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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Michael Munkacsy.

mit ihm zusammenhängt, scheint uns deshalb doppelt verkehrt. Keller rühmt
sich, die Vereinsangelegenheiten der buchhändlerischen Spekulation entzogen zu
haben, und das war gewiß ein Verdienst. Aber ließe sich nicht ein Ausweg
finden, der, ohne den buchhändlerischen Geschäftsinteressen Raum zu geben, doch
die Publikationen des Vereins durch den Buchhandel jedermann zugänglich
machte? Das Vorbild dürfte in den von unsern Akademien ausgehenden Veröffent¬
lichungen zu suchen sein, bei denen ja auch die Leitung allein in den Händen der
gelehrten Körperschaften liegt, deren Vertrieb aber trotzdem der Buchhandel über¬
nommen hat. Dann würden die Schriften des Literarischen Vereins ihre Selten¬
heit verlieren und die Finanzen desselben eine wesentliche Aufbesserung erfahren,
welche wieder den Mitarbeitern zu Gute käme, die sich bis jetzt mit einer wahr¬
haft dürftigen Entschädigung für ihren Aufwand an Kraft und Zeit haben be¬
gnügen müssen. Einzelne Bände der Publikationen sind allerdings auf anti¬
quarischen Wege zu beschaffen; aber ganz abgesehen davon, daß eine nicht
unbeträchtliche Zahl gerade der wertvollsten Bände total vergriffen und ihr
Erwerb immer, vom Zufall abhängig ist, widerspricht nicht diese beschränkte Art
von Öffentlichkeit demi Zweck, der doch durch die Herausgabe eines unbekannten
oder selten gewordenen Werkes erreicht werden soll? Dieser kann und soll doch
logischer Weise nur die Zugänglichkeit für jedermann, die möglichst weite Ver¬
breitung sein.

Wir haben den Leistungen des Vereins die wärmste Anerkennung gezollt;
hoffen wir, daß auch unser Wunsch an maßgebender Stelle einer freundlichen
Erwägung nicht für unwürdig befunden werden möge.


H. A. Lier.


Michael Munkacsy.
von Adolf Rosenberg.

n der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 11. Februar
äußerte der Abgeordnete Reichensperger in seiner langen Oppo-
sitionsredc gegen die außerordentliche Forderung des Kultusetats
von zwei Millionen Mark für Knnstzwecke nach dem stenographischen
Berichte folgendes: "Ein Russe stellt soeben hier pu Berlins ein
gewaltiges Bild aus.. . (Zurufe: Ein Ungar!) Also es ist ein Ungar, es
kommt so ziemlich auf eins hinaus." Mit diesem "Russen, der auch ein Ungar
sein kann," meinte Herr Reichensperger den in Paris lebenden Ungarn Mnnkacsy,


Michael Munkacsy.

mit ihm zusammenhängt, scheint uns deshalb doppelt verkehrt. Keller rühmt
sich, die Vereinsangelegenheiten der buchhändlerischen Spekulation entzogen zu
haben, und das war gewiß ein Verdienst. Aber ließe sich nicht ein Ausweg
finden, der, ohne den buchhändlerischen Geschäftsinteressen Raum zu geben, doch
die Publikationen des Vereins durch den Buchhandel jedermann zugänglich
machte? Das Vorbild dürfte in den von unsern Akademien ausgehenden Veröffent¬
lichungen zu suchen sein, bei denen ja auch die Leitung allein in den Händen der
gelehrten Körperschaften liegt, deren Vertrieb aber trotzdem der Buchhandel über¬
nommen hat. Dann würden die Schriften des Literarischen Vereins ihre Selten¬
heit verlieren und die Finanzen desselben eine wesentliche Aufbesserung erfahren,
welche wieder den Mitarbeitern zu Gute käme, die sich bis jetzt mit einer wahr¬
haft dürftigen Entschädigung für ihren Aufwand an Kraft und Zeit haben be¬
gnügen müssen. Einzelne Bände der Publikationen sind allerdings auf anti¬
quarischen Wege zu beschaffen; aber ganz abgesehen davon, daß eine nicht
unbeträchtliche Zahl gerade der wertvollsten Bände total vergriffen und ihr
Erwerb immer, vom Zufall abhängig ist, widerspricht nicht diese beschränkte Art
von Öffentlichkeit demi Zweck, der doch durch die Herausgabe eines unbekannten
oder selten gewordenen Werkes erreicht werden soll? Dieser kann und soll doch
logischer Weise nur die Zugänglichkeit für jedermann, die möglichst weite Ver¬
breitung sein.

Wir haben den Leistungen des Vereins die wärmste Anerkennung gezollt;
hoffen wir, daß auch unser Wunsch an maßgebender Stelle einer freundlichen
Erwägung nicht für unwürdig befunden werden möge.


H. A. Lier.


Michael Munkacsy.
von Adolf Rosenberg.

n der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 11. Februar
äußerte der Abgeordnete Reichensperger in seiner langen Oppo-
sitionsredc gegen die außerordentliche Forderung des Kultusetats
von zwei Millionen Mark für Knnstzwecke nach dem stenographischen
Berichte folgendes: „Ein Russe stellt soeben hier pu Berlins ein
gewaltiges Bild aus.. . (Zurufe: Ein Ungar!) Also es ist ein Ungar, es
kommt so ziemlich auf eins hinaus." Mit diesem „Russen, der auch ein Ungar
sein kann," meinte Herr Reichensperger den in Paris lebenden Ungarn Mnnkacsy,


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[0573] Michael Munkacsy. mit ihm zusammenhängt, scheint uns deshalb doppelt verkehrt. Keller rühmt sich, die Vereinsangelegenheiten der buchhändlerischen Spekulation entzogen zu haben, und das war gewiß ein Verdienst. Aber ließe sich nicht ein Ausweg finden, der, ohne den buchhändlerischen Geschäftsinteressen Raum zu geben, doch die Publikationen des Vereins durch den Buchhandel jedermann zugänglich machte? Das Vorbild dürfte in den von unsern Akademien ausgehenden Veröffent¬ lichungen zu suchen sein, bei denen ja auch die Leitung allein in den Händen der gelehrten Körperschaften liegt, deren Vertrieb aber trotzdem der Buchhandel über¬ nommen hat. Dann würden die Schriften des Literarischen Vereins ihre Selten¬ heit verlieren und die Finanzen desselben eine wesentliche Aufbesserung erfahren, welche wieder den Mitarbeitern zu Gute käme, die sich bis jetzt mit einer wahr¬ haft dürftigen Entschädigung für ihren Aufwand an Kraft und Zeit haben be¬ gnügen müssen. Einzelne Bände der Publikationen sind allerdings auf anti¬ quarischen Wege zu beschaffen; aber ganz abgesehen davon, daß eine nicht unbeträchtliche Zahl gerade der wertvollsten Bände total vergriffen und ihr Erwerb immer, vom Zufall abhängig ist, widerspricht nicht diese beschränkte Art von Öffentlichkeit demi Zweck, der doch durch die Herausgabe eines unbekannten oder selten gewordenen Werkes erreicht werden soll? Dieser kann und soll doch logischer Weise nur die Zugänglichkeit für jedermann, die möglichst weite Ver¬ breitung sein. Wir haben den Leistungen des Vereins die wärmste Anerkennung gezollt; hoffen wir, daß auch unser Wunsch an maßgebender Stelle einer freundlichen Erwägung nicht für unwürdig befunden werden möge. H. A. Lier. Michael Munkacsy. von Adolf Rosenberg. n der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 11. Februar äußerte der Abgeordnete Reichensperger in seiner langen Oppo- sitionsredc gegen die außerordentliche Forderung des Kultusetats von zwei Millionen Mark für Knnstzwecke nach dem stenographischen Berichte folgendes: „Ein Russe stellt soeben hier pu Berlins ein gewaltiges Bild aus.. . (Zurufe: Ein Ungar!) Also es ist ein Ungar, es kommt so ziemlich auf eins hinaus." Mit diesem „Russen, der auch ein Ungar sein kann," meinte Herr Reichensperger den in Paris lebenden Ungarn Mnnkacsy,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/573>, abgerufen am 04.05.2024.