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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Zweites Quartal.

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Line neue Heilsbotschaft.

erhciltung derselben mit Opfern, vielleicht im Notfalle sogar mit den Waffen,
als Hingabe der Verbindung, in der allein beide Länder ihre geachtete Stellung
in der Welt und ihr Gedeihen hinreichend gesichert sehen.




Eine neue Heilsbotschaft.

achten unserm Zeitalter zur Heilung seiner Schmerzen und Ge¬
brechen von gewissen Seiten her schon das Nirwana des Buddhis¬
mus empfohlen worden ist, tritt jetzt in der Person des Würz¬
burger Professors der Medizin Dr. Alois Geigel ein Streiter
für die Asen unsrer Altvordern auf, der sein gutes Schwert
auffordert zuzustoßen für Wodan, Donar und Saxnot.*) Man merkt es an
mehreren Stellen seines Büchleins, daß er, wohl äußerlich der römischen Kirche
zugehöreud und die römische Lehre mit der apostolischen verwechselnd, die Asen
und den "aus den Asen erstandenen" Altvater samt Balder und Freya gegen
Roms Wahnansprüche, die Welt zu beherrschen, gegen Roms eitles Vorgeben,
das Menschenherz zu beglücken und zum Frieden zu bringen, ins Feld führt;
auf den letzten Blättern aber spricht er es noch einmal deutlich aus, gegen wen
er sein nordisches Schwert schwingt: gegen die wälschen "Kuttenträger und
Hungerleider," gegen die "geschorenen Knechte," die sich an Gottes Statt stellen.
So steht er, der Lehrer der Medizin, selbst da als ein wahrer "Einherier,"
den es "ahnend faßt," so oft Freyas goldner Stern auf ihn herniedcrblickt.
Und ein Eiuherier dürfte er bleiben in dieser schönen und doch so un¬
vollkommenen "Sinnenwelt Vallhöll," ein Einzelkämpfer, der schwerlich auf
dieser Männererde und in deutschen Landen große Scharen für seine Asenlehre
begeistern und in seiner Nachfolge sehen wird. Darum aber wollen wir nicht
ganz und gar absprechen über sein mannhaftes Auftreten gegen Jötunheims
Hrimthursen; behauptet er doch selbst zum Schlüsse nicht, daß er "die Wahrheit
errungen," sondern nur, "daß getreu und tapfer er nach ihr gerungen."

Es ist in der That ein wunderlich klingendes Büchlein, das Dr. Geigel
"über Wissen und Glauben" geschrieben hat und auf das wir hiermit die Auf¬
merksamkeit unsrer Leser lenken wollen. In eigentümlich poetisch angehauchten,
orakelhaftem Satzgefüge, das man hie und da wiederholt durchlesen muß, um



*) über Wissen und Glauben. Von or. Alois Geigel. Leipzig, F. C. W.
Vogel, 1384.
Line neue Heilsbotschaft.

erhciltung derselben mit Opfern, vielleicht im Notfalle sogar mit den Waffen,
als Hingabe der Verbindung, in der allein beide Länder ihre geachtete Stellung
in der Welt und ihr Gedeihen hinreichend gesichert sehen.




Eine neue Heilsbotschaft.

achten unserm Zeitalter zur Heilung seiner Schmerzen und Ge¬
brechen von gewissen Seiten her schon das Nirwana des Buddhis¬
mus empfohlen worden ist, tritt jetzt in der Person des Würz¬
burger Professors der Medizin Dr. Alois Geigel ein Streiter
für die Asen unsrer Altvordern auf, der sein gutes Schwert
auffordert zuzustoßen für Wodan, Donar und Saxnot.*) Man merkt es an
mehreren Stellen seines Büchleins, daß er, wohl äußerlich der römischen Kirche
zugehöreud und die römische Lehre mit der apostolischen verwechselnd, die Asen
und den „aus den Asen erstandenen" Altvater samt Balder und Freya gegen
Roms Wahnansprüche, die Welt zu beherrschen, gegen Roms eitles Vorgeben,
das Menschenherz zu beglücken und zum Frieden zu bringen, ins Feld führt;
auf den letzten Blättern aber spricht er es noch einmal deutlich aus, gegen wen
er sein nordisches Schwert schwingt: gegen die wälschen „Kuttenträger und
Hungerleider," gegen die „geschorenen Knechte," die sich an Gottes Statt stellen.
So steht er, der Lehrer der Medizin, selbst da als ein wahrer „Einherier,"
den es „ahnend faßt," so oft Freyas goldner Stern auf ihn herniedcrblickt.
Und ein Eiuherier dürfte er bleiben in dieser schönen und doch so un¬
vollkommenen „Sinnenwelt Vallhöll," ein Einzelkämpfer, der schwerlich auf
dieser Männererde und in deutschen Landen große Scharen für seine Asenlehre
begeistern und in seiner Nachfolge sehen wird. Darum aber wollen wir nicht
ganz und gar absprechen über sein mannhaftes Auftreten gegen Jötunheims
Hrimthursen; behauptet er doch selbst zum Schlüsse nicht, daß er „die Wahrheit
errungen," sondern nur, „daß getreu und tapfer er nach ihr gerungen."

Es ist in der That ein wunderlich klingendes Büchlein, das Dr. Geigel
„über Wissen und Glauben" geschrieben hat und auf das wir hiermit die Auf¬
merksamkeit unsrer Leser lenken wollen. In eigentümlich poetisch angehauchten,
orakelhaftem Satzgefüge, das man hie und da wiederholt durchlesen muß, um



*) über Wissen und Glauben. Von or. Alois Geigel. Leipzig, F. C. W.
Vogel, 1384.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158166/637>, abgerufen am 02.05.2024.