dem guten alten Manne dort seinen Mühl¬
bach rein zu erhalten. Ich bin, wie du weißt und nicht weißt, seit ich dir im
Hinterstübchen von Pfisters Mühle die Anfangsgründe nicht nur des Lateinischen,
sondern auch der Menschenkenntnis beibrachte, unter den Menschen viel und an
vielen Orten gewesen; aber einen zweiten seinesgleichen habe ich nicht unter
unsersgleichen gefunden. Da ist kein Wunsch, den ich dem nicht zum heiligen
Christ erfüllen möchte, aber leider Gottes werde ich ihm nur in Einem zu Willen
sein können. Erfahren soll er, wer ihm seinen Bach trübt. Wissenschaftlich soll
ers haben bis zur letzten Batterie! Schriftlich soll ers haben — zu Gericht
soll er damit gehen können! Ich werde ihm sein Wasser beschauen, und kein
andrer Doktor wird ihm die Diagnose so sicher stellen, wie sein alter verlungerter
Schützling und Günstling Adam Asche.

Du bist doch ein guter Mensch, Asche! rief ich.

Das bin ich garnicht, schnarrte mir der chemische Vagabund und Aben¬
teurer zu. Komm nach Hause, junger Mensch! Wende du deine Windeln
auf dem Zaune um, das heißt, setze dich an deine Bücher. Mich verlangts
jetzt dringlich zu der Wäsche zurück, die mir, wie du vorhin bemerken konntest,
auf der Leine hängt. Ich habe viel zu thun die nächsten Wochen hindurch,
und du auch einiges; also beschränke deine Erkundigungen nach meinem Ergehen
auf das geringste Maß der Höflichkeit. Am liebsten ist mirs, du kommst am


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[0246] [Abbildung] pfisters Mühle. Li Wilhelm Raabe. n Sommerferienheft von (Fortsetzung.) >ann meinte Doktor A. A. Asche: El» Mensch, der die feste Absicht hat, selber einen sprudelnden Quell, einen Krystallbach, einen majestätischen Fluß, kurz, irgend¬ einen Wasserlauf im idyllischen grünen deutschen Reich so infam als möglich zu verunreinigen, kann nicht mehr sagen, als daß er sein Herzblut hingeben würde, um dem guten alten Manne dort seinen Mühl¬ bach rein zu erhalten. Ich bin, wie du weißt und nicht weißt, seit ich dir im Hinterstübchen von Pfisters Mühle die Anfangsgründe nicht nur des Lateinischen, sondern auch der Menschenkenntnis beibrachte, unter den Menschen viel und an vielen Orten gewesen; aber einen zweiten seinesgleichen habe ich nicht unter unsersgleichen gefunden. Da ist kein Wunsch, den ich dem nicht zum heiligen Christ erfüllen möchte, aber leider Gottes werde ich ihm nur in Einem zu Willen sein können. Erfahren soll er, wer ihm seinen Bach trübt. Wissenschaftlich soll ers haben bis zur letzten Batterie! Schriftlich soll ers haben — zu Gericht soll er damit gehen können! Ich werde ihm sein Wasser beschauen, und kein andrer Doktor wird ihm die Diagnose so sicher stellen, wie sein alter verlungerter Schützling und Günstling Adam Asche. Du bist doch ein guter Mensch, Asche! rief ich. Das bin ich garnicht, schnarrte mir der chemische Vagabund und Aben¬ teurer zu. Komm nach Hause, junger Mensch! Wende du deine Windeln auf dem Zaune um, das heißt, setze dich an deine Bücher. Mich verlangts jetzt dringlich zu der Wäsche zurück, die mir, wie du vorhin bemerken konntest, auf der Leine hängt. Ich habe viel zu thun die nächsten Wochen hindurch, und du auch einiges; also beschränke deine Erkundigungen nach meinem Ergehen auf das geringste Maß der Höflichkeit. Am liebsten ist mirs, du kommst am

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/246>, abgerufen am 07.05.2024.