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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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er Novellist Hans Hopfen schickt einer neue" Erzählung eine
Widmung ein den Maler Franz Defregger voraus, welche in
glatten Oktaven abgefaßt "ut von einem Selbstgefühl erfüllt ist,
über dessen Berechtigung wir, mit den Werken des Dichters un¬
bekannt, kein Urteil haben. Allein er tritt in diesem Falle auch
weniger als Dichter denn als "Politiker," wie er sich selbst nennt, auf, und
in dieser Eigenschaft veranlaßt er uns zu einigen Bemerkungen. Hopfen macht
sich Sorgen um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Tiroler im be¬
sondern und der Dentschösterrcicher im allgemeinen. Das ist keinem Deutschen
, zu verübeln. Aber auch einem Dichter ist, wenn er sich in die Politik mischt,
anzurathen, daß er sich um die Dinge genau bekümmere, über welche er sprechen
null. Das hat uun Hopfen unterlassen, und die Folge ist, daß er der Sache,
für welche er gewiß in bester Meinung eintritt, durch die Art, wie er es thut,
einen sehr schlechten Dienst erweist.

Defreggers Bild der sogenannten Sentlinger Schlacht giebt dem Dichter
den Wunsch ein, alle Österreicher hätten damals bairisch werden sollen, dann
stünde jetzt alles besser; und darauf folgt eine Vision: die Eroberung Öster¬
reichs durch und für Deutschland.

Wenn ein Dichter aus Baiern durch die Erinnerung an den helden¬
mütigen Kampf herrischer Bauern gegen die österreichische Okkupationsarmee
im Jahre 1705 in patriotische Begeisterung versetzt wird, so ist das wohl ver¬
ständlich. Der deutsche Politiker aber sollte sich auch daran erinnern, daß das
Unheil über Baiern durch seinen Kurfürsten heraufbeschworen wurde, welcher im
Bündnis mit Ludwig XIV. stand. Weiter. Die bairischen Bauen, ließen sich


Grmzbowl I. 1884. 8


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er Novellist Hans Hopfen schickt einer neue» Erzählung eine
Widmung ein den Maler Franz Defregger voraus, welche in
glatten Oktaven abgefaßt »ut von einem Selbstgefühl erfüllt ist,
über dessen Berechtigung wir, mit den Werken des Dichters un¬
bekannt, kein Urteil haben. Allein er tritt in diesem Falle auch
weniger als Dichter denn als „Politiker," wie er sich selbst nennt, auf, und
in dieser Eigenschaft veranlaßt er uns zu einigen Bemerkungen. Hopfen macht
sich Sorgen um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Tiroler im be¬
sondern und der Dentschösterrcicher im allgemeinen. Das ist keinem Deutschen
, zu verübeln. Aber auch einem Dichter ist, wenn er sich in die Politik mischt,
anzurathen, daß er sich um die Dinge genau bekümmere, über welche er sprechen
null. Das hat uun Hopfen unterlassen, und die Folge ist, daß er der Sache,
für welche er gewiß in bester Meinung eintritt, durch die Art, wie er es thut,
einen sehr schlechten Dienst erweist.

Defreggers Bild der sogenannten Sentlinger Schlacht giebt dem Dichter
den Wunsch ein, alle Österreicher hätten damals bairisch werden sollen, dann
stünde jetzt alles besser; und darauf folgt eine Vision: die Eroberung Öster¬
reichs durch und für Deutschland.

Wenn ein Dichter aus Baiern durch die Erinnerung an den helden¬
mütigen Kampf herrischer Bauern gegen die österreichische Okkupationsarmee
im Jahre 1705 in patriotische Begeisterung versetzt wird, so ist das wohl ver¬
ständlich. Der deutsche Politiker aber sollte sich auch daran erinnern, daß das
Unheil über Baiern durch seinen Kurfürsten heraufbeschworen wurde, welcher im
Bündnis mit Ludwig XIV. stand. Weiter. Die bairischen Bauen, ließen sich


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[0067] [Abbildung] /^ustrlÄcÄe i'LL. er Novellist Hans Hopfen schickt einer neue» Erzählung eine Widmung ein den Maler Franz Defregger voraus, welche in glatten Oktaven abgefaßt »ut von einem Selbstgefühl erfüllt ist, über dessen Berechtigung wir, mit den Werken des Dichters un¬ bekannt, kein Urteil haben. Allein er tritt in diesem Falle auch weniger als Dichter denn als „Politiker," wie er sich selbst nennt, auf, und in dieser Eigenschaft veranlaßt er uns zu einigen Bemerkungen. Hopfen macht sich Sorgen um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Tiroler im be¬ sondern und der Dentschösterrcicher im allgemeinen. Das ist keinem Deutschen , zu verübeln. Aber auch einem Dichter ist, wenn er sich in die Politik mischt, anzurathen, daß er sich um die Dinge genau bekümmere, über welche er sprechen null. Das hat uun Hopfen unterlassen, und die Folge ist, daß er der Sache, für welche er gewiß in bester Meinung eintritt, durch die Art, wie er es thut, einen sehr schlechten Dienst erweist. Defreggers Bild der sogenannten Sentlinger Schlacht giebt dem Dichter den Wunsch ein, alle Österreicher hätten damals bairisch werden sollen, dann stünde jetzt alles besser; und darauf folgt eine Vision: die Eroberung Öster¬ reichs durch und für Deutschland. Wenn ein Dichter aus Baiern durch die Erinnerung an den helden¬ mütigen Kampf herrischer Bauern gegen die österreichische Okkupationsarmee im Jahre 1705 in patriotische Begeisterung versetzt wird, so ist das wohl ver¬ ständlich. Der deutsche Politiker aber sollte sich auch daran erinnern, daß das Unheil über Baiern durch seinen Kurfürsten heraufbeschworen wurde, welcher im Bündnis mit Ludwig XIV. stand. Weiter. Die bairischen Bauen, ließen sich Grmzbowl I. 1884. 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/67>, abgerufen am 04.05.2024.